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Pharmazeutische Dienstleistungen
Mehr Pharmazie für Patienten
Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf fünf neue Leistungen in der Apotheke
Für diese pharmazeutischen Dienstleistungen stehen 150 Millionen Euro zur Verfügung. Arbeitshilfen der Bundesapothekerkammer sollen den Einstieg erleichtern https://www.abda.de/pharmazeutische-dienstleistungen/. Ein wichtiges Anliegen der DAZ war es, diese Dienstleistungen aus pharmazeutisch-medizinischer Sicht zu begleiten.
Standardisiert Blutdruck messen
Die „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ soll Patientinnen und Patienten die Möglichkeit geben, den Erfolg ihrer medikamentösen Blutdruckeinstellung standardisiert in der Apotheke kontrollieren zu lassen. Werden bei der Blutdruckmessung in der Apotheke auffällig erhöhte Blutdruckwerte gemessen, so soll die Apotheke die Patienten an die betreuenden Ärzte verweisen. Ziel ist es, frühzeitig zu erkennen, wann eine antihypertensive Therapie angepasst bzw. intensiviert werden sollte. Auch kann so die Therapietreue gefördert werden. Durch einen optimal eingestellten Blutdruck sollen langfristig vor allem blutdruckbedingte Endorganschäden wie Schlaganfall, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz oder Nierenfunktionsstörungen vermieden werden.
Anspruchsberechtigt sind Versicherte mit nach Selbstauskunft bekanntem Bluthochdruck und mindestens einem verordneten Antihypertensivum ab zwei Wochen nach Therapiebeginn einmal alle zwölf Monate und darüber hinaus sowie bei Änderung der antihypertensiven Medikation ab zwei Wochen nach Einlösung einer Neuverordnung. Die Dienstleistung „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“ wird mit 11,20 Euro honoriert.
Für die DAZ hat ein Autorenteam um Dr. Christian und Dr. Klaus Fehske die Aufgabe übernommen, noch einmal die Grundlagen der Blutdruckmessungen zu vermitteln, die unterschiedlichen Messmethoden vorzustellen und auf deren Limitationen und Fehlerquellen einzugehen (DAZ 41, S. 46). Daraus ergeben sich Tipps für die Praxis in der Apotheke, die das Autorenteam in einem zweiten Beitrag aufgreift und dort zeigt, wie methodenunabhängig in der Apotheke der Blutdruck korrekt gemessen werden kann. Zusammengefasst kommen die Autoren zu folgendem Schluss:
„Die beiden häufigsten Methoden zur Blutdruckmessung (auskultatorisch und oszillometrisch) unterscheiden sich erheblich. Die Messergebnisse können auch bei validierten oszillometrischen Geräten in bis zu 15% der Messungen bis zu 10 mmHg abweichende Ergebnisse von auskultatorischen Messungen ergeben.
Bei der Aus- und Fortbildung von Personen, die Blutdruckmessungen vornehmen, sollten Unterschiede, Fehlerquellen und Limitationen der Messmethoden ausreichend dargestellt werden. Zum Ausschluss der häufigen Weißkittel-Hypertonie und damit der maskierten Hypertonie sind 24-Stunden-Messungen und besonders Patientenselbstmessungen wichtig. Messungen in der Apotheke können diese sinnvoll ergänzen.
Apothekenpersonal sollte bei der Durchführung von Blutdruckmessungen idealerweise beide Methoden beherrschen und im Bedarfsfall Simultanmessungen anbieten, um zu überprüfen, ob die bequemere oszillometrische Methode geeignet ist.
Bei der Beratung rund um die Abgabe von Blutdruckmessgeräten sind Begleiterkrankungen zu berücksichtigen. Für Patienten mit erhöhtem Muskeltonus (z. B. M. Parkinson), Hyperkinese, isolierter systolischer Hypertonie oder einer ausgeprägten Arrhythmie sind die oszillometrischen Blutdruckmessgeräte für das Handgelenk nicht geeignet.
Weitere systematische Studien sind erforderlich, um die Patientengruppen zu erkennen, bei denen Ergebnisse der oszillometrischen und der auskultatorischen Methode erheblich abweichen, und um zu bestimmen, ob der Weißkitteleffekt bei Messungen in der Apotheke tatsächlich geringer ausfällt als bei Messungen in der Arztpraxis.“ (DAZ 41, S. 56)
Die standardisierte Blutdruckmessung zur Risikoerfassung hoher Blutdruckwerte kann vom pharmazeutischen Personal ohne weitere Qualifikation erbracht werden. Dr. Christian und Dr. Klaus Fehske plädieren trotzdem für eine sorgfältige Schulung der Mitarbeiter, die diese Dienstleistung durchführen sollen.
