Arzneimittel und Therapie

Wundermittel Ketamin?

Zum therapeutischen Potenzial des Narkosemittels abseits der Notfallmedizin

Das Anästhetikum Ketamin wagt sich immer weiter aus seinem abgesteckten Territorium ­heraus und kommt zunehmend bei Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sowie in der Schmerztherapie zum Einsatz. Zugelassen im psychiatrischen Indikationsgebiet ist bisher einzig ein Nasenspray mit dem Wirkstoff Esketamin. Genügt die Datenlage, um auch Ketamin-­Infusionen für die breite Anwendung zu rechtfertigen? | Von Rika Rausch 

Ketamin wurde in den 1960er-Jahren als Narkose- und Schmerzmittel entwickelt und ist bis heute weltweit im Einsatz. Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt es zu den unentbehrlichen Arzneimitteln. Erste Hinweise auf eine antidepressive Wirkung gab es bereits 1975 im Mäuseversuch [1]. Doch wegen seiner psychedelischen Wirkung wurde und wird Ketamin als Rauschmittel („Special K“) missbraucht. Unter den Halluzinogenen nimmt es eine ­Sonderstellung ein, da es eine starke Bewusstseinstrübung, eine Verminderung der sensorischen Wahrnehmung und massive Denk- und Gedächtnisstörungen verursacht. Die Regulation von Ketamin wurde bis zur Jahrtausendwende zunehmend verschärft. Im Jahr 2000 wurde die antidepressive Wirkung im Rahmen einer kleinen Studie am Menschen bestätigt. Das Interesse daran blieb zunächst verhalten, wuchs aber in den vergangenen zehn Jahren stetig.

Ketamin allgemein

Ketamin ist ein racemisches Cyclohexanon-Derivat, dessen Wirkung hauptsächlich auf der nichtkompetitiven Hemmung von N-Methyl-D-Aspartat(NMDA)-Glutamat-Rezeptoren beruht. Es hat zudem unter anderem Affinität zu Opioid- und AMPA-Rezeptoren [2]. Ketamin bewirkt eine dissoziative Anästhesie, das bedeutet, der Patient schläft während der Narkose oberflächlich „von der Umwelt abgetrennt“, ohne dabei die Atmungsfunktion zu beeinträchtigen. Aufgrund seiner bronchienerweiternden Eigenschaften ist Ketamin auch zur Behandlung von häufigen und dauerhaften Anfällen von Atemnot (therapieresistenter Status asthmaticus) zugelassen, zudem zur Schmerzbekämpfung bei Intubation [3]. Die Potenz von (S-)Ketamin ist etwa doppelt so hoch wie die des racemischen Ketamins in gleicher Dosis [3]. Ketamin kann intravenös, intramuskulär und nasal verabreicht ­werden. Bei oraler Gabe ist die Bioverfügbarkeit wegen eines ausgeprägten First-Pass-Effekts sehr gering [4].

Antidepressive Wirkung im Fokus

Die Mechanismen der antidepressiven Wirkung werden ­derzeit intensiv erforscht. Auffallend ist die schnelle anti­depressive Reaktion bereits nach einer Einzelgabe, was ­Ketamin als eine Art Notfall-Medikament bei schweren ­Depressionen interessant macht. Diese Wirkung hält nach dem Abbau im Körper mehrere Tage lang an. Wissenschaftler entdeckten vor Kurzem, dass sich ein Kaliumkanal (KCNQ2) nach Ketamin-Behandlung in einer bestimmten Neuronenart im Hippocampus verändert [5]. In dieser Hirnregion wird ein Teil der antidepressiven Reaktionen gesteuert. Der Kanal KCNQ2 ist dafür bekannt, dass er die neuronale ­Stabilität aufrechterhält. Er soll wie eine Bremse auf Neurone wirken, die aufgrund von Reizen übermäßig stark Impulse abfeuern. Eine Aktivierung des Kaliumionen-Kanals mit dem Arzneimittel Retigabin verstärkte im Mausmodell die antidepressive Wirkung von Ketamin. Denkbar wäre eine gleichzeitige Gabe zur Reduktion der Ketamin-Dosis.

