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Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Welcher Impfstoff macht das Rennen? Welche Therapieoptionen kommen bei einer COVID-19-Erkrankung infrage? Und welche noch unbekannten Angriffspunkte bietet das Coronavirus? Auf der Suche nach Therapie-Optionen einer SARS-CoV-2-Infektion ergeben sich täglich neue Publikationen.
Grafik: GEMINI – stock.adobe.com

Die wichtigsten Erkenntnisse und Mitteilungen über SARS-CoV-2 haben wir im Folgenden zusammengefasst.

Weniger Hospitalisierungen unter Antikörper-Therapie

Der neutralisierende Antikörper LY-CoV555 gegen SARS-CoV-2, der von Lilly zusammen mit AbCellera auf Grundlage der gebildeten Antikörper eines genesenen COVID-19-Patienten entwickelt wurde, hat gute Ergebnisse in der doppelblinden Phase-II-Studie (BLAZE-1) gezeigt. Eingeschlossen in die Studie wurden symptoma­tische, leicht bis mittelschwer an ­COVID-19 erkrankte Probanden. Randomisiert wurden die Teilnehmer entweder der Placebo-Gruppe (150) zugeteilt oder einer der drei Verum-Gruppen (302), die LY-CoV555 in drei unterschiedlichen Dosierungen (700 mg, 2800 mg, 7000 mg) erhielten. Innerhalb von elf Tagen ist in allen Probandengruppen, auch in der Placebo-Gruppe, die Viruslast im Vergleich zum Anfangswert gesunken. Signifikant im Vergleich zu Placebo war diese Reduzierung allerdings nur in der Dosierung 2800 mg. Fünf Patienten der Verum-Gruppen (1,7%) mussten in ein Krankenhaus eingewiesen werden oder in der Notfallaufnahme behandelt werden. In der Vergleichsgruppe waren es sechs Prozent. Insgesamt wurde der Antikörper in allen getesteten Dosierungen gut vertragen [Pressemitteilung der Lillypharm, 16. September 2020].

Riskante Bars und Restaurants

Jeder sehnt sich nach Normalität und möchte auch in den Pandemiezeiten ein Stück weit am öffentlichen Leben teilnehmen. Doch welche Expositionen im Alltag können vermehrt zu einer SARS-CoV-2-Infektion führen? Diesen Aspekt haben amerikanische Forscher in einer kleinen Fall-Kontroll-Studie untersucht. Für die Untersuchung haben sie Personen ausgewählt, die alle symptomatisch waren und sich in einer von elf Gesundheitseinrichtungen auf SARS-CoV-2 testen ließen. In die Fall-Kohorte wurden dabei 154 positiv auf das neuartige Coronavirus getestete Personen einbezogen, die gegen 160 Personen mit negativem Testergebnis, unter anderem in den Faktoren Alter, Geschlecht und Wohnort, gematcht wurden. Mittels einem Fragebogen wurde das soziale Verhalten 14 Tage vor Auftreten der Symptome abgefragt: So wurden neben einer möglichen Exposition am Arbeitsplatz auch Besuche einer Kirche, von Restaurants, Cafés, Bars, Fitnessstudios und die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs erfragt. Neben der Häufigkeit (nie über einmal bis mehrmals am Tag bis immer) mussten die Teilnehmer auch angeben, ob die Maßnahmen Maske-Tragen und Social Distancing von den umgebenden Personen eingehalten wurden. 42 Prozent der Fallpatienten sagten aus, dass sie vor ihrer Erkrankung engen Kontakt mit einem COVID-19-Patienten (meist ein Familienmitglied) gehabt hatten, in der Kontrollgruppe waren es nur 14 Prozent. Die Kontrollgruppe gab doppelt so häufig an, in den zwei Wochen vor Erkrankungsbeginn in einem Restaurant gespeist zu haben als die Kontrollgruppe (adjustierte Odds Ratio [aOR] = 2,4; 95%-Konfidenzintervall = 1,5 bis 3,8). Dabei war es unerheblich, ob im Innenbereich, auf der Terrasse oder im Außenbereich geschlemmt wurde. Wurde die Analyse auf Personen ohne engen Kontakt mit einem COVID-19-Patienten beschränkt, lag bei einem Restaurantbesuch die adjustierte OR bei 2,8, bei einem Besuch eines Cafés oder einer Bar sogar bei 3,8. Knapp jeder fünfte Infizierte (19%) gab an, dass wenige bis keine der weiteren Restaurantbesucher eine Maske getragen hatten (Kontrollgruppe: 2,3%). Bei den Bars waren es sogar 31,8%, die das bestätigten (Kontrollgruppe: 25%). Die Studienautoren schließen daraus, dass insbesondere ein Besuch eines Restaurants oder einer Bar, die Wahrscheinlichkeit sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, erhöhen kann. Dies hängt auch damit zusammen, dass es sich in diesen Lokalitäten sehr schwierig gestaltet, permanent eine Maske zu tragen oder ausreichend Sicherheitsabstand zu gewährleisten [Fisher K A et al. Morbidity and Mortality Weekly Report 2020. doi:10.15585/mmwr.mm6936a5]

Brillenträger besser geschützt?

