Pandemie Spezial

Auch Tocilizumab senkt Sterblichkeit

IL-6-Rezeptor-Blocker verstärkt die Wirkung von Glucocorticoiden

Nach Dexamethason hat jetzt auch Tocilizumab in der RECOVERY-Studie seinen Nutzen in der Behandlung von schwerem COVID-19 unter Beweis gestellt. Wie aus neuen Ergebnissen der Studie hervorgeht, kann der monoklonale Antikörper bei Patienten, die beatmet werden müssen, die Sterblichkeit senken, die Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung verringern und die Zeit bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus verkürzen.

Der monoklonale Antikörper Tocilizumab hat in der RECOVERY-Studie die Wirkung gleichzeitig verabreichter Steroide verstärkt und die Sterberate schwer erkrankter COVID-19-Patienten deutlich vermindert. Dies geht aus den Ergebnissen hervor, die jetzt auf dem Preprint-Server medRxiv veröffentlicht wurden.

Der IL-6-Rezeptor-Blocker ist in der EU unter dem Handelsnamen RoActemra® zur Behandlung der rheuma­toiden Arthritis (RA) und von zwei Formen der juvenilen idiopathischen Arthritis zugelassen. Außerdem wird er zur Unterdrückung des Zytokin­sturms bei der CAR-T-Zelltherapie eingesetzt. Zytokinstürme stellen auch bei schweren COVID-19-Verläufen eine gefürchtete Komplikation dar, deshalb wurde der IL-6-Rezeptor-Blocker in dieser Indikation getestet.

Zwischen dem 23. April 2020 und dem 24. Januar 2021 waren 4116 Erwachsene für die Bewertung von Tocilizumab in die RECOVERY-Studie einbezogen worden. Davon benötigten 562 (14%) eine invasive mechanische Beatmung, 1686 (41%) erhielten nicht-invasive Atemunterstützung und 1868 (45%) lediglich Sauerstoff ohne Atemunterstützung. Eine weitere Eingangsvoraussetzung war der Nachweis systemischer Entzündungen (C-reaktives Protein ≥ 75 mg/l). Die Patienten wurden in zwei Gruppen mit dem üblichen Standard der Behandlung allein oder dem üblichen Standard plus Tocilizumab (eine intravenöse Dosis von 400 mg bis 800 mg je nach Gewicht) randomisiert. 82% der Patienten bekamen dem Behandlungsstandard entsprechend systemische Corticosteroide.

Foto: Tobias Arhelger – stock.adobe.com

Signifikant weniger Todesfälle

Die Therapie mit Tocilizumab reduzierte die Zahl der Todesfälle innerhalb der ersten 28 Tage (primärer Endpunkt) signifikant: In dieser Gruppe starben 596 von 2022 Patienten (29%), verglichen mit 694 von 2094 (33%) Patienten in der Kontrollgruppe (Rate Ratio: 0,86; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,77 bis 0,96). Basierend auf der absoluten Differenz von 4% bedeutet dies, dass für jeweils 25 mit Tocilizumab behandelte Patienten ein zusätz­liches Leben gerettet würde. Auch die sekundären Endpunkte wurden erreicht. So erhöhte Tocilizumab die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von 28 Tagen lebend aus dem Krankenhaus entlassen zu werden, von 47% auf 54% (Rate Ratio: 1,23; 95%-KI: 1,12 bis 1,34). Dieser Vorteil wurde in allen Patientenuntergruppen unabhängig von der Intensität der Beatmung beobachtet. Bei Patienten, die zu Beginn der Studie keine invasive Beatmung erhielten, verringerte Tocilizumab ­zudem die Wahrscheinlichkeit eines Fortschreitens bis zur invasiven Beatmung oder Tod signifikant von 38% auf 33% (Risk Ratio: 0,85; 95%-KI: 0,78 bis 0,93).

Wichtig ist die Kombination mit Steroiden

Die Daten legen aus Sicht der Forscher nahe, dass die Behandlung mit Tocilizumab in Kombination mit einem systemischen Corticosteroid (wie Dexamethason) die Mortalität bei COVID-19-Patienten mit signifikanter Entzündung und einfachem Sauerstoffbedarf um etwa ein Drittel und bei denjenigen, die eine invasive mechanische Beatmung brauchen, um fast die Hälfte verringert. Sie betonen, dass die Vorteile von Tocilizumab nicht für sich alleine stehen, sondern eindeutig zusätzlich zu denen der Steroidtherapie gesehen werden müssen. |

Literatur

Horby PW et al. Tocilizumab in patients admitted to hospital with COVID-19 (RECOVERY): preliminary results of a randomised, controlled, open-label, platform trial. medRxiv 2021. doi:0.1101/2021.02.11.21249258

Apothekerin Dr. Helga Blasius

 

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