Therapien im Gespräch

Brustkrebserkrankungen im Fokus

Ein Rundumblick auf das vergangene Jahr

Von Petra Jungmayr | Auch in diesem Jahr haben sich einige Neuerungen bei der Therapie und Prävention des Mammakarzinoms ergeben. So haben sich CDK4/6-Inhibitoren als fester Bestandteil bei der Therapie hormonabhängiger, fortgeschrittener Brustkrebserkrankungen etabliert und sind mit einem deutlichen Benefit für die betroffenen Frauen verbunden. Welche Themen sonst noch im Hinblick auf Brustkrebs in 2021 interessant waren, lesen Sie hier in der Zusammenfassung.

In der diesjährigen aktualisierten S3-Leitlinie zum Mammakarzinom wird postmenopausalen Patientinnen mit hormonabhängig wachsendem metastasiertem Brustkrebs und fehlender HER2-Überexpression nun auch die Einnahme von CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit einer Hormontherapie (Aromatase-Hemmer oder Fulvestrant) empfohlen (DAZ 36, S. 23). Die Oralia Abemaciclib (Verzenios®), Palbociclib (Ibrance®) und Ribociclib (Kisqali®) hemmen Cyclin-abhängige Kinasen, die das Zellwachstum kontrollieren und in Brustkrebszellen vermehrt aktiv sind. In allen Zulassungsstudien führten CDK4/6-Inhibitoren zu einer Verlängerung der progres­sionsfreien Überlebenszeit sowie zu einer Erhöhung der Remissionsraten, zur Verbesserung von Parametern der Lebensqualität und nach längerer Nachbeobachtung auch zur Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit.

Wie lange antihormonell behandeln?

Endokrine Therapien, die ein Hormon-gesteuertes Tumorwachstum unterdrücken, haben ihren festen Stellenwert in der Behandlung Hormon-abhängiger Mammakarzinome. Wie lang eine solche Therapie andauert, ist für die betroffene Patientin von nicht unerheblicher Bedeutung. Ob fünf Jahre genügen oder zehn Jahre besser sind, war bislang unklar. Eine zu kurze Einnahme antihormonell wirksamer Therapeutika könnte das Rezidivrisiko erhöhen, eine längere Behandlungsdauer bedeutet, eine längere Zeit un­erwünschte Wirkungen wie Hitze­wallun­gen, Arthralgien, Osteoporose und kognitive Beeinträchtigungen ertragen zu müssen. In einer großen Studie konnte nun gezeigt werden, dass eine auf zehn Jahre verlängerte Therapie keinen zusätzlichen Benefit erbringt (DAZ 42, S. 32). Für Patientinnen mit geringem oder mittlerem Risiko liegt die günstigste Therapiedauer bei sieben Jahren, was eine Adhärenz im Vergleich zu einer zehnjährigen Behandlung verbessern dürfte.

Foto: Jo Panuwat D/AdobeStock

Die rosa Schleife gilt als ein weltweit bekanntes Symbol im Bewusstsein gegen Brustkrebs.

Herzschutz bei endokriner Therapie

Endokrine Therapien tragen unbestritten wesentlich zu einem verlängerten Überleben von Frauen mit Hormon-abhängigen Mammakarzinomen bei. Dieser Vorteil wird indes mit erhöhten kardiovaskulären Risiken erkauft, deren Ausprägung vom eingesetzten Wirkstoff abhängt. Eine von der „American Heart Association“ unterstützte Studie schätzt das kardiovaskuläre Risiko endokriner Therapien folgendermaßen ein (DAZ 25, S. 36): Tamoxifen hat protektive bis neutrale Auswirkungen auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und kardiovaskuläre Ereignisse. Hingegen erhöhen Aromatase-Hemmer kardiovaskuläre Risikofaktoren und Ereignisse. Inwieweit das Myokardinfarkt-Risiko durch Aromatase-Hemmer (im Vergleich zu Tamoxifen) steigt, wird kontrovers diskutiert. Im Hinblick auf das er­höhte kardiovaskuläre Risiko gibt es vermutlich Unterschiede zwischen den einzelnen Aromatase-Hemmern. Das höchste Risiko scheint Anastrozol aufzuweisen. Unter der Einnahme von Aromatase-Inhibitoren ist daher die Entwicklung einer Dyslipidämie oder Arteriosklerose zu überprüfen. Liegen mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren vor, sollte ein eng­maschiges Monitoring erfolgen.

Aus zwei mach eins und spare Zeit

Seit Februar 2021 steht eine fixe Kombination von Pertuzumab und Trastuzumab (Phesgo®, Roche) zur subkutanen Injektion zur Verfügung (DAZ 10, S. 46). Bislang erfolgte die doppelte Antikörperblockade, die beim HER2-positiven, frühen und metastasierten Mammakarzinom indiziert ist, in zwei getrennten Infusionen während 60 bis 120 Minuten. Die nunmehr verfügbare fixe Kombination wird als Bolusinjek­tion innerhalb weniger Minuten verabreicht. Pharmakokinetik, Wirksamkeit und Sicherheit entsprechen der i. v.-Gabe. Befragt man Patienten und Mitarbeiter der Pflege, so bevorzugen beide die subkutane Gabe.

Bessere Prognose dank Statinen?

