Pandemie Spezial

Praxistipps zum antiseptischen Gurgeln und Sprühen

Rezepturen und gezielte Maßnahmen zur COVID-19-Prävention

Von Axel Kramer, Maren Eggers, Martin Exner, Nils-Olaf Hübner, Arne Simon, Eike Steinmann, Peter Walger und Paula Zwicker | Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt schon seit Längerem antiseptisches Gurgeln und Sprühen mit antiseptischen Nasensprays zur Reduzierung des SARS-CoV-2-Infektionsrisikos. In DAZ 2022, Nr. 11, S. 28 wurde der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand zusammengefasst. Im Folgenden beantwortet die Gesellschaft Praxisfragen zu Herstellung und Haltbarkeit entsprechender Lösungen und Sprays.

In verschiedenen Bereichen der Infektionsprävention konnte durch Anwendung der Maßnahmen in Form eines Maßnahmebündels im Vergleich zur Umsetzung der Einzelmaßnahme die höchste Schutzwirkung erzielt werden. Bisher werden allerdings im Präven­tionsbündel gegen COVID-19 mit den Kernkomponenten Schutzimpfung, Mund-Nasen-Schutz, Abstand wahren, Händehygiene und regelmäßiges Lüften in Innenräumen antiseptisches Gurgeln und antiseptisches Nasenspray als einfach durchführbare Basismaßnahme zu wenig beachtet.

Der Nasen-Rachen-Raum ist Eintrittspforte und Ausgangspunkt für SARS-CoV-2. Da die Viruslast bei der Deltavariante im Nasopharyngealabstrich, bei der Omikronvariante im Speichel höher ist, müssen beide Bereiche in der Prävention berücksichtigt werden. Da ein großer Teil der Infizierten das Virus bereits vor Auftreten erster Symptome freisetzt, sind täglich durchzuführende Schutzmaßnahmen, die die Viruslast im Nasen-Rachen-Raum reduzieren, sinnvoll, da die Wahrscheinlichkeit des Angehens der Infektion mit dem Ausmaß der Expo­sition zunimmt. Da die anfängliche Viruslast Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung nach der Infek­tion hat, kann durch viruzide Antiseptik an den Eintrittspforten auch die sich manifestierende Infektion im Krankheitsverlauf gemildert werden.

Aufgrund von Anfragen zum Beitrag „Ansteckung verhindern – Mit antiseptischen Gurgellösungen SARS-CoV-2-­Infektionen vorbeugen“ in der Ausgabe Nr. 11/2022 der DAZ und zum Beitrag „Corona: Schützen Gurgeln und FFP2-Maske vor Omikron-Ansteckung?“ im Gesundheitsmagazin Visite des NDR am 5. April 2022 wurden Rezepturvorschläge zur Herstellung von Gurgellösungen und Sprays im Haushalt erarbeitet, weil bisher in Deutschland keine handelsüblichen Antiseptika mit reduziertem Gehalt an PVP-Iod zur Verfügung stehen. Außerdem wird eine Unterscheidung in Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und zum Schutz von Beschäftigten im Gesundheitswesen vorgenommen.

Viruzid wirksame verdünnte PVP-Iod-Lösung

Zur Mundspülung / zum Gurgeln: 0,23%ige Lösung als Eigenherstellung: 1 Teelöffel handelsübliches Betaisodona Mund-Antiseptikum in zur Hälfte (100 ml) mit lauwarmem Wasser gefülltes Wasserglas geben.

Zum Sprühen: Zur Herstellung einer kleineren Menge, z. B. zur Füllung eines Sprayapplikators zur Anwendung in der Nase, 1 Teelöffel Betaisodona Mund-Anti­septikum + 5 Teelöffel Wasser.

Da die verdünnte Lösung nur kurze Zeit stabil ist, müssen die Verdünnungen stets frisch angesetzt werden.

1,25%ige Lösung zur Prä- oder Postexpositionsprophylaxe als Apotheken- oder Eigenherstellung:Apothekenherstellung: gemäß Neuem Rezeptur-Formularium (NRF 15.13).

Eigenherstellung: 3 Teelöffel Betaisodona Mund-Antiseptikum in zur Hälfte (100 ml) mit lauwarmem Wasser gefülltes Wasserglas geben (stets frisch ansetzen).

Foto: contrastwerkstatt/AdobeStock

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt bei Aerosol­bildungsgefahr zum Schutz von im Gesundheitswesen Tätigen antiseptisches Gurgeln und Sprühen.

Präventiv unterstützende Zubereitungen

Kochsalzlösung: Gestrichener Tee­löffel Kochsalz in 100 ml lauwarmem Wasser lösen, etwa Menge eines Schnapsglases in den Mund nehmen, jeweils vor dem Einatmen Gurgeln unterbrechen, Vorgang etwa drei Minuten lang wiederholen, abschließend Gurgellösung ausspeien.

Salbeitee: Etwa 3 g Salbeiblätter mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 min ziehen lassen, Tee durch Sieb gießen, mit noch warmer Salbei-Lösung gurgeln.

