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Management
Den Neubeginn meistern
Stresstest und Resilienzförderung für Happy Beginner und Stellenwechsler
Wenn alles neu ist, wir nichts (wiederer-)kennen und es uns ein Höchstmaß an Konzentration, Energie und Geduld abverlangt, all die Eindrücke zu verarbeiten, die auf uns einstürmen, dann kann uns das gewaltig innerlich treffen. Wenn wir auf scheinbar sicher erlernte theoretische oder praktische Kompetenzen im neuen Umfeld nicht mehr zurückgreifen können, dann kann das Stress pur sein. Wenn alles anders ist als zuvor und uns eine neue (Um-)Welt begrüßt, dann ist Resilienz gefragt. Wie gehen wir dann also mit dieser Situation um? Jeder Einzelne von uns? Ist das der ultimative Stresstest? Ist das eine Herausforderung oder Herausförderung? Oder ist das die willkommene Gelegenheit, ein Höchstmaß an Anpassungsfähigkeit auf diese Veränderungen an den Tag zu legen und so möglicherweise noch resilienter aus eben diesem Neustart hervorzugehen – ganz gleich, ob der Neustart als Berufsanfänger oder mit Berufserfahrung erfolgt?
Der Sprung ins kalte Wasser
Theoretisch alles klar. Praktisch auch schon erlebt. Und nun kommt eben doch der Sprung ins kalte Apotheken-Wasser. Mit der Aufforderung, den Freischwimmer zu machen. „Dieses Kassensystem kenne ich nicht, puh. Ist das immer so laut hier? Meine Güte, sind das viele noch fremde Abläufe.“ So oder so ähnlich die Mitschrift eines Selbstgesprächs am ersten Tag. Praktischer im weiteren Verlauf: „Wie werden die Abholer sortiert? Wo finde ich eine Schere? Etikettendruck mache ich wie?“ Auch diese allgemein Unterstützung suchenden Fragen kommen garantiert: „Wie funktioniert das? Kann mir bitte jemand helfen?“ So oder so ähnlich im Laufe der nächsten Tage formuliert. Mal mehr, mal weniger happy. Denn wer ist schon gern innerhalb der vier Lernstadien in der Phase der bewussten Inkompetenz (siehe Grafik)?
Die bewusste Inkompetenz lauert
Doch erst einmal an den Anfang. Die vier Lernstadien beginnen mit dem wunderbaren Zustand der unbewussten Inkompetenz: Ich weiß nicht, dass ich „es“ nicht weiß. Und „es“ kann dabei alles sein: Schnürsenkel zubinden, Kunden beraten, Bestellungen machen oder auch pharmazeutische Dienstleistungen anbieten und durchführen. Unabhängig davon, worum es geht, ist dieser Zustand eben sehr gut auszuhalten.
Weniger tolerabel die oben erwähnte Phase. Bewusst inkompetent zu sein, also zu wissen, dass ich etwas nicht kann. Das kann ein gewaltiger auslösender Faktor sein für denjenigen, der sich somit mangelhaft, ohnmächtig und abhängig fühlt. Wie ist es bei Ihnen? Versetzen Sie sich selbst kurz in den letzten Moment hinein, in dem Sie etwas für Sie völlig Neues gemacht haben, während alle Umstehenden wussten, wie es geht, und vor Kompetenz nur so strotzten. Lauert verstecktes Wachstum oder wird ein vermeintlicher Mangel aufgezeigt? Abhängig von Ihren bisher erworbenen Glaubenssätzen und dem Umgang mit Veränderungen, kann genau diese Stressphase auch den Turbo zünden und Sie in eine zunächst bewusste Kompetenz hineinkatapultieren. Das bereits kompetente Umfeld darf sich in jedem Falle unterstützend und empathisch zeigen. Auch ein erst einmal überfordert scheinender Berufsanfänger mag mit sich selbst sorgsam umgehen. Offen und neugierig bleiben ist hier die Devise. Immer ist es eine sehr gute Idee, in diesen Momenten gemeinsam zu agieren. Konkurrenz und Rivalität sind von gestern, besonders in Zeiten, in denen der Wind der Neuerungen weht.
Wo Betriebsblindheit Reibungspunkte bietet
Die unbewusste Kompetenz, die wir uns im Laufe unseres (Berufs-)Lebens aneignen, hat den Vorteil, dass wir vieles sehr energieschonend, fast wie nebenbei erledigen können. Ohne immense Aufmerksamkeit darauf zu legen. Was auf der einen Seite sehr charmant klingt, ist auf der anderen Seite die schöne Umschreibung für Betriebsblindheit. Trifft diese nun auf einen Frischling, der Fragen stellt, über die gefühlte zwei Jahrzehnte nicht mehr nachgedacht worden ist, so mag ein Knistern in der Luft liegen. Entweder springt der Funke der Veränderung über und beide Gesprächspartner treffen sich in der Phase der bewussten Kompetenz, um gemeinsame Lerneffekte zu generieren und Entwicklung zu kreieren. Oder aber es kommt zu einem lodernden Feuer, an dem sich der ein oder andere nicht nur die Finger verbrennen wird. Stichwort „Babyboomer meets Generation Z“ oder auch „Jung-Approbierte trifft auf Chef(-PTA)“ im Angebot.
