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Beratung

„Einmal Ibu vegan, bitte!“

Beratungswissen für eine gut informierte Kundengruppe

Vegan zu leben ist heute viel einfacher als noch vor einigen Jahren. Denn mittlerweile werden zahlreiche verarbeitete Lebensmittel, Körperpflege- und Reinigungsprodukte und sogar Kleidungsstücke, die frei von tierischen Produkten sind, von den Herstellern mit Vegan-Labeln oder anderen Hinweisen gekennzeichnet. Ob ein Arzneimittel allerdings vegan ist, lässt sich nur selten auf den ersten Blick feststellen. Was sollte das Apothekenteam wissen, um Kunden, die alles Tierische meiden wollen, kompetent beraten zu können? | Von Claudia Bruhn

Vegane Ernährung bedeutet nicht nur Verzicht auf Fleisch und Fisch, sondern auf alle tierischen Produkte: auf Milch von Tieren und Erzeugnisse daraus, auf Eier, Honig und Kaviar. Wer konsequent vegan lebt, lehnt außerdem Erzeugnisse aus Tierfell und -häuten, aus Federn, Seide und Wolle ab. Demzufolge akzeptieren Veganer auch keine Arzneimittel sowie Medizinprodukte und Nahrungsergänzungsmittel mit Bestandteilen tierischer Herkunft. Bei Wirkstoffen wie beispielsweise Pankreas-Enzymen vom Rind oder Schwein ist die Sachlage klar. Weniger eindeutig ist oft die Herkunft von Hilfsstoffen zu identifizieren. Besondere Herausforderungen können sich im Beratungsgespräch ergeben, wenn vegane Kunden ein Arzneimittel ablehnen, weil für seine Entwicklung Tierversuche durchgeführt wurden. In solchen Situationen eine kompetente Antwort zu finden ist nicht leicht, zumal Vertreter dieser besonderen Kundengruppe meistens gut informiert sind.

Arzneistoffe tierischer Herkunft

Bei diesen Arzneistoffen lassen sich drei Gruppen unterscheiden:

  • Für Veganer „unproblematische“ Arzneistoffe, die historisch aus Tieren gewonnen wurden, heute aber ausschließlich gentechnisch hergestellt werden,
  • Substanzen, die sowohl von Tieren als auch aus biotech­nischer Erzeugung stammen können,
  • Wirkstoffe, für die es noch keine tierfreie Alternative gibt.

Prominentester Vertreter der ersten Gruppe sind die Insuline. In Deutschland werden keine Präparate mit Rinder- und Schweine-Insulinen zur Anwendung am Menschen mehr hergestellt. Sie dürften auch nicht zulasten der GKV verordnet werden. Humaninsulin wird heute mittels rekombinanter DNA-Technologie mithilfe von Mikroorganismen wie Saccharomyces cerevisiae oder Escherichia coli produziert. Insuline für an Diabetes erkrankte Haussäugetiere (z. B. Hunde und Katzen) sind weiterhin verfügbar.

Zur zweiten Gruppe gehört beispielsweise Hyaluronsäure, die sowohl aus Hahnenkämmen stammen als auch biotechnisch aus Hefe durch Fermentation mit Bakterien (Streptococcus) gewonnen werden kann. Ein weiteres Beispiel sind Östrogene, die entweder aus dem Harn trächtiger Stuten stammen oder synthetisch hergestellt werden.

Für einige Präparate sind noch keine Alternativen ohne Stoffe tierischer Herkunft verfügbar. Dazu zählen solche mit dem Wirkstoff Pankreatin. Zwar gibt es für Patienten mit gestörter Bauchspeicheldrüsenfunktion ein Enzympräparat, bei dem Lipase, Protease und Amylase aus Aspergillus- und Rhizopus-Stämmen stammen (Nortase®). Wegen des Hilfsstoffs Lactose ist dieses jedoch keine vegane Alternative.

Auch der Wirkstoff Tannalbin eignet sich nicht für Veganer. Er wird aus Galläpfeln gewonnen, die durch die Eiablage der Gemeinen Eichengallwespe (Cynips quercusfolii) auf der Unterseite von Eichenblättern entstehen. Außerdem enthält Tannalbin Albumin. Tannine sind jedoch im Pflanzenreich weit verbreitet, sodass sich für die Selbstmedikation bei Diarrhö andere Phytophar­maka als Alternative finden lassen (s. Tab. 1).