Antiseptischer Bevölkerungsschutz

Epidemische Situation

Empfohlen werden in einer epidemischen Situation die nachfolgenden antiseptischen Maßnahmen für Mund, Rachen und Nasenhöhle morgens und abends, falls möglich dreimal am Tag und zusätzlich nach gemeinschaft­licher Esseneinnahme oder gemeinschaftlichen Aktivitäten (z. B. in Einrichtungen der Altenpflege oder Rehabilitation, nach privaten Gruppentreffen, religiösen Anlässen sowie Heimkehr aus Schule und Kindergarten).

Mundspülung / Gurgeln: Kombina­tion ätherischer Öle mit Ethanol (z. B. Listerine® Cool mint); für Personen mit Alkoholunverträglichkeit oder besonderer Schleimhautempfindlichkeit Kombination ätherischer Öle ohne Alkohol (z. B. Listerine® Cool Mint milder Geschmack).

Da gesunde Kinder durch die akute SARS-CoV-2-Infektion nicht gefährdet sind (die meisten erkranken milde oder sind asymptomatisch), ist wegen des besseren Geschmacks für Kinder grüner Tee oder Aroniasaft besser geeignet. Effektives Gurgeln ist mit einiger Übung in der Regel ab dem Schulalter möglich.

Nasenhöhle: Morgens und abends Nasenspray auf Basis von Carragelose® (z. B. Algovir® Erkältungsspray); vermutlich wirksamer ist 0,23%ige PVP-Iod Lösung (Eigenherstellung s. o.).

Geringes Infektionsrisiko

Empfohlen werden bei geringem Infektionsrisiko die nachfolgenden antiseptischen Maßnahmen für Mund, Rachen und Nasenhöhle morgens und abends, falls möglich dreimal am Tag und zusätzlich nach gemeinschaft­licher Esseneinnahme oder gemeinschaftlichen Aktivitäten (z. B. in Einrichtungen der Altenpflege oder Rehabilitation, nach privaten Gruppentreffen, religiösen Anlässen sowie Heimkehr aus Schule und Kinder­garten).

Mundspülung / Gurgeln: Kochsalz­lösung (Eigenherstellung s. o.); alter­nativ Grüner Tee, Salbeitee, Aronia- oder Granatapfelsaft, Mundwasser auf Basis ätherischer Öle.

Nasenhöhle: Nasenspray auf Basis von Carragelose® (z. B. Algovir® Erkältungsspray) oder von Kochsalzlösung als unkonserviertes Produkt und ohne Zusatz abschwellender Mittel (z. B. Hysan® Salinspray® oder Rinupret®); alternativ Kochsalzlösung (Eigenherstellung s. o.) durch Einatmen in die Nase einziehen.

Patientenseitige Präexpositionsprophylaxe

In Folgenden werden Maßnahmen zur patientenseitigen Präexpositionsprophylaxe beschrieben, die das Personal im Gesundheitswesen bei Aerosol-erzeugenden Eingriffen schützen sollen.

Vor zahnärztlicher Behandlung, Intubation, Rhinoskopie und Bronchoskopie wird die viruzide Antiseptik in der Mundhöhle bzw. im Vestibulum nasi empfohlen. Der Patient bzw. die Patientin wird aufgefordert, die Mund­höhle gründlich auszuspülen, die Lösung auszuspeien und anschließend zu gurgeln. Bei nasalem Zugang empfiehlt sich zusätzlich die Anwendung von 1,25%iger PVP-Iod-Lösung als Spray.

Mundspülung / Gurgeln: 1,25%ige PVP-Iod-Lösung (Herstellung s. o.); alternativ Mundwasser auf Basis ätherischer Öle. Bei Kontraindikationen gegen Iod (Hyperthyreose, autonomes Adenom der Schilddrüse, Iod-Allergie) Formulierungen auf der Basis ätherischer Öle.

Nasenhöhle: 1,25%ige PVP-Iod-Lösung (Herstellung s. o.) als Sprüh­applikation.

Postexpositionsprophylaxe

Nach bekannt gewordenem ungeschützten Kontakt mit SARS-CoV-2-Infizierten für die Dauer von 14 Tagen:

  • Gurgeln mit Mundwasser auf Basis ätherischer Öle ohne oder mit Ethanol in Kombination mit
  • Nasenspray mit 1,25%iger PVP-Iod-Lösung (Herstellung s. o.); bei Kontraindikation für Iod Nasenspray auf Basis von Hypochlorit (Plasma Liquid Nasensprüh-Gel).
  • Nach Augenkontamination einmalig Spülen mit 1,25%iger PVP-Iod-Lösung (Herstellung s. o.).
  • Nach akzidenteller Verletzung mit Infektionsrisiko durch SARS-C0V-2 PVP-I als alkoholische Formulierung (z. B. Braunoderm® oder Betaseptic®).

Für die Autoren

Dr. Peter Walger, Arzt für Innere Medizin, Intensivmedizin, Infektiologe (DGI), ABS-Experte (DGKH), Sprecher des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. (DGKH), die diese Empfehlungen veröffentlicht hat.

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