Gesundheitspolitik

(K)einer glaubt an den E-Rezept-Start am 1. Januar

Ärzte sind offenbar das Nadelöhr / Diskussionsteilnehmer bei Expopharm Impuls können wenig Nutzen benennen

jb | Außer dem Gematik-Chef glaubt offenbar niemand so richtig daran, dass das E-Rezept tatsächlich zum 1. Januar verpflichtend eingeführt wird. Das zeigte eine Diskussionsrunde im Rahmen der „Expopharm Impuls“.
© Kai Felmy


Seit 1. Juli werden in der „Fokus­region“ Berlin-Brandenburg E-Rezepte getestet, am 1. Oktober soll das Projekt dann bundesweit ausgerollt werden. Das ambitionierte Ziel: Mit Beginn kommenden Jahres sollen die „normalen“ Muster-16-Rezepte durch elektronische Verordnungen abgelöst werden. Doch das könnte eng werden, denn die Ärzteschaft ist offenbar nicht bereit. Das machte Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesver­einigung (KBV), bei der Diskus­sionsrunde, die am vergangenen Mittwoch ausgestrahlt wurde, klar. Zum einen macht er sich Sorgen um die Technik. Von über 100 Praxissoftwareanbietern sei bislang einer in der Lage, E-Rezepte auszustellen. Außerdem äußerte Kriedel Zweifel, dass bis zum Start des E-Rezeptes wirklich alle Praxen mit einem HBA ausgestattet sind – denn der ist für die Signatur der elektronischen Verordnung zwingend erforderlich. Die Ärzte hätten lange keine Notwendigkeit gesehen, das Dokument zu beantragen. Daher gebe es jetzt mit dem E-Rezept vor der Tür Kapazitätsengpässe bei den Herstellern.

Dagegen zeigte sich Gematik-Chef Dr. Markus Leyck Dieken gegenüber dem geplanten Starttermin optimistisch. In seinen Augen gebe es auch keine Engpässe der Kartenherausgeber. „Man muss sich nur auf den Weg machen und sie be­antragen.“ Die Arztsoftwarehäuser machen allerdings auch Leyck Dieken Sorge. Er kritisiert vor allem, dass sie den offiziellen Starttermin am 1. Januar 2022 als ihren Starttermin betrachteten und nicht die aktuelle Testphase. Allerdings hätte die KBV als Zertifizierungsstelle hier einen Hebel: Sie könnte im vierten Quartal nur noch E-Rezept-fähige Systeme zulassen.

Auch die Inhaberin der Berliner Opernviertel-Apotheke Beate Garbe, die am Modellprojekt teilnimmt, ist nicht wirklich überzeugt, dass das Ganze am 1. Januar startet – auch wenn apothekenseitig die Dinge größtenteils zu funktionieren scheinen.

Ein weiteres Thema der Runde war, welchen Nutzen das E-Rezept bringt. Auch hier war es vor allem Leyck Dieken, der den Mehrwert anpries. Es sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung – was die genau bringe, sagte er allerdings nicht. Konkret nannte Leyck Dieken u. a. die Möglichkeit der Wiederholungsverordnungen sowie die Patienteninformation bei einem Rote-Hand-Brief. Dr. Sabine Richard vom AOK-Bundesverband sah vor allem eine einfachere Abrechnung durch den Wegfall von Medienbrüchen in der Verordnungskette und somit potenziellen Fehlerquellen. ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold nannte Vorteile für die Versorgungsforschung und ebenfalls beim Wegfall der Medienbrüche. KBV-Mann Kriedel erwartet für die Ärzte durch die Einführung des E-Rezepts erst mal überhaupt keinen Nutzen. |

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