Tab. 1: Beispiele für Produkte mit Inhaltsstoffen tierischer Herkunft und Alternativen
Inhaltsstoffe (alphabet.)
Präparate (Beispiele)
Herkunft / Gewinnung
Alternative
Arzneistoffe
Chondroitinsulfat, Chondroitinpolysulfat
Mobilat® DuoAktiv Schmerzgel
aus Knorpelgewebe z. B. von Rindern und Schweinen, Chondro­itinpolysulfat aus Rindertracheen
gegebenenfalls anderer Wirkstoff, z. B. Diclofenac
Glucosamin
Glucosamin-ratiopharm®
Pulver
Krebse
gegebenenfalls andere Therapie, z. B. Eigenbluttherapie
Heparine, niedermolekular (NMH)
Enoxaparin (Clexane®)
Fertigspritzen
aus Schweinedarm-Mukosa
Fondaparinux (Arixtra®)
Hyaluronsäure
Hyalart® Fertigspritze
aus Hahnenkämmen
Hya-ject® Fertigspritzen u. a.
Östrogen, konjugiert
Presomen® 28/0,6 mg Tabletten
Harn trächtiger Stuten; Hilfsstoff Lactose
transdermales Estradiol
Pankreas-Enzyme
Pankreatan®Hartkapseln
Pulver aus Schweine-Pankreas, Hilfsstoff Gelatine
noch keine
Tannin-Eiweiß
Tannalbin® Tabletten
Verbindung aus Ovalbumin und Tannin, Hilfsstoff Gelatine
gegebenenfalls anderer Wirkstoff, z. B. Uzarawurzel-Trockenextrakt
Hilfsstoffe
Bienenwachs
Momecutan® Creme
aus Bienenwaben
Momecutan® Lösung
Gelatine
Ferro sanol®überzogene Tabletten
aus Häuten, Sehnen, Knorpel und Knochen von Schlachttieren
Ferro sanol® Tropfen
Lactose
B12 Ankermann®überzogene Tabletten
aus Kuhmilch (Molke)
B12-Tropfen Ankermann®
Wollwachs, -alkohole
Eulatin® NH Salbe
Ursprung: Schafwolle
Zäpfchen mit Hamamelis-Extrakt
Homöopathika
Apis mellifica
Apis mellifica Globuli
aus ganzen Honigbienen
abhängig von den Leitsymptomen
Bufo
Bufo Globuli, Tabletten
getrocknetes Sekret von Kröten-Hautdrüsen
abhängig von den Leitsymptomen
Calcium carbonicum
Calcium carbonicum Tabletten, Dilution
Teile zerbrochener Schalen von Ostrea edulis L. (Europäische Auster)
abhängig von den Leitsymptomen
Sepia
Sepia Globuli
Tinte des Tintenfischs Sepia offic.
abhängig von den Leitsymptomen
sonstiges
chirurgisches Nahtmaterial
Sehnen aus Tierdarm (Catgut), ­Naturseide
Fäden aus Polyamid, Polyvinylalkohol, Polyglykolsäure

Hilfsstoffe tierischer Herkunft

Zu den häufigsten Hilfsstoffen tierischer Herkunft in oralen Arzneimitteln gehören Gelatine, Lactose und Magnesiumstearat. Letzteres kann jedoch sowohl aus tierischen Quellen (z. B. Rindertalg, Schweineschmalz) stammen oder pflanzlicher Herkunft (z. B. aus Soja- oder Rapsöl) sein. Bei Zweifeln lohnt sich eine Anfrage beim Hersteller (z. B. per E-Mail), die in der Regel kurzfristig beantwortet wird. Bei Präparaten, die in Kapselform (mit Gelatine) oder als Lactose-haltige Tabletten für Veganer ungeeignet sind, ist häufig ein weiteres Arzneimittel in einer anderen Darreichungsform auf dem Markt, auf das ausgewichen werden kann (s. Tab. 1). Bei Homöopathika sind Globuli zu bevorzugen, die als Hilfsstoff Saccharose enthalten. Bei einigen Homöopathika ist jedoch nicht der Hilfsstoff, sondern der tierische Ausgangsstoff das Problem (s. Tab. 1). Ebenfalls nicht vegan sind äußerlich anzuwendende Zubereitungen, die Wollwachs oder Bienenwachs enthalten. Auf den ersten Blick mag dies unverständlich erscheinen, da Schafe und Bienen bei der Gewinnung dieser Rohstoffe nicht getötet werden. Dennoch lehnen viele Veganer Produkte mit diesen Hilfsstoffen mit der Begründung ab, dass den Tieren bei der Gewinnung Leid zugefügt wird.