Akute Suizidgefahr

Bisher ist Ketamin nur in Form seines Enantiomers Esket­amin in Kombination mit einer oralen antidepressiven Therapie (SSRI oder SNRI) zur Akutbehandlung eines psychiatrischen Notfalls bei Erwachsenen mit einer mittelgradigen bis schweren Episode einer Major Depression zugelassen [6]. Das Nasenspray Spravato® ist seit 2019 auf dem deutschen Markt verfügbar. Bisher ist es ausschließlich für den stationären ­Bereich vorgesehen und nur über Klinik-Apotheken zu ­beziehen. Die kleinste Packungsgröße orientiert sich gemäß der Indikation am medikamentösen Therapieschema der zu behandelnden Patienten und entspricht 24 Einzelsprays. Der Herstellerabgabepreis beläuft sich auf 5331,85 Euro.

Hersteller Janssen bestätigt aktuelle Bemühungen, das Evidenzpaket für Spravato® im Bereich der therapieresistenten Major Depression (TRD) zu erweitern und den Einsatz im ambulanten Setting ermöglichen zu können, sobald genügend Daten vorliegen.

Nach Einschätzung von Prof. Dr. med. Gerhard Gründer, ­Professor für Psychiatrie und Leiter der Abteilung für Molekulares Neuroimaging am Zentralinstitut für Seelische ­Gesundheit in Mannheim, wird das Nasenspray bisher nur zurückhaltend eingesetzt (siehe Interview unten). Dafür sind mehrere Gründe denkbar, allen voran der hohe Preis. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam 2021 zu dem Urteil, dass ein Zusatznutzen gegenüber Standardtherapien nicht belegt sei. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft schloss sich dieser Bewertung an [7]. Einen Dämpfer gab 2021 auch eine Metaanalyse, die zu dem Schluss kam, dass das Racemat dem S-Enantiomer bei der Reduktion depressiver Symptome überlegen ist [8]. Möglicherweise schützt das R-Enantiomer gegen einige der psychopathologischen Effekte des S-Enantiomers. Kritisiert wird zudem das Problem der Resorption, da die nasale Applikation naturgemäß Schwankungen ­unterliegt. Die Zulassung verlangt, dass das Nasenspray nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet wird. Da das Nasenspray keine Vorteile gegenüber der intravenösen Gabe hat, werden in der Praxis zunehmend Ketamin-Infusionen ­außerhalb der zugelassenen Indikationen eingesetzt:

Depression

Die schnell einsetzende Wirkung einer Einzeldosis racemischen Ketamins, die trotz des metabolischen Abbaus einige Tage andauert, macht den großen Unterschied zu „herkömmlichen“ Anti­depressiva. Weder müssen die zwei üblichen Wochen bis zum Erreichen einer antidepressiven Wirkung abgewartet, noch das Arzneimittel täglich verabreicht werden. Ketamin bleibt trotz des verhaltenen Erfolgs des Nasensprays somit ein vielversprechender Kandidat in der Behandlung therapie­resistenter Depressionen. Die intravenöse Gabe erfolgt in dieser Indikation derzeit off-label, beispielsweise im Rahmen einer Augmentierten Psychotherapie (siehe Kasten „Eine Reise nach innen: So läuft eine Ketamin-Behandlung ab“) [1].

„Eine Reise nach innen“ So läuft eine Ketamin-Behandlung ab

Bei der augmentierten Psychotherapie werden psychotherapeutische und psychiatrische Methoden mit ­psychedelischen Behandlungsstrategien kombiniert. Ein Ziel dieser Methode ist es, die kurzfristigen anti­depressiven Effekte von Ketamin langfristig zu festigen. Bevor Ketamin ins Spiel kommt, lernen die Patienten in mehreren therapeutischen Sitzungen den/die Therapeut/in kennen. Mit nicht-pharmakologischen Methoden werden sie an veränderte Bewusstseinszustände heran­geführt. Danach haben sie die Möglichkeit, mithilfe von Ketamin ihre Erfahrungen in veränderten Bewusstseinszuständen noch zu intensivieren. Die Dosierung wird individuell festgelegt. Die Behandlung erfolgt in speziellen Therapieräumen unter dem Einfluss von Musik und wird über mehrere Wochen durchgeführt. Jede ­Ketamin-Infusion wird fachärztlich anästhesiologisch überwacht. Anschließend werden die Erfahrungen ­besprochen und ausgewertet. Auf der Website der Ovid-Praxis wird das Gefühl, das sich unter Ketamin einstellt, wie folgt beschrieben: „Es kommt für eine ­gewisse Zeit zu intensiven Veränderungen von Wahrnehmung, Gefühlen und Gedanken. Bei psychischen ­Erkrankungen treten häufig wiederkehrende Gedanken­muster auf und manche Emotionen oder Erinnerungen sind nur schwer zugänglich. Im veränderten Bewusstseinszustand können diese Gedankenmuster durch­brochen werden und eine neue Bewertung erfahren. Ebenso erleben Menschen häufig wieder ein volleres Spektrum an Emotionen und haben einen besseren ­Zugang zu wichtigen Erinnerungen.“

