Recht

Internetrecherche hat ihre Grenzen

Welche Daten dürfen Arbeitgeber von Bewerbern verwerten?

Ob Google oder Social Media Profile: Umfragen zufolge hat jeder fünfte Arbeitgeber bereits einen Kandidaten nach einer Internetrecherche aus dem Bewerbungsverfahren aussortiert. Aber inwieweit darf aus datenschutzrechtlicher Sicht ein solcher Check durchgeführt und in die Beurteilung mit einbezogen werden?

Überwiegend werden Profile bei Linkedin und Facebook von Arbeitgebern beim Bewerbercheck geprüft, ergab eine Umfrage, die 2019 bei Xing erschien. Insbesondere eine aggressive Wortwahl in sozialen Netzwerken, aber auch Fotos ausgelassener Partynächte oder Rechtschreib- und Grammatikfehler ließen die Verantwortlichen vormals Erfolg versprechende Kandidaten aussortieren. Auch wenn es in Unternehmen mittlerweile verbreitet ist, Bewerber zu googeln oder sich in sozialen Netzwerken ein Bild von ihnen zu machen – datenschutzrechtlich ist es nicht unbedenklich.

Foto: REDPIXEL/AdobeStock

Ist seitens des künftigen Arbeitgebers grenzenlose Recherche über alle Kanäle im laufenden Bewerbungsverfahren erlaubt? Einen generellen Freibrief gibt es hier nicht und der Schuss kann durchaus nach hinten losgehen ...

Strengen Datenschutz beachten

Wenn der Arbeitgeber im laufenden Bewerbungsverfahren im Internet Informationen über Bewerber recherchiert, muss er die Grenzen des § 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachten. Demnach ist die Erhebung von personenbe­zogenen Daten eines Bewerbers gemäß § 26 Abs. 1 BDSG nur erlaubt, wenn sie für die Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich und angemessen ist.

Zum Teil wird auch eine Daten­erhebung für zulässig erachtet, wenn diese unter Anwendung allgemein zugänglicher Such­maschinen möglich ist. Allgemein zugängliche Daten, die der Bewerber offensichtlich selbst öffentlich macht, sind auch nach der DSGVO weniger schutzwürdig.

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber „frei zugängliche Daten“ einholen, wenn keine Persönlichkeitsrechte der Betroffenen entgegenstehen. Solche Daten könnten zum Beispiel Inhalte sein, die frei verfügbar über Suchmaschinen wie Google, Webseiten oder öffentliche Foren zu finden sind. Doch Arbeitgeber sollten hier in jedem Fall äußerst vorsichtig sein: Unter Berücksich­tigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann eine Datenerhebung, die zu einer Persönlichkeitsprofilbildung führt, gegen das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers verstoßen.

Bei Daten in sozialen Netzwerken, die erst nach erfolgter Anmeldung verfügbar sind, wird es noch komplizierter: Was Bewerber hier über sich preisgeben, dürfen Arbeitgeber nicht vor­behaltlos verwenden. Dabei ist zwischen berufs- und freizeit­orientierten Netzwerken zu unterscheiden. Linkedin oder Xing gelten als berufliche Netzwerke – hier präsentieren Arbeitnehmer gerade für potenzielle Arbeit­geber ihre Informationen. Die Verwertung von Informationen aus derartigen Profilen kann also durchaus datenschutzrechtlich zulässig sein.

Höchstpersönliche Bereiche sind tabu

Recherchiert der Arbeitgeber in freizeitorientierten sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram über den Bewerber, ist in jedem Fall Vorsicht angesagt. Daten, zu denen gezielt nur ein beschränkter Kreis an „Freunden“ Zugang hat, sind eindeutig nicht „öffentlich zugänglich“ und somit tabu. Aber auch bei privaten Daten, die ein Bewerber etwa über Twitter, Facebook oder Instagram allgemein veröffentlicht, wird der Betroffene grundsätzlich nicht auf sein Schutz­interesse verzichten wollen, sodass eine Datenerhebung durch den Arbeitgeber nach überwiegender Ansicht unzulässig bleibt.

Soziale Netzwerke: Auf Verbote in AGB achten

In einigen AGB sozialer Netz­werke findet sich ein Verbot, die gespeicherten Informationen für die Personaldatenerhebung durch Arbeitgeber zu verwerten. Dann ist auch aus diesem Grund eine gezielte Recherche über Bewerber oder auch Mitarbeiter unzulässig. Wir raten dazu, sich die Bedingungen in jedem Fall vor der Verwertung genau anzuschauen.

Persönlichkeitsrechte sind zu beachten

Bei der Recherche über Bewerber via Suchmaschinen und in sozialen Netzwerken ist immer auch der Schutz der Privatsphäre zu beachten. Höchstpersönliche Daten, wie solche über das Intimleben, die finanzielle Situation, Religion oder ethnische Herkunft der Kandidaten dürfen grundsätzlich nicht erhoben werden.

Faustregel: Darf nach Informa­tionen auch im Vorstellungs­gespräch nicht gefragt werden, so dürfen diese auch nicht in die Entscheidung über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses einfließen.

Bußgelder und Schadens­ersatzansprüche drohen

Arbeitgeber sollten die Recherche über Bewerber grundsätzlich auf das unproblematisch Zulässige beschränken. Es sollte genau überlegt werden, ob die eingeholte Information tatsächlich auch für die Frage nach einer beruflichen Eignung des Bewerbers für eine konkrete Stelle erforderlich ist. Wenn die Verarbeitung von personen­bezogenen Daten ohne Erlaubnis – sei es durch eine gesetzliche Vorschrift oder Einwilligung – erfolgt, ist sie grundsätzlich unzulässig. Die DSGVO sieht hier strenge Maßstäbe vor, bei Verstößen können hohe Bußgelder oder Schadens­ersatzansprüche drohen. |

Volker Görzel, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln, Mitglied im VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.

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