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Vegan ernährt sich zurzeit durchschnittlich 1% der deutschen Bevölkerung, so ein Ergebnis der TK-Ernährungsstudie 2017.

Pro und contra Tierversuche

Veganer möchten durch ihre Lebensweise Tierleid vermeiden. Bei der Entwicklung eines neuen Arzneimittels kann jedoch noch nicht auf Tierversuche verzichtet werden. Anders verhält es sich bei Generika, für deren Zulassung keine toxikologischen Untersuchungen oder klinische Studien notwendig sind, sondern nur noch der Nachweis der Bioäquivalenz erbracht werden muss. Bei der Beratung von Veganern im Rahmen der Selbstmedikation können daher Generika empfohlen werden. Allerdings könnte das Apothekenteam mit dem Argument konfrontiert werden, dass für die Zulassung des Originalpräparats dennoch Tierversuche notwendig waren. Dieselbe Problematik besteht bei Impfstoffen. Impfviren werden derzeit in tierischen Zellen oder in bebrüteten Hühnereiern vermehrt. Vegane Impfstoffe gibt es daher nicht. Es laufen jedoch Forschungsprojekte zur Herstellung von Impfstoffen mithilfe transgener Pflanzen. Letztendlich muss jeder Veganer selbst entscheiden, wie er damit umgeht. An dieser Stelle ist anzumerken, dass Veganismus keinen einheitlichen Verhaltenskodex darstellt. Vielmehr umfasst er ein Spektrum von Verhaltensweisen, die das Ziel haben, den Konsum und die Verwendung von Produkten tierischen Ursprungs zu vermeiden. Wo das derzeit noch nicht möglich ist, müssen Kompromisse gefunden werden.

Weitere Beratungsinhalte: Allergierisiken und Supplemente

Obwohl die Beratung von Veganern in der Apotheke an Grenzen stoßen kann, gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese Kundengruppe zu unterstützen. So können beispielsweise Birkenpollenallergiker auf die Möglichkeit einer Kreuzreaktion mit Sojaeiweiß hingewiesen werden. Diese Information ist deshalb besonders relevant, da Veganer Sojaprodukte, vor allem Tofu, als Fleischalternative schätzen. Eine Alternative sind Produkte aus Süßlupine (z. B. Lupinus albus). Allerdings besteht auch hier das Risiko für Kreuzreaktionen, beispielsweise bei Erdnussallergie. Eine weitere Soja-Alternative ist Seitan, der aus Weizenmehl hergestellt wird. Seitan lässt sich zu Fleisch-imitierenden Produkten wie veganen Würstchen oder Braten verarbeiten, darf jedoch bei Glutenunverträglichkeit nicht verzehrt werden.

Veganer werden häufig damit konfrontiert, dass ihre Er­nährungsweise keine ausreichende Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen gewährleisten kann. Tatsächlich birgt jede Form der Ernährung – auch eine fleischhaltige – das Risiko für Mangelerscheinungen. Wer seine Ernährung auf vegan umstellen möchte, findet eine Vielzahl von Informationsquellen für eine ausgewogene Zusammen­setzung der Mahlzeiten. Apotheken, die sich auf Ernährungsberatung spezialisiert haben, könnten ebenfalls ihre Unterstützung anbieten.

Auf einen Blick

  • Veganismus ist eine Lebensweise die anstrebt, den Konsum und die Nutzung aller Produkte ­tierischen Ursprungs zu vermeiden.
  • Die Apotheke kann Veganer bei der Suche nach Präparaten mit tierfreien Wirk- und Hilfsstoffen unterstützen.
  • Weitere Beratungsfelder sind Allergierisiken, ausgewogene Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel.

Neue Erkenntnisse zu Vitamin B12

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Jugendliche und Erwachsene eine Zufuhr von 4 µg Vitamin B12 (Cobalamine) pro Tag. Durch den Verzicht auf Vitamin-B12-Quellen wie Fleisch, Leber, Eier und Milch erreichen Veganer diese Zufuhrmenge nicht und supplementieren dieses Vitamin. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat für die Aufnahme über Nahrungsergänzungsmittel eine Tageshöchstmenge von 25 µg festgelegt. Tatsächlich sind – auch in Drogeriemärkten – viele Präparate verfügbar, bei denen diese Höchstmenge um ein Vielfaches überschritten wird. Entgegen der früheren Annahme, dass wasserlösliche Vitamine wie die B-Vitamine praktisch nicht überdosiert werden können, weisen aktuelle Studien auf bestimmte Risiken einer überhöhten Vitamin-B12-Zufuhr hin, beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Hüftfrakturen.

