Pandemie Spezial

Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Die Corona-Pandemie hält die Welt seit Monaten in Atem. Nach wie vor wird an verschiedenen Therapieoptionen, Impfstoffen und Eigenschaften von SARS-CoV-2 geforscht. Daraus ergeben sich täglich neue Publikationen.

Die wichtigsten Erkenntnisse und Mitteilungen über SARS-CoV-2 haben wir im Folgenden zusammengefasst.

Grafik: GEMINI – stock.adobe.com

Antikoagulanzien retten Leben

Immer wieder wurden in den letzten Monaten Blutgerinnsel als Todesursache von COVID-19-Patienten detektiert. Forscher um Girish N. Nadkarni aus New York haben nun untersucht, inwiefern sich bei mit Antikoagulanzien behandelten COVID-19-Patienten die Sterblichkeit, das Risiko beatmet werden zu müssen und das Risiko für Blutungen von einer Vergleichsgruppe ohne Gerinnungstherapie unterscheidet. Untersucht wurden dabei die sechs Antikoagulanzien Apixaban, Bivalirudin, Dabigatran, Enoxaparin, Rivaroxaban und unfraktioniertes Heparin. Innerhalb von 48 Stunden nach Krankenhausaufnahme erhielten 900 Patienten das Antikoagulans in therapeutischer, also höherer Dosierung, 1959 in prophylaktischer, also niedriger Dosierung. Zum Vergleich wurden 1530 Patienten keiner Blutgerinnungsbehandlung unterzogen. Dabei konnte festgestellt werden, dass sowohl in therapeutischer (Risikosenkung um 47%) als auch in prophylaktischer Dosierung (50%) das Mortalitätsrisiko der mit Gerinnungshemmern behandelten Patienten im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe gesenkt werden konnte. Auch mussten die Patienten seltener beatmet werden als ihre Vergleichsgruppe (31% bzw. 28% Risikosenkung ). Niedermolekulares Heparin und Apixaban kristallisierten sich, wenn auch nur mit sehr geringem Unterschied zu den übrigen getesteten Substanzen, als am wirksamsten heraus. Dieses Ergebnis muss jedoch in weiteren randomisierten Studien untermauert werden. Insgesamt erlitten etwa zwei Prozent aller Probanden schwere Blutungen [Nadkarni GN et al. Journal of the American College of Cardiology 2020. doi: 10.1016/j.jacc.2020.08.041].

Erste randomisierte Studie zu RAAS-Inhibitoren

Zu Beginn der Corona-Pandemie ist befürchtet worden, dass der Einsatz von ACE-Hemmern und Angiotensin-II-Rezeptor-Hemmern, die in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) eingreifen, mit schweren COVID-19-Verläufen verbunden sein könnte. Als Ursache wurde über eine therapieinduzierte gesteigerte Expression von ACE2, das SARS-CoV-2 als Eintrittspforte in die Zelle dient, spekuliert. Nun wurde erstmals in einer Studie, die im virtuellen ESC(European Society of Cardiology)-Kongress vorgestellt wurde, dieser Sachverhalt randomisiert untersucht. 659 Patienten aus Brasilien, die aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion in ein Krankenhaus eingeliefert und die bereits vor der Infektion mit RAAS-Inhibitoren therapiert worden waren, wurden in die Studie inkludiert. Per Zufall wurde ausgewählt, bei welchen Patienten die Therapie mit ACE-Hemmern und Sartanen im Krankenhaus abgesetzt oder fortgesetzt wurde. Nach 30 Tagen konnte weder ein signifikanter Unterschied in der Sterblichkeit noch in der Dauer des Krankenhausaufenthaltes zwischen den beiden Patientengruppen festgestellt werden. Auch im sekundären Endpunkt, der unter anderem die Wahrscheinlichkeit, beatmet werden zu müssen, umfasste, waren die Ergebnisse zwischen beiden Gruppen ähnlich.

Die Studie bestätigt daher die Ver­mutung aus anderen Studien, dass RAAS-Inhibitoren auch bei einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion weiter zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz eingesetzt werden sollten [Pressemitteilung der ESC 2020, 1. September 2020].