Welche Szene es auch sein mag: Menschen gehören nicht in Schubladen. Sie alle tun und geben in der Regel ihr Bestes und noch fehlendes und/oder verschüttetes Wissen sagt nichts über ihren Wert aus. Auch Verhalten darf je nach Kontext angezweifelt werden, der personelle Wert jedoch bleibt immer gleich. Wir alle streben nach Anerkennung, möchten sinnerfüllt unseren Beitrag leisten und im besten Fall gemocht werden. Um dem individuell und im Team zeitgleich gerecht zu werden, ist es hilfreich, authentisch und ehrlich zu sein und zu bleiben. Natürlich auch mit sich selbst. So zu tun, als ob Wissen vorhanden wäre bei völliger Ahnungslosigkeit, ist wohl ein Kardinalfehler, der über kurz oder lang auffliegen wird. Womit sich der Kreis zum lodernden Feuer und den verbrannten Fingern schließt.
Die eigene Rolle finden und Identität leben
In die Rolle des frischgebackenen Apothekers zu schlüpfen, erfordert Rückgrat bei gebotener Flexibilität. Gerade an turbulenten Tagen, an denen unser pharmazeutisches Wissen im Sekundentakt gefragt ist, schaffen repetitive Feuerwerke aus aufeinanderprallender Theorie und Praxis, für deren Analyse leider keine Zeit bleibt, ein erhöhtes Stresslevel. „Wie heißt das Präparat noch mal? Ich kenne nur den Wirkstoff. Wo finde ich den Blutdruckpass? Wie lang ist das BtM-Rezept gültig? Sie bekommen das schon seit über zehn Jahren immer genau so?“ Aufkeimende Verzweiflung im Blick. Tief ein- und wieder ausatmen. Einmal eine gewisse Routine gefunden, ist es leichter für unseren Happy Beginner, auch die teils nicht ausgesprochenen oder verschriftlichten Regeln zu erforschen.
Neue Stelle – neue Challenge
Ein junger Kollege drückte es im Gespräch einmal so aus: „Im Moment bin ich gut damit beschäftigt herauszufinden, welche Regeln es hier gibt, welche ich befolgen muss oder sollte und welche ich infrage stellen darf.“ Ganz heikles, aber eins der besten Beispiele für dieses Thema ist die zu überwindende Hürde der Verschreibungspflicht in Kombination mit Stammkunden. Natürlich ohne das dazugehörige Rezept. In diesem Moment reihen sich die Stellenwechsler gedanklich mit in die Situation ein. Auch für sie gilt die Überlegung: „Darf ich gewachsene Regeln infrage stellen?“ Dazu kommt, dass sie stets im Vergleich sind mit dem in der vorigen Apotheke Erlebten. Mitgebrachte Erfahrungen können im neuen Team geteilt werden. Das bringt frischen Wind in die vorhandene Teamkultur und sorgt zeitgleich für kommunikativen Austausch.
Buchtipp
Monika Raulf
Pharmazeutisches Coaching –
Heilberuf im Kraftort Apotheke
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Mauern bauen oder Segel setzen?
Neu bedeutet immer auch anders und eine Veränderung des bisher Gewohnten. Anpassung an ungewohnte Umstände ist nötig. Eine hohe Anpassungsfähigkeit im Laufe des nun beginnenden Prozesses wird auch mit dem Begriff „Resilienz“ verbunden. Resultieren wird eine Verhaltensänderung, die umso leichter verläuft, je resilienter die Beteiligten sind. Dabei ist nicht gemeint, dass die Betroffenen von besonderer Widerstandsfähigkeit sind und alles an ihnen abprallt. Ganz im Gegenteil. Widerstand würde nur Druck erzeugen. Und genau den wollen wir in diesem Moment nicht. Stellen Sie sich daher Resilienz eher vor wie eine mit Teflon beschichtete Pfanne. Auch an ihr haftet (im besten Fall) nichts an. Geschmeidig mit den Unwägbarkeiten des Neuen umzugehen, Stressmomente abperlen zu lassen, Veränderungen willkommen zu heißen und selbst in der Handlung zu bleiben, statt sich emotional treiben zu lassen, das ist im Überblick formuliert die hohe Kunst der Resilienz.
Resilienz wirkungsvoll erhöhen
Den obigen Beschreibungen können Sie entnehmen, dass sie sich sowohl auf die Neuankömmlinge wie auch auf die Stammbelegschaft beziehen. Und dass das Thema „neu“ jeden betrifft, oft eine Herzensangelegenheit ist und sich währenddessen natürlich alle gegenseitig im System beeinflussen. Wobei wir auch schon bei einem der wirkungsvollsten Tools sind, mit dem die Resilienz gesteigert werden kann: die Atmung. Langsam und bewusst zu atmen, hilft ungemein und signalisiert dem Nervensystem, dass alles okay und eine stressbedingte Fight-, Flight- oder Freeze-Reaktion nicht nötig ist. Langsamere Atmung aktiviert den Parasympathikus