Da Statine die Proliferation von Brustkrebszellen beeinträchtigen können, hat ihr Einsatz bei schnell wachsenden Mammakarzinomen einen rationalen Ansatz – ihr protektiver Effekt wird bei Brustkrebspatientinnen diskutiert. Dies scheint indes nur beim Vorliegen von triple-negativen Karzinomen zuzutreffen (DAZ 41, S. 37). Einer retrospektiven Studie zufolge wiesen Frauen mit einem triple-negativen Karzinom unter einer Statin-Einnahme ein längeres Gesamtüber­leben als Betroffene ohne Statin-Einnahme auf. Bei Frauen, die an anderen Brustkrebsarten litten, hatte eine Statin-Einnahme keinen Einfluss. Der größte Benefit wurde unter der Einnahme lipophiler Statine und bei hohen Dosen erzielt.

Metformin schützt, Metformin schützt nicht

Typ-2-Diabetikerinnen weisen ein um rund 20% erhöhtes Brustkrebsrisiko auf. Als mögliche Ursachen werden eine Aktivierung der Insulin- oder Insulin-like-Wachstumsfaktor-Rezeptoren im epithelialen Brustgewebe oder Veränderungen des Hormonspiegels aufgrund einer Insulinresistenz oder Hyperinsulinämie diskutiert. Der Gedanke liegt daher nahe, mithilfe von Antidiabetika das Brustkrebsrisiko zu senken. Einer Studie mit Metformin zufolge gilt dies aber nicht für alle Brustkrebsarten (DAZ 15, S. 46). Eine Abnahme des Risikos war nur bei Hormonrezeptor-positiven Karzinomen zu beobachten, bei Hormonrezeptor-negativen Brustkrebserkrankungen erhöhte die Metformin-Einnahme das Risiko. Der günstige Einfluss von Metformin war zeitabhängig: Je länger die Einnahme des Antidiabetikums erfolgte, umso stärker sank das Risiko. Warum der günstige Einfluss von Metformin nur bei Hormonrezeptor-positiven Erkrankungen zu beobachten ist, bleibt zu klären.

Mit Betablockern gegen Brustkrebs

Einer Hypothese zufolge hat die Einnahme von Betablockern einen günstigen Effekt auf den Verlauf von Brustkrebserkrankungen. Dies erklärt man sich folgendermaßen: Stress und adrenerge Aktivierung stimulieren Proliferation, Invasion und Migration von Brustkrebszellen. Diese Effekte können wiederum durch Betablocker abgeschwächt oder unterbunden werden. Die Ergebnisse einer Metaanalyse unterstützen diese Annahme, da bei Patientinnen mit frühem Brustkrebs die Einnahme von Betablockern mit einem längeren rezidivfreien Über­leben verbunden war (DAZ 20, S. 33). Auswirkungen auf das Gesamtüber­leben wurden nicht festgestellt. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass vor allem Frauen mit einem triple-negativen Mammakarzinom von der Ein­nahme eines Betablockers profitierten.

Brustkrebs beim Mann

Aber nicht nur Frauen können betroffen sein: So erkranken alleine in Deutschland jährlich etwa 700 Männer an einem Mammakarzinom – das entspricht rund 1% aller Brustkrebs­erkrankungen (DAZ 21, S. 30). Aufgrund ihrer Seltenheit werden Brust­krebs­erkrankungen beim Mann häufig erst spät erkannt, zumal es keine Screeningprogramme hierfür gibt. Das häufigste Symptom ist die schmerzlose Knotenbildung in der Brust, die nicht mit einer häufig auftretenden Brustschwellung beim Mann (Gynä­komastie) zu verwechseln ist. Die Therapiekonzepte orientieren sich im Wesent­lichen an den Leitlinien für das Mammakarzinom der Frau. Da der Brustkrebs beim Mann meist hormonempfindlich ist, steht nach der opera­tiven Entfernung des Tumors die adjuvante antihormonelle Therapie im Vordergrund. Standard ist eine fünfjährige Therapie mit Tamoxifen. Bei fortschreitender Erkrankung unter Tamoxifen kommen Aromatase-Inhibitoren in Kombination mit GnRH(Gonadotropin-Releasing-Hormon)-Analoga oder Fulvestrant in Betracht. Neue zielgerichtete Medikamente wie CDK4/6- oder mTOR-Inhibitoren werden analog wie bei Frauen eingesetzt.

Grüntee-Extrakt-Kapseln besser meiden

Krebspatienten wird oft geraten, sich gesund zu ernähren. Zwar kann das allein den Brustkrebs nicht heilen, eine optimale Ernährung kann aber dazu beitragen, die jeweiligen Krankheitsphasen besser durchzustehen und die Rezidivprävention aktiv zu gestalten. Dabei können folgende Regeln helfen (DAZ 26, S. 32): Einhalten eines ge­sunden Körpergewichtes, vollwertige, nährstoffdichte, pflanzenbasierte und abwechslungsreiche Kost bevorzugen, was Fett anbelangt, so ist eine hohe Fettqualität wichtiger als eine Fett­reduktion, Alkohol sollte weitgehend vermieden werden, die Versorgung mit Mikronährstoffen sollte optimiert sein, „Superfood“ ist nicht erforderlich. Die häufig praktizierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist kritisch zu sehen, da diese beispielsweise die Wirkung von Tamoxifen beeinflussen können. So sollten etwa unter einer Tamoxifen-Therapie keine Nahrungsergänzungsmittel mit Grüntee-Extrakten (in Kapselform) eingenommen werden, da dadurch Nebenwirkungen verstärkt und Leberwerte erhöht werden können. |

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