Gelenkiges Spike-Protein

Das neuartige Coronavirus trägt seinen Namen nicht unbegründet: Übersetzt bedeutet das lateinische Wort Corona „die Krone“. So trägt SARS-CoV-2 eine Krone aus Spike-Proteinen, die die Oberfläche des Virus übersähen. Mithilfe des Spike-Proteins dockt das Virus an den ACE2-Rezeptor der Wirtszelle an und wird anschließend von dieser aufgenommen. Beata Turonova und ihr Team aus Heidelberg haben sich das Spike-Protein noch einmal genauer mit einem Kryo-Elektronenmikroskop angeschaut. Dabei konnten sie feststellen, dass das Spike-Protein wesentlich beweglicher ist, als bisher angenommen. Sie konnten drei Gelenke an den Stielen der Spike-Proteine ausmachen, die dem Virus beim Andocken behilflich sein dürften. Ebenso konnten Sie sehen, dass die Spike-Proteine von etlichen Glykanen, das sind zuckerähnliche Moleküle, umlagert waren. Diese erschweren den Zellen des Immunsystems eine eindeutige Identifikation des Virus. Diese Erkenntnisse dürften bei der Impfstoffentwicklung hilfreich sein, um die Wirksamkeit der Vakzinen besser einschätzen zu können [Turonova B et al. Science 2020. doi: 10.1126/science.abd5223].

Studiendaten zum russischen Impfstoff veröffentlicht

Trotz fehlender Phase-III-Studien und internationaler Kritik wurde vor Kurzem Sputnik-V als erster Impfstoff gegen SARS-CoV-2 in Russland zugelassen. Nun wurden erstmals die Daten aus den nichtrandomisierten Phase-I/II-Studien in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht. Sputnik V besteht aus zwei rekombinanten humanen Adenovirus-Vektoren: Adenovirus Typ 26 (rAd26-S), der primär injiziert wird, und Adenovirus Typ 5 (rAd5-S), der bei der zweiten Injektion die Immunreaktion boostern soll. Beide Komponenten sollen nach der Injektion in der Wirtszelle die Bildung von SARS-CoV-2-spezifischen Spike-Proteinen indizieren, die als Zielobjekt des Immunsystems fungieren. Der russische Impfstoff wird in zwei Formulierungen produziert: Die gefrorene Form soll der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, dagegen ist die lyophilisierte Form lediglich den schwer zugänglichen Regionen in Russland vorbehalten. Insgesamt nahmen 76 freiwillige Probanden im Alter zwischen 18 und 60 Jahren an den Phase-I/II-Studien teil. In der Phase I wurde dabei jede Vektorkombinante einzeln an je neun Personen in jeweils einer Formulierung (gefroren oder lyophilisiert) getestet. Die Probanden wurden anschließend 28 Tage im Krankenhaus überwacht. Frühestens fünf Tage nach Start der Phase I wurde laut den Autoren mit der Phase-II-Studie begonnen: Je 20 Probanden erhielten an Tag 0 und 21 eine Injektion des vollständigen Zwei-Komponenten-Impfstoffs in jeweils gefrorener oder lyophilisierter Form. Untersucht werden sollten sowohl die humorale und zelluläre Immunantwort, als auch die Sicherheit der Vakzine. Mittels ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) konnte an Tag 42 bei der gefrorenen Variante des Impfstoffs ein spezifischer IgG-Antikörper-Titer gegen das SARS-CoV-2-Spike-Protein von 14.703, für die gefriergetrocknete Variante ein Antikörper-Titer von 11.143 gemessen werden. Alle Studienteilnehmer der Phase II hatten zudem neutralisierende Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet. Im Vergleich zu Rekonvaleszenten-Plasma konnte durch die Impfung ein höherer IgG-Spiegel, aber ähnliche Level an neutralisierenden Antikörpern gemessen werden. Insgesamt soll der Impfstoff in der 42-tägigen Beobachtungszeit gut verträglich gewesen sein. Als häufigste Nebenwirkungen wurden sowohl Schmerzen an der Injektionsstelle (58%), Hyperthermie (50%), Kopfschmerzen (42%), Kraftlosigkeit (28%), als auch Muskel—und Gelenkschmerzen (24%) genannt. Inzwischen ist die Phase-III-Studie, die mehr als sechs Monate andauern soll, mit insgesamt 40.000 Probanden verschiedener Alters­gruppen gestartet worden [Logunov DY et al. The Lancet 2020. doi: 10.1016/S0140-6736(20)31866-3]. |

 

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