Tab. 2: Für Veganer geeignete Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel (Beispiele) mit Vitaminen und Spurenelementen, deren Zufuhr bei veganer Ernährung als unzureichend gilt.
Mikronährstoff
Präparate (Beispiele)
Gehalt
Zufuhrmenge für Erwachsene pro Tag (Empfehlung lt. DGE)
Vitamin B12(Cobalamine)
B12-Asmedic® Tropfen
2,5 µg/Tropfen
4 µg
Vitasprint® B12Trinkfläschchen
500 µg
B12-Tropfen Ankermann®
2,6 µg/Tropfen
Vitamin B12 Lutschtabletten Zein Pharma®
500 µg/Tablette
Ortho Doc® Vitamin B12 Lutschtabletten
1000 µg/Tablette
Vitamin D (Colecalciferole)
Vitamin D Verla® purKaps
25 µg D3/Kapsel
800 IE (20 µg)**
InnoNature® Vitamin D3
1000 IE/Tropfen
Orthomol® Vitamin D3 Plus
25 µg/Kapsel
Eisen
Vitaferro® Brausetabletten
80,5 mg/Brausetablette
10 mg 15 mg*
Ferro sanol® Tropfen
30 mg/20 Tropfen
Ferrotone® Brausetabletten
5 mg/Brausetablette

* für menstruierende Frauen zwischen 19 und 50 Jahren, ** bei fehlender endogener Synthese

Klarheit durch Blutspiegel-Bestimmung

Auch Vitamin D und Eisen werden oft als kritische Nährstoffe bei veganer Ernährung bezeichnet. Tatsächlich sind aber viele Bevölkerungsgruppen – aus den unterschiedlichsten Gründen – von Vitamin D- und Eisenmangel betroffen. Eine sinnvolle Empfehlung in der Beratung ist daher, im halbjährlichen Rhythmus beim Hausarzt die Blutspiegel der Mikronährstoffe Vitamin D, Vitamin B12 und Eisen bestimmen zu lassen und je nach Ergebnis Supplemente einzunehmen (Tab. 2). Bei der Auswahl entsprechender Nahrungsergänzungsmittel lohnt sich wieder ein Blick auf die Hilfsstoff­liste, denn nicht selten enthalten Kapseln Gelatine und Tabletten Lactose. Veganer achten außerdem darauf, dass das Colecalciferol in Nahrungsergänzungsmitteln nicht aus Wollwachs, sondern aus Flechten gewonnen wurde. |

 

Literatur

Borsch J. Problematische Hilfsstoffe, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2015/daz-46-2015/problematische-hilfsstoffe

Weber-Fina U. Es geht auch ohne. PTAheute 2019;13&14:84-88

Gebrauchsinformation Nortase®, www.nortase.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Nortase/GIF-Nortase.pdf, Abruf am 13. Januar 2020

Roth HJ. Arzneimittel – vegan oder nicht vegan? Dtsch Apoth Ztg 2015;155(40):81ff

Iss was, Deutschland – TK-Ernährungsstudie 2017, Hrsg.: Techniker Krankenkasse

Smollich M. Hüftfrakturen unter Vitamin B6 und B12. Dtsch Apoth Ztg 2019;159(30):24-25

Neuer Referenzwert für die Vitamin-B12-Zufuhr. Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, DGE aktuell 02/2019 vom 22. Januar 2019

Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin B12. www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/vitaminb12/#c7162, Abruf am 23. Januar 2020

Eisen – Empfohlene Zufuhr. www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/eisen/, Abruf am 23. Januar 2020

Schätzwerte für eine angemessene Vitamin-D-Zufuhr bei fehlender endogener Synthese. www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/, Abruf am 23. Januar 2020

Blasius H. Pflanzen produzieren sichere Polio-Vakzine. DAZ.online-Meldung vom 23. August 2017, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/08/22/pflanzen-produzieren-sichere-polio-vakzine/

 

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin und Autorin in Berlin. Seit 2001 schreibt sie Beiträge für Zeitschriften des Deutschen Apotheker Verlags sowie für medizinische Fachverlage.