Medikationsberatung und Inhalationsschulung
Anders sieht es bei den pharmazeutischen Dienstleistungen „Erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie“, „Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie“ und „Pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten“ aus. Für diese Dienstleistungen ist eine achtstündige Fortbildung auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer (BAK) „Medikationsanalyse, Medikationsmanagement als Prozess“ Voraussetzung. Hier werden die Kenntnisse und Fertigkeiten zur Durchführung der Medikationsanalyse Typ 2a und des darauf basierenden Medikationsmanagements als Prozess vermittelt. Neben dieser achtstündigen Fortbildung werden folgende Fort- oder Weiterbildungen als gleichwertige Qualifikation akzeptiert:
- ATHINA
- ARMIN
- Apo-AMTS
- Medikationsmanager BA KlinPharm
- Weiterbildung Geriatrische Pharmazie
- Weiterbildung Allgemeinpharmazie
Die erweiterte Einweisung in die korrekte Anwendung und das Üben der Inhalationstechnik darf von pharmazeutischem Personal mit abgeschlossener Ausbildung angeboten werden.
Medikation unter der Lupe
DAZ-Leserinnen und Lesern bieten wir mit dem neuen Format „Medikation unter der Lupe – Tipps und Tricks für die Medikationsanalyse“ einen niederschwelligen Einstieg in die erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie. Einmal im Monat stellen wir einen Fall vor und geben Tipps für die Lösung der dort angesprochenen Probleme. In einem darauf folgenden Webinar werden dann nicht nur Lösungsmöglichkeiten besprochen, sondern auch Tipps gegeben, wie man an einen solchen Fall herangeht. Darüber hinaus bieten POP-Fälle und AMTS-Spezial-Beiträge weitere wertvolle Hilfestellungen (s. S. 64 ff.).
Herausforderung Betreuung Organtransplantierter
Über die Aufnahme der pharmazeutischen Betreuung bei Organtransplantierten in den Katalog der zu honorierenden pharmazeutischen Dienstleistungen mag sich manch einer gewundert haben. Mit dieser Problematik werden sicher nicht alle Apotheken konfrontiert werden. Unser Autor, Apotheker Dr. Tony Daubitz, hat sich mit dieser Dienstleistung auseinandergesetzt und dabei vor allem die immunsuppressive Therapie unter die Lupe genommen. Medikationsanalysen bei diesen Patienten erfordern, so Daubitz, Fingerspitzengefühl. Die immunsuppressive Therapie ist eine individuelle Therapie und sie ist anfällig für Wechselwirkungen. Was kann hier ohne Kenntnis von Blutspiegeln und Laborwerten im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung geleistet werden? Daubitz listet für die Adhärenz wichtige Einnahmehinweise auf, sensibilisiert für potenzielle Interaktionen und Nebenwirkungen und verliert dabei nicht aus dem Blick, was der Sinn und Zweck der immunsuppressiven Therapie ist: Abstoßungsreaktionen verhindern! Hier ist es wichtig, auf Symptome zu achten, die auf eine Abstoßungsreaktion hindeuten können: Unspezifische Allgemeinreaktionen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, erhöhter Blutdruck, Gewichtszunahme und Fieber können erste Anzeichen sein. Das Transplantat kann aber auch anschwellen und Schmerzen verursachen. Zu den organspezifischen Symptomen zählen eine Abnahme der Urinmenge und Ödeme bei einem Nierentransplantat, ein Ikterus und heller Stuhlgang bei einem Lebertransplantat, Ödeme, Atemnot und Herzrhythmusstörungen bei einem transplantierten Herzen und ein Anstieg der Blutzuckerwerte bei einem Pankreastransplantat.
Die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer (BAK) hat am 23. November 2022 ein Fortbildungscurriculum für die pharmazeutische Dienstleistung „Pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten“ veröffentlicht, das auf der ABDA-Webseite abgerufen werden kann. Schulungen auf Grundlage dieses Curriculums sollen es Apothekern mit Blick auf diese besondere Patientengruppe ermöglichen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aufzufrischen und zu erweitern (AZ 49, S. 8). |
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