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Der Elefant im Porzellanladen des Herzens

Epidemiologie, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten der Schlafapnoe

pj | Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom manifestiert sich nicht nur in einer mangelhaften Schlafqualität, sondern zieht ein ganzes Bündel an möglichen Folgeerkrankungen nach sich. Wie das komplexe Syndrom erkannt wird und welche Therapiemöglichkeiten bestehen, erläuterte Prof. Dr. Maritta Orth, Mannheim.
Foto: DAZ/Alex Schelbert

Prof. Dr. Maritta Orth erinnerte daran, dass man immer auch an ein Schlafapnoe-Syndrom denken sollte, wenn trotz hochdosierter Therapie eine Hypertonie nicht kontrolliert werden kann.

Ein Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) ist häufiger verbreitet als angenommen. Schätzungsweise sind 6% der Frauen und 13% der Männer betroffen, wobei mit einer höheren Dunkelziffer gerechnet werden muss. Bekannte Risikofaktoren sind stammbetontes Über­gewicht, ein kurzer, dicker Hals (Halsumfang > 43 cm), Alkoholkonsum (vor allem abends), männliches Geschlecht sowie Fehlbildungen der Mund-Kiefer-Gesichtsregion (z. B. eine große Zunge, Nasenpolypen, ein fliehendes Kinn). Die Symptomatik ist sehr umfassend; auffallend sind starkes, unregelmäßiges Schnarchen, Atemstillstände während des Schlafes, unruhiger Schlaf, ausgeprägte Tagesschläfrigkeit und imperativer Schlafdrang. Hinzu kommen Nachtschweiß, Nykturie, morgendliche Abgeschlagenheit, morgendliche Kopfschmerzen und Nachlassen der geistigen Leistungs­fähigkeit. Als fakultative Symptome können Potenzstörungen, Libidoverlust und Depressionen auftreten. Doch nicht genug: Eine Schlafapnoe ist mit zahl­reichen internistischen Erkrankungen assoziiert, z. B. Hypertonie, Schlaganfall, koronare Herzkrankheit, Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz. „Schlafapnoe als der Elefant im Porzellanladen des Herzens“, so die Charakterisierung durch Orth. Häufig stehen kardiologische Symptome bei ambulant betreuten Patienten im Vordergrund, die zugrunde liegende Ursache, nämlich ein Schlafapnoe-Syndrom, wird oft nicht erkannt. Hier sieht Orth eine wichtige Aufgabe des Apothekers, der den Patienten oder Arzt bei einem mangelhaften Ansprechen einer blutdrucksenkenden Therapie auf die Möglichkeit einer vorliegenden Schlafapnoe hinweisen kann.

Polysomnographie ist Goldstandard der Diagnostik

Die Diagnostik einer Schlafapnoe umfasst die klinische Untersuchung mit ausführlicher Inspektion des Nasen-, Mund- und Rachenraums, die skelettale Morphologie des Gesichtsschädels, die körperliche Anamnese (Halsumfang, Körperfettverteilung) sowie das ambulante Monitoring. Eingesetzt werden hier die Pulsoximetrie, die Polygraphie sowie als Goldstandard die Polysomnographie. Diese erfolgt im Schlaflabor und zeichnet die physiologischen Signale auf, die zu einer Bewertung des Schlafes erforderlich sind: z. B. Schlaf-EEG, Atemfluss, Atemanstrengung und Sauerstoffsättigung. Die erfassten Störungen können quantitativ mit einem Schweregrad angegeben werden. Hinzu kommt die Tagesdiagnostik, mit neurophysiologischen und neuropsychologischen Untersuchungen.

CPAP ist Goldstandard der Therapie

Die Behandlung einer Schlafapnoe umfasst unterstützende Maßnahmen wie Gewichtsreduktion, Meiden von abendlichem Alkoholkonsum und eine ansprechende Schlafhygiene. Es gibt keine spezielle medikamentöse Therapie. Häufig beworbene Mittel wie Nasenpflaster oder „Schnarchstopper“ bezeichnete Orth als unsinnig. Der Therapiestandard ist der kontinuierliche positive Atemwegsdruck (continuous positive airway pressure, CPAP). Durch Applikation eines positiven nasalen Drucks über eine Maske wird die Obstruktion der oberen Atemwege verhindert. Das hierzu erforderliche Gerät ist relativ klein und handlich. Entscheidend für den Therapieerfolg sind persönliche Zuwendung und die Schulung des Patienten und seiner Angehörigen, um die Compliance zu stützen. Eine mögliche Alternative bei leichten Beschwerden ist es, mithilfe spezieller Kissen oder eines „Schlafrucksacks“ die Rückenlage zu verhindern. Ferner können operative Verfahren Abhilfe schaffen. So können durch Resektionen im Bereich der oberen Atemwege Obstruktionen bzw. Behinderungen des Luftflusses beseitigt oder korrigiert werden. Eine ultima ratio ist die Tracheotomie. |

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