Brilletragen kann möglicherweise vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung von 276 Patientenfällen, die im Suizhou Zengdu Hospital, Suizhou, China aufgrund einer COVID-19-Erkrankung behandelt wurden. Etwa jeder zehnte Patient (10,9%) trug eine Brille. Bei den Symptomen, Anzahl der Grunderkrankungen und dem Schweregrad der COVID-19-Erkrankung unterschieden sich die Brillenträger nicht signifikant von den Nichtbrillenträgern. Verglich man allerdings die Prävalenz der COVID-19-Patienten, die aufgrund einer Kurzsichtigkeit (Myopie) die Brille mehr als acht Stunden am Tag trugen (5,8%), mit dem in einer früheren Studie ermittelten Prävalenzwert der Myopie in der gesamten Provinz Hubei (31,5%), so war diese deutlich niedriger. Die Forscher schließen daraus, dass Menschen, die länger als acht Stunden pro Tag eine Brille tragen, besser vor einer SARS-CoV-2-Infektion geschützt sind als die übrige Bevölkerung. Sie vermuten, dass Brillenträger wesentlich seltener die Augen mit ihren Händen berühren und somit eine Übertragung übers Auge oder über den Tränenkanal und der anschließende Transport der Viren in die Nasenschleimhaut unwahrscheinlicher wird. Über einen möglichen protektiven Effekt von Kontaktlinsen können laut den Studienautoren keine Aussage getätigt werden, da sich in der Probandengruppe keine Kontaktlinsenträger befunden haben. Hier müssen weitere Studien durchgeführt werden [Zeng W et al. JAMA Ophthalmology 2020. doi: 10.1001/jamaophthalmol.2020.3906].

Schmerzfreie Impfung

Nicht wenige Menschen haben Angst vor dem Piks, der bei den meisten Impfungen jedoch unumgänglich ist. Auf der Suche nach einem geeigneten Impfstoff gegen SARS-CoV-2 verfolgt bisher jedoch nur die Forschergruppe um den Virologen Cornel Fraefel von der Universität Zürich das Prinzip der Schluckimpfung. Inhalt der Vakzine sind die Sporen von gentechnisch veränderten Bakterien der Spezies Bacillus subtilis, die in ihrer DNA die genetische Information für das Hüllprotein des neuartigen Coronavirus tragen. Eine weitere genetische Modifikation soll verhindern, dass die Sporen bei unbeabsichtigter Freisetzung in die Natur vermehrungsfähig bleiben. Ein großer Vorteil der Sporen dürfte sein, dass sie hitzestabil und durch ihre Resistenz gegen etliche Umwelteinflüsse auch lange haltbar und gut transportierbar sind. Diese Eigenschaften dürften insbesondere bei einer Belieferung in einige abgelegene Regionen von Entwicklungsländern nach einer möglichen Zulassung hilfreich sein. Nach dem Schlucken passieren die Sporen den Magen und bilden anschließend im Dünndarm wieder teilbare Zellen. Diese legen sich als bakterieller Film auf die Schleimhaut. Die erzeugten Virusproteine von SARS-CoV-2 stellen Antigene dar, die infolge die Bildung von Antikörpern und T-Gedächtnis­helferzellen aktivieren sollen. Dieses Prinzip hat laut Cornel Fraefel schon in der Vergangenheit bereits bei einer Schluckimpfung gegen den Hundebandwurm im Veterinärbereich funktioniert. Das Impfstoff-Projekt wird von den schweizerischen Nationalfonds mit einer halben Million Franken unterstützt [Pressemitteilung der Universität Zürich, 19. August 2020].

Zwei neue Tests für schnelle Ergebnisse

Der Nachweis von SARS-CoV-2-RNA mittels der Reversen-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) ist aufwendig und dauert in der Regel auch mehrere Stunden, bevor er verlässlich ausgewertet werden kann. In dieser Zeit können mögliche Infizierte weitere Personen mit dem Virus anstecken. Zwei neue Testmethoden versprechen jetzt verkürzte Testzeiten. Der erste Test (CovidNudge test), der von Forschern des Imperial College London entwickelt wurde, soll innerhalb von 90 Minuten ein Ergebnis präsentieren. Bei diesem Testverfahren wird das Abstrichmaterial in eine sogenannte Nudgebox gesteckt, und anschließend die virale RNA extrahiert, das Zielgen amplifiziert und eine Farbreaktion ausgelöst. Für den Test konnte eine Sensitivität von 94% und eine Spezifität von 100% ermittelt werden. Dies alles kann vor Ort geschehen, es ist kein spezielles Labor notwendig. Bei dem zweiten Test handelt es sich um ein CRISPR (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats)-Verfahren, das innerhalb von 30 Minuten ein Ergebnis zeigen soll. Hier entfällt die aufwendige RNA-Aufbereitung, stattdessen wird sie mittels magnetischer Perlen konzentriert gesammelt und anschließend mittels eines CRISPR-Enzyms geschnitten. Spezifische RNA-Segmente können dann mithilfe von Fluoreszenz-Licht nachgewiesen werden. Hier konnte in Vorversuchen eine Spezifität von 98,5% und eine Sensitivität von 93% ermittelt werden [Gibani MM et al. The Lancet Microbe 2020, doi:10.1016/S2666-5247(20)30121-X und Joung J et al. The NEJM 2020. doi 10.1056/NEJMc2026172]. |

 

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