Mehrere Studien belegen positive Effekte von intravenös verabreichtem Ketamin auf die Symptomatik einer Depression [9, 10]. Zarate et al. beobachteten 2006, dass die anti­depressive Wirkung einer einzigen Dosis innerhalb von zwei Stunden einsetzte, etwa eine Woche lang anhielt und danach schnell wieder abflachte [10]. Doch die Evidenz ist nach wie vor unsicher. Das vorsichtige Fazit eines Coch­rane-Reviews aus dem Jahr 2021 lautet: Sowohl Ketamin als auch Esketamin sind nach 24 Stunden möglicherweise wirksamer als Placebo bei unipolaren depressiven Stör­ungen. Wie sich diese Ergebnisse in der klinischen Praxis umsetzen lassen, ist aber noch nicht klar [11]. Eine mögliche Strategie, um die Dauer der antidepressiven Wirkung von Ketamin zu verlängern, sind wiederholte Ketamin-­Infusionen [12].

Man versucht derzeit herauszufinden, welche Patienten am ehesten von einer Behandlung profitieren. Price et al. konnten keine klinischen oder demografischen Merkmale auf Patienten­ebene feststellen, die als Entscheidungshilfe ­dienen könnten [13]. Der Nutzen einer Ketamin-Behandlung war im Vergleich zu Placebo aber größer bei Patienten, die gegen frühere Medikamente resistent waren.

Die Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression (Stand: 2022) rät von der Anwendung von Ketamin i. v. im ambulanten Bereich ab, weil die Evidenzqualität niedrig ist und dem zu erwartenden kurzzeitigen Nutzen relevante ­Nebenwirkungen gegenüberstehen [14]. Im stationären ­Setting sieht die Leitliniengruppe eine Indikation im ­Einzelfall bei schwersten therapieresistenten Störungen, insbesondere in Verbindung mit akuter Suizidalität.

Zwangsstörungen

Ketamin ist auch in der Behandlung von Zwangsstörungen interessant. Die in dieser Indikation vorrangig eingesetzten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SRI) bringen die Limitationen mit sich, dass mehrere Tage bis Monate bis zum Wirkeintritt vergehen können und die Symptome meist nur unvollständig gelindert werden. Es verdichten sich die Hinweise, dass das Glutamatsystem eine Rolle in der Patho­physiologie von Zwangsstörungen spielt. Ketamin als NMDA-­Rezeptor-Antagonist konnte im Rahmen von Studien bereits nach Einzelgaben eine schnelle Wirkung gegen Zwangs­störungen erzielen. In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie erhielten 15 Pro­banden mit nahezu konstanten Zwangsvorstellungen zwei 40-­minütige intravenöse Infusionen, eine mit Kochsalzlösung und eine mit Ketamin (0,5 mg/kg Körpergewicht) [15]. Eine Woche nach der Infusion erfüllten 50% der mit Ketamin behandelten Personen (n = 8) die Kriterien für ein An­sprechen auf die Behandlung gegenüber 0% der mit Placebo behandelten Personen (n = 7). Die rasche Wirkung kann bei einigen Zwangspatienten mit ständigen aufdringlichen Gedanken mindestens eine Woche lang anhalten.

Angststörungen

Mehrere klinische Studien deuten zudem darauf hin, dass Ketamin auch anxiolytische Wirkungen hat. Dafür spricht, dass Erwachsene mit schweren depressiven Störungen, die eine einzige Ketamin-Infusion erhielten, eine signifikante Verringerung der komorbiden Angstsymptome gezeigt ­haben. Eine doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Crossover-Studie mit 18 Erwachsenen aus dem Jahr 2018 ­lieferte erste Hinweise darauf, dass Ketamin bei der Ver­ringerung von Angstzuständen wirksam sein kann [16]. Insgesamt schien Ketamin in der Behandlung von sozialen Angstsymptomen jedoch nur kurzfristig wirksam zu sein.

