Toxikologie

TiO2 zu Unrecht verdächtigt?

Diskussion um die Kanzerogenität von Titandioxid hält an

Von Anna Sonnenburg und Ralf Stahlmann | Es begegnet uns im Alltag an vielen Stellen unter verschiedenen Namen: in Lebensmitteln als E171, in Kosmetika als CI 77891 und in der Wandfarbe als PW6 (Pigment White 6). Auch als Zusatzstoff in Arzneizubereitungen hat es eine Bedeutung – hier wird es mit der chemischen Bezeichnung Titandioxid deklariert. Dieser Stoff steht seit Jahren wegen möglicher kanzerogener Wirkungen im kritischen Fokus der Medien. Einige Behörden und Institutionen haben die Verbindung als „kanzerogenitätsverdächtig“ eingestuft, andere halten die Exposition der Bevölkerung mit Titandioxid für un­bedenklich oder sehen noch Forschungsbedarf. Wie sehen die Fakten aus? Weisen die Daten auf ein Risiko für die Verbraucher hin?

TiO2 zu Unrecht verdächtigt?

Vorkommen, Eigenschaften, Verwendung

Titandioxid kommt in der Natur in drei verschiedenen Formen vor: Anatas, Rutil und Brookit. Anatas und Rutil besitzen ähnliche ditetragonale Kristallstrukturen, Brookit kristallisiert orthorhombisch (Abb. 1). Sowohl Anatas als auch Brookit wandeln sich bei 915 °C in Rutil — die thermodynamisch stabile Form des Titandioxids — um. Bei der industriellen Produktion von Titandioxid entsteht je nach Herstellungstechnik Rutil oder Anatas. Die Titandioxid-Partikel existieren in mikro- und nanoskaliger Form und können sich zu unterschiedlich großen Aggregaten zusammenlagern, zudem kommen faserförmige Polymere vor. Insbesondere Titandioxid-Nanopartikel werden mit verschiedensten Oberflächenbeschichtungen versehen, die je nach Anwendung unterschiedliche physiko-chemische Eigenschaften aufweisen. Titandioxid gilt als chemisch weitestgehend inert; es ist in Wasser und organischen Lösungsmitteln unlöslich, in Laugen und starken Säuren wie Flusssäure oder konzentrierter heißer Schwefelsäure ist es gut löslich [MAK 2009, RAC 2017]. Rutil ist wegen seines hohen Brechungs­index besonders als Bestandteil von optischen Aufhellern geeignet. Diese finden in der Pigment-, Papier-, Textil-, Kunststoff-, Pharma- und Kosmetikindustrie eine breite Anwendung. Anatas und Rutil werden außerdem als Photokatalysatoren eingesetzt. Brookit hat keine wirtschaftliche Bedeutung. Titandioxid-(Nano)Partikel finden sich in vielen verbrauchernahen Produkten, wie zum Beispiel in Sonnenschutzmitteln und Cremes mit Lichtschutzfaktor, Farben und Lacken, Lebensmitteln, als Füllstoff in Arzneimitteln, in Kunststoffen und damit auch in Kinderspielzeug.

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