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Therapien im Gespräch
Brustkrebserkrankungen im Fokus
Ein Rundumblick auf das vergangene Jahr
In der diesjährigen aktualisierten S3-Leitlinie zum Mammakarzinom wird postmenopausalen Patientinnen mit hormonabhängig wachsendem metastasiertem Brustkrebs und fehlender HER2-Überexpression nun auch die Einnahme von CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit einer Hormontherapie (Aromatase-Hemmer oder Fulvestrant) empfohlen (DAZ 36, S. 23). Die Oralia Abemaciclib (Verzenios®), Palbociclib (Ibrance®) und Ribociclib (Kisqali®) hemmen Cyclin-abhängige Kinasen, die das Zellwachstum kontrollieren und in Brustkrebszellen vermehrt aktiv sind. In allen Zulassungsstudien führten CDK4/6-Inhibitoren zu einer Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit sowie zu einer Erhöhung der Remissionsraten, zur Verbesserung von Parametern der Lebensqualität und nach längerer Nachbeobachtung auch zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit.
Wie lange antihormonell behandeln?
Endokrine Therapien, die ein Hormon-gesteuertes Tumorwachstum unterdrücken, haben ihren festen Stellenwert in der Behandlung Hormon-abhängiger Mammakarzinome. Wie lang eine solche Therapie andauert, ist für die betroffene Patientin von nicht unerheblicher Bedeutung. Ob fünf Jahre genügen oder zehn Jahre besser sind, war bislang unklar. Eine zu kurze Einnahme antihormonell wirksamer Therapeutika könnte das Rezidivrisiko erhöhen, eine längere Behandlungsdauer bedeutet, eine längere Zeit unerwünschte Wirkungen wie Hitzewallungen, Arthralgien, Osteoporose und kognitive Beeinträchtigungen ertragen zu müssen. In einer großen Studie konnte nun gezeigt werden, dass eine auf zehn Jahre verlängerte Therapie keinen zusätzlichen Benefit erbringt (DAZ 42, S. 32). Für Patientinnen mit geringem oder mittlerem Risiko liegt die günstigste Therapiedauer bei sieben Jahren, was eine Adhärenz im Vergleich zu einer zehnjährigen Behandlung verbessern dürfte.
Herzschutz bei endokriner Therapie
Endokrine Therapien tragen unbestritten wesentlich zu einem verlängerten Überleben von Frauen mit Hormon-abhängigen Mammakarzinomen bei. Dieser Vorteil wird indes mit erhöhten kardiovaskulären Risiken erkauft, deren Ausprägung vom eingesetzten Wirkstoff abhängt. Eine von der „American Heart Association“ unterstützte Studie schätzt das kardiovaskuläre Risiko endokriner Therapien folgendermaßen ein (DAZ 25, S. 36): Tamoxifen hat protektive bis neutrale Auswirkungen auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und kardiovaskuläre Ereignisse. Hingegen erhöhen Aromatase-Hemmer kardiovaskuläre Risikofaktoren und Ereignisse. Inwieweit das Myokardinfarkt-Risiko durch Aromatase-Hemmer (im Vergleich zu Tamoxifen) steigt, wird kontrovers diskutiert. Im Hinblick auf das erhöhte kardiovaskuläre Risiko gibt es vermutlich Unterschiede zwischen den einzelnen Aromatase-Hemmern. Das höchste Risiko scheint Anastrozol aufzuweisen. Unter der Einnahme von Aromatase-Inhibitoren ist daher die Entwicklung einer Dyslipidämie oder Arteriosklerose zu überprüfen. Liegen mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren vor, sollte ein engmaschiges Monitoring erfolgen.
Aus zwei mach eins und spare Zeit
Seit Februar 2021 steht eine fixe Kombination von Pertuzumab und Trastuzumab (Phesgo®, Roche) zur subkutanen Injektion zur Verfügung (DAZ 10, S. 46). Bislang erfolgte die doppelte Antikörperblockade, die beim HER2-positiven, frühen und metastasierten Mammakarzinom indiziert ist, in zwei getrennten Infusionen während 60 bis 120 Minuten. Die nunmehr verfügbare fixe Kombination wird als Bolusinjektion innerhalb weniger Minuten verabreicht. Pharmakokinetik, Wirksamkeit und Sicherheit entsprechen der i. v.-Gabe. Befragt man Patienten und Mitarbeiter der Pflege, so bevorzugen beide die subkutane Gabe.
Bessere Prognose dank Statinen?
Da Statine die Proliferation von Brustkrebszellen beeinträchtigen können, hat ihr Einsatz bei schnell wachsenden Mammakarzinomen einen rationalen Ansatz – ihr protektiver Effekt wird bei Brustkrebspatientinnen diskutiert. Dies scheint indes nur beim Vorliegen von triple-negativen Karzinomen zuzutreffen (DAZ 41, S. 37). Einer retrospektiven Studie zufolge wiesen Frauen mit einem triple-negativen Karzinom unter einer Statin-Einnahme ein längeres Gesamtüberleben als Betroffene ohne Statin-Einnahme auf. Bei Frauen, die an anderen Brustkrebsarten litten, hatte eine Statin-Einnahme keinen Einfluss. Der größte Benefit wurde unter der Einnahme lipophiler Statine und bei hohen Dosen erzielt.