Schmerzen

Die analgetische Wirkung von Ketamin tritt bereits bei subdissoziativen Dosen auf und überdauert die Anästhesie. Sie wird teilweise durch Naloxon aufgehoben und wird vorwiegend in der Notfallmedizin ausgenutzt. Laut eines Reviews aus dem Jahr 2016 besteht die Möglichkeit, mit niedrig ­dosiertem perioperativem Ketamin den Opioid-Verbrauch und chronische postoperative Schmerzen nach bestimmten chirurgischen Eingriffen zu verringern [4].

Eine andere Idee liegt dem Therapieversuch zugrunde, mit intravenös appliziertem Ketamin chronische Schmerzen zu lindern. Bekanntermaßen gehen Schmerzsyndrome häufig mit Depressionen einher, andersherum verschlimmern ­Depressionen körperliche Schmerzen. Durch die Erfahrungen im veränderten Bewusstsein unter Ketamin-Einfluss erhofft man sich eine neue Bewertung und einen anderen Umgang mit der Schmerzsymptomatik. Doch die Evidenzlage ist noch dünn.

Eine Metaanalyse bestätigte 2019, dass die intravenöse ­Verabreichung von Ketamin bei Patienten mit therapie­resistenten chronischen Schmerzen kurzfristig einen ­analgetischen Nutzen bringen kann, wobei es Hinweise auf eine Dosis-­Wirkungs-Beziehung gibt [17]. Doch die lang­fristigen Auswirkungen sind noch ungewiss und es sind größere, multizentrische Studien mit längerer Nachbeobachtung erforderlich, um die Patienten besser auswählen und das optimale Behandlungsprotokoll bestimmen zu können.

Im Fall von neuropathischen Schmerzen kann eine Ketamin-­Infusion kurzfristig für weniger als drei Monate eine ­klinisch wirksame Schmerzlinderung bewirken [18]. Allerdings ist auch hier die Heterogenität der verfügbaren ­Studien groß und es bleiben viele Fragen offen.

Schwere Nebenwirkungen möglich

Das Wissen um die Wirkungen von Ketamin abseits der Notfallmedizin wächst stetig. Im Fokus stehen insbesondere dessen antidepressiven Effekte. Zugelassen ist bisher ein Nasenspray mit dem S-Enantiomer, das bei Erwachsenen mit einer mittelgradigen bis schweren Episode einer Major ­Depression bei akuter Suizidgefahr im stationären Setting zum Einsatz kommt. Die intravenöse Gabe bleibt in psychiatrischen Indikationen ein Off-Label-Use, der in die Hände von erfahrenen Ärzten gehört. Von unseriösen Angeboten in In- und Ausland ist dringend abzuraten. Bei falscher Anwendung kann Ketamin unangenehme Nebenwirkungen wie Depersonalisation, Dissoziation, Denkstörungen, Nystagmus und psychotomimetische Wirkungen hervorrufen. Anaphylaktische Reaktionen sind selten. Als klinische Symptome einer Überdosierung sind Krämpfe, Herzrhythmusstörungen und Atemstillstand zu erwarten. Ein spezifisches Antidot ist bislang nicht bekannt. Ketamin darf nicht bei Patienten ­angewendet werden, für die ein erhöhter Blutdruck oder ein gesteigerter Hirndruck ein ernsthaftes Risiko darstellt, ebenso wenig in der Schwangerschaft.

Als Langzeitmedikament eignet sich Ketamin nicht, so viel ist bekannt. In der Fachinformation von intravenös zu applizierendem Ketamin wird vor Zystitis, akuter Nierenschädigung, Hydronephrose und Harnleiterstörungen gewarnt, was auch bei Ketamin-Missbrauch relevant wird [3].

Fazit

Und damit zurück zur Eingangsfrage: Nein, Ketamin ist kein Wundermittel, wie Prof. Gerhard Gründer, der selbst eine ­Ketamin-unterstützte Psychotherapie in seiner Praxis anbietet, im Interview auf S. 32 erläutert. Für einige Patienten kann diese Methode aber ein Lichtblick sein. Die Kosten im mittleren vierstelligen Bereich muss der Patient selbst tragen. Die Autoren der Nationalen Versorgungsleitlinie sehen die Gefahr einer Fehlversorgung aus kommerziellem Interesse. Um evidenzbasierte Praxisleitlinien zu etablieren und die Behandlung irgendwann möglicherweise als Kassenleistung ins Spiel zu bringen, ist noch viel Forschung nötig, insbesondere zu Langzeiteffekten, einschließlich eines erhöhten Missbrauchs- und/oder Abhängigkeitsrisikos, und zur Frage, welche Patienten von einer Therapie profitieren.