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4 Kommentare

„Geeignete“ Vitamin-B12-Präparate?

von Dr. Georgios Pandalis am 05.02.2020 um 11:10 Uhr

Sehr geehrte Frau Bruhn,

Sie weisen in Ihrem Artikel zurecht auf die Notwendigkeit der Vitamin-B12-Supplementierung für Veganer hin. Mit dem erhöhten Knochenfrakturrisiko nennen Sie auch eines der Risiken von hochdosiertem Vitamin B12. Zu ergänzen ist das gesteigerte Krebsrisiko. (1) In der Tat: Wasserlöslichkeit ist kein Persilschein für hochdosierte Vitaminpräparate.

Um so erstaunlicher ist Ihre Liste der „für Veganer geeignete[n] Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel“. Drei der fünf Produkte überschreiten die DGE-Empfehlung für die tägliche Vitamin-B12-Zufuhr um das 125- bzw. 250fache (!) und die Dosisbegrenzung des BfR entsprechend um das 20- bis 40fache. Wie kann man da noch ernsthaft und undifferenziert von „geeignet“ sprechen? Eine Warnung wäre angebracht und keine Empfehlung.

Warum sollten Veganer/-innen überhaupt ein Arzneimittel einnehmen? Veganismus ist keine Krankheit, sondern eine bewußte Entscheidung. Vegane Menschen haben einen hohen moralischen Anspruch und ein ausgeprägtes Bewußtsein für die Produkte, die sie konsumieren. Motive und Ziele sind u. a. die Vermeidung tierischen Leids und Naturschutz (Klimawandel). In der Beratung muß folglich darauf hingewiesen werden, daß hochdosierte Vitaminpräparate mittels gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden – und nicht deklarationspflichtig sind. Es gibt mit unseren Sidea®-Produkten genau eine rein pflanzliche, gentechnikfreie Alternative aus kontrolliert biologischem Anbau, die garantiert bioverfügbares Vitamin B12 in physiologischer Dosierung liefert. Oder kurz: Das einzige wirklich „geeignete“ Nahrungsergänzungsmittel haben Sie leider vergessen.

Literatur
(1) Smollich M. Vitamin B₁₂ – ein zweischneidiges Schwert. Wasserlöslich bedeutet nicht automatisch unbedenklich. DAZ 2019, Nr. 6, S. 28, 07.02.2019.
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-6-2019/vitamin-b-12-ein-zweischneidiges-schwert

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: „Geeignete“ Vitamin-B12-Präparate

von Claudia Bruhn am 05.02.2020 um 16:43 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Pandalis,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir bei der Vielzahl der auf dem Markt befindlichen Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel in DAZ-Beiträgen immer nur eine Auswahl treffen können. Mit dem Attribut „geeignet“ waren im Kontext dieses Artikels solche Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel gemeint, die frei von Hilfsstoffen tierischen Ursprungs wie beispielsweise Laktose und Gelatine sind. Das hätte ich noch etwas unmissverständlicher formulieren sollen. Die Diskussion über die optimale Zufuhrmenge ist meiner Meinung nach noch nicht abgeschlossen - trotz der Berichte über unerwünschte Wirkungen, die ernst genommen werden sollten. Denn es gibt auch Hinweise darauf, dass nur ein Bruchteil des oral aufgenommenen Vitamin B12 tatsächlich resorbiert wird, was beispielsweise von der individuellen Ausstattung mit intrinsic factor abhängt. Deshalb halte ich es auch für sinnvoll, als Entscheidungshilfe in regelmäßigen Abständen beim Hausarzt Kontrollen durchführen zu lassen, wie ich im Absatz „Klarheit durch Blutspiegel-Bestimmung“ meines Beitrages beschrieben habe.

Arzneimittel vegan

von Manfred Frisch am 03.02.2020 um 15:15 Uhr

Ist ein Wirkstoff der im Tierversuch getestet wurde vegan?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Arzneimittel vegan

von Claudia Bruhn am 05.02.2020 um 16:51 Uhr

Sehr geehrter Herr Frisch,
nein, Arzneimittel und auch Impfstoffe, die ja mithilfe von tierischen Zellen oder bebrüteten Hühnereiern hergestellt werden, sind nicht vegan. Darauf bin ich im Absatz „Pro und contra Tierversuche“ meines Beitrages auch eingegangen. Vielleicht lässt sich dieses Dilemma in Zukunft lösen, beispielsweise durch andere Testmethoden für Arzneistoffe . Derzeit müssen Veganer für sich entscheiden, wie sie damit umgehen.

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