Metformin schützt, Metformin schützt nicht
Typ-2-Diabetikerinnen weisen ein um rund 20% erhöhtes Brustkrebsrisiko auf. Als mögliche Ursachen werden eine Aktivierung der Insulin- oder Insulin-like-Wachstumsfaktor-Rezeptoren im epithelialen Brustgewebe oder Veränderungen des Hormonspiegels aufgrund einer Insulinresistenz oder Hyperinsulinämie diskutiert. Der Gedanke liegt daher nahe, mithilfe von Antidiabetika das Brustkrebsrisiko zu senken. Einer Studie mit Metformin zufolge gilt dies aber nicht für alle Brustkrebsarten (DAZ 15, S. 46). Eine Abnahme des Risikos war nur bei Hormonrezeptor-positiven Karzinomen zu beobachten, bei Hormonrezeptor-negativen Brustkrebserkrankungen erhöhte die Metformin-Einnahme das Risiko. Der günstige Einfluss von Metformin war zeitabhängig: Je länger die Einnahme des Antidiabetikums erfolgte, umso stärker sank das Risiko. Warum der günstige Einfluss von Metformin nur bei Hormonrezeptor-positiven Erkrankungen zu beobachten ist, bleibt zu klären.
Mit Betablockern gegen Brustkrebs
Einer Hypothese zufolge hat die Einnahme von Betablockern einen günstigen Effekt auf den Verlauf von Brustkrebserkrankungen. Dies erklärt man sich folgendermaßen: Stress und adrenerge Aktivierung stimulieren Proliferation, Invasion und Migration von Brustkrebszellen. Diese Effekte können wiederum durch Betablocker abgeschwächt oder unterbunden werden. Die Ergebnisse einer Metaanalyse unterstützen diese Annahme, da bei Patientinnen mit frühem Brustkrebs die Einnahme von Betablockern mit einem längeren rezidivfreien Überleben verbunden war (DAZ 20, S. 33). Auswirkungen auf das Gesamtüberleben wurden nicht festgestellt. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass vor allem Frauen mit einem triple-negativen Mammakarzinom von der Einnahme eines Betablockers profitierten.
Brustkrebs beim Mann
Aber nicht nur Frauen können betroffen sein: So erkranken alleine in Deutschland jährlich etwa 700 Männer an einem Mammakarzinom – das entspricht rund 1% aller Brustkrebserkrankungen (DAZ 21, S. 30). Aufgrund ihrer Seltenheit werden Brustkrebserkrankungen beim Mann häufig erst spät erkannt, zumal es keine Screeningprogramme hierfür gibt. Das häufigste Symptom ist die schmerzlose Knotenbildung in der Brust, die nicht mit einer häufig auftretenden Brustschwellung beim Mann (Gynäkomastie) zu verwechseln ist. Die Therapiekonzepte orientieren sich im Wesentlichen an den Leitlinien für das Mammakarzinom der Frau. Da der Brustkrebs beim Mann meist hormonempfindlich ist, steht nach der operativen Entfernung des Tumors die adjuvante antihormonelle Therapie im Vordergrund. Standard ist eine fünfjährige Therapie mit Tamoxifen. Bei fortschreitender Erkrankung unter Tamoxifen kommen Aromatase-Inhibitoren in Kombination mit GnRH(Gonadotropin-Releasing-Hormon)-Analoga oder Fulvestrant in Betracht. Neue zielgerichtete Medikamente wie CDK4/6- oder mTOR-Inhibitoren werden analog wie bei Frauen eingesetzt.
Grüntee-Extrakt-Kapseln besser meiden
Krebspatienten wird oft geraten, sich gesund zu ernähren. Zwar kann das allein den Brustkrebs nicht heilen, eine optimale Ernährung kann aber dazu beitragen, die jeweiligen Krankheitsphasen besser durchzustehen und die Rezidivprävention aktiv zu gestalten. Dabei können folgende Regeln helfen (DAZ 26, S. 32): Einhalten eines gesunden Körpergewichtes, vollwertige, nährstoffdichte, pflanzenbasierte und abwechslungsreiche Kost bevorzugen, was Fett anbelangt, so ist eine hohe Fettqualität wichtiger als eine Fettreduktion, Alkohol sollte weitgehend vermieden werden, die Versorgung mit Mikronährstoffen sollte optimiert sein, „Superfood“ ist nicht erforderlich. Die häufig praktizierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist kritisch zu sehen, da diese beispielsweise die Wirkung von Tamoxifen beeinflussen können. So sollten etwa unter einer Tamoxifen-Therapie keine Nahrungsergänzungsmittel mit Grüntee-Extrakten (in Kapselform) eingenommen werden, da dadurch Nebenwirkungen verstärkt und Leberwerte erhöht werden können. |
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