Das bisher gewonnene Wissen hat aber bereits das Verständnis zur Pathophysiologie von Depressionen nachhaltig verändert. So sieht man sie heute nicht mehr allein als ­Störung der Monoamin-Neurotransmitter-Systeme, sondern auch als Störung der Neuroplastizität. Diese Erkenntnis hat den Weg für die Entwicklung neuer vielversprechender Therapeutika geebnet. |

Literatur

 [1] Psychedelische Ketamintherapie. Informationen der Ovid Praxis, Praxis für Psychiatrie & Psychotherapie, https://ovid-clinics.com/ketamintherapie/

 [2] Thase M et al. Ketamine and esketamine for treating unipolar depression in adults: Administration, efficacy, and adverse effects. www.uptodate.com/contents/ketamine-and-esketamine-for-treating-unipolar-depression-in-adults-administration-efficacy-and-adverse-effects?search=ketamine-and-esketamine-for-treating-unipolar-depression-in-adults-administration-efficacy-and-adverse-effects),&source=search_result&selectedTitle=1~150&usage_type=default&display_rank=1, Stand: 1. September 2022

 [3] Ketamin-hameln 50 mg/ml Injektionslösung. Fachinformation, Stand: April 2020

 [4] Peltoniemi MA et al. Ketamine: A Review of Clinical Pharmacokinetics and Pharmacodynamics in Anesthesia and Pain Therapy. Clin Pharmacokinet 2016;55(9):1059-1077

 [5] Neuer antidepressiver Wirkmechanismus von Ketamin entdeckt. Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts vom 1. Juni 2022, www.psych.mpg.de/2852504/mechanism-ketamine-antidepressant-action

 [6] Spravato® 28 mg Nasenspray, Fachinformation, Stand: Mai 2022

 [7] Esketamin (Spravato®) – frühe Nutzenbewertung. Informationen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Arzneiverordnung in der Praxis 2021;3, www.akdae.de/arzneimitteltherapie/arzneiverordnung-in-der-praxis/ausgaben-archiv/ausgaben-ab-2015/ausgabe/artikel/2021/2021-03-04/esketamin-spravator

 [8] Bahji A et al. Comparative efficacy of racemic ketamine and esketamine for depression: A systematic review and meta-analysis. J Affect Disord 2021;278:542-555

 [9] Memon RI et al. Effectiveness and Safety of Ketamine for Unipolar Depression: a Systematic Review. Psychiatr Q 2020;91(4):1147-1192

[10] Zarate et al. A randomized trial of an N-methyl-D-aspartate antagonist in treatment-resistant major depression. Arch Gen Psychiatry 2006;63:856-864

[11] Dean RL et al. Ketamine and other glutamate receptor modulators for depression in adults with unipolar major depressive disorder (Review). Cochrane Database of Systematic Reviews 2021;9:Art. No.: CD011612, DOI: 10.1002/14651858.CD011612.pub3

[12] Yavi M et al. Ketamine treatment for depression: a review. Discov Ment Health 2022;2(1):9, doi: 10.1007/s44192-022-00012-3

[13] Price RB et al. International pooled patient-level meta-analysis of ketamine infusion for depression: In search of clinical moderators. Mol Psychiatry 2022; doi: 10.1038/s41380-022-01757-7

[14] Unipolare Depression. Nationale Versorgungsleitlinie, Stand: 2022, AWMF-Register-Nr. nvl-002

[15] Rodriguez et al. Randomized controlled crossover trial of ketamine in obsessive-compulsive disorder: proof-of-concept. Neuropsychopharmacology 2013; 38:2475-2483

[16] Taylor JH et al. Ketamine for Social Anxiety Disorder: A Randomized, Placebo-Controlled Crossover Trial. Neuropsychopharmacology 2018;43(2):325-333

[17] Orhurhu V et al. Ketamine Infusions for Chronic Pain: A Systematic Review and Metaanalysis of Randomized Controlled Trials. Anesth Analg 2019;129(1):241-254

[18] Zhao J et al. The Effect of Ketamine Infusion in the Treatment of Complex Regional Pain Syndrome: a Systemic Review and Meta-analysis. Curr Pain Headache Rep 2018;22(2):12

Autorin

Rika Rausch ist Apothekerin und Journalistin. Seit 2017 arbeitet sie neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke als freie Mitarbeiterin bei der DAZ.

Kein Ketamin ohne Psychotherapie!

Ein Interview

Prof. Dr. med. ­Gerhard Gründer

In puncto Ketamin und Depressionen ist das letzte Wort längst nicht gesprochen. Im Jahr 2018 stand die Zulassung des Esketamin-­Nasensprays kurz bevor. Wir baten damals Prof. Dr. med. Gerhard Gründer, Professor für Psychiatrie und Leiter der Abteilung für Molekulares Neuroimaging am Zentral­institut für Seelische Gesundheit in Mannheim, um eine Einordnung der neuen Therapieoption – und nun erneut mit vier Jahren Wissenszuwachs.

DAZ: 2018 warnten Sie vor zu großer Euphorie und sagten entschieden, dass Ketamin das Problem mit Depressionen nicht lösen wird. Hat sich an dieser Meinung in den vergangenen vier Jahren etwas geändert?

Gründer: Nein, an dieser Auffassung hat sich nichts geändert. Kein Arznei­mittel wird dafür sorgen, dass es Depressionen und Angst­erkrankungen nicht mehr geben wird. Auf der einen Seite sind diese Erkrankungen wahrscheinlich Folge der Evolution und der menschlichen Hirnentwicklung. Zum Zweiten spricht auch auf Ket­amin nur ein Teil der damit behandelten Patienten an.

DAZ: Welches Potenzial sehen Sie heute in dieser Therapieoption? Bei welchen Patienten lohnt sich ein Versuch?

Gründer: Esketamin ist zugelassen für die Behandlung depressiver Episoden, die auf die Behandlung mit zwei Antidepressiva nicht angesprochen haben oder für den psychiatrischen Notfall, das heißt konkret bei akuter Suizidalität. Hier hat Esket­amin den Vorteil des sehr schnellen Wirkeintritts. Dies sind die Patienten, die auch damit behandelt werden sollten. Die Behandlung mit ­Ketamin stellt demgegenüber eine Off-­Label-Behandlung dar.

DAZ: Wie häufig setzen Sie das inzwischen zugelassene Esketamin-Nasenspray ein? Zeichnet sich ein Trend ab?

Gründer: Nach meiner Einschätzung wird das Esketamin-Nasenspray noch zurückhaltend eingesetzt. Das liegt an dem hohen Preis. Viele Kliniker setzen nach wie vor das viel günstigere Ketamin ein, auch wenn das eine Off-Label-Behandlung darstellt.

DAZ: Sie kritisierten damals die Entwicklung, dass private Praxen Ket­amin-Infusionen anbieten. Heute bieten Sie in der Ovid-Praxis in Berlin selbst eine Ketamin-augmentierte Psychotherapie an. Haben wir mittlerweile genug gelernt, um diese Off-Label-Therapie aus dem stationären Setting zu holen? Welche Gefahren sehen Sie?

Gründer: In unserer Praxis in Berlin führen wir eine Ketamin-unterstützte Psychotherapie durch. Im Vordergrund steht die Psychotherapie. Die „psychedelischen“ Eigenschaften von Ketamin werden genutzt, um ­Patienten emotional zu öffnen und Lernprozesse zu erleichtern. Das steht in diametralem Gegensatz zum Konzept der verbreiteten „Ketamin-Praxen“. Dort steht die pharmakologische Therapie ganz im Vordergrund, eine Psychotherapie wird oft gar nicht durchgeführt. Damit wird dann die Ketamin-Therapie oft zur Dauertherapie. Eine solche ist immer mit Risiken verbunden.

DAZ: Oft sind aber mehrere Ketamin-Gaben über mehrere Wochen nötig, da die antidepressive Wirkung nicht lange anhält. Handelt es sich in ­diesem Fall nicht um eine Dauer­therapie? Beobachten Sie eine Art Resistenzentwicklung?

Gründer: Im Rahmen der Ketamin-unterstützten Psychotherapie soll explizit eine Dauertherapie vermieden werden. Eine Dauertherapie birgt immer das Risiko, dass das ­Gehirn hierauf adaptiv reagiert. ­Damit kann dann auch ein Verlust der Wirkung verbunden sein. Nichtsdestotrotz kann man schon heute ­sagen, dass einige Patienten auch von einer Dauertherapie sehr profitieren. Einigen wird dadurch zum ersten Mal seit Langem wieder ein Leben in Gesundheit ermöglicht.

DAZ: Herr Professor Gründer, vielen Dank für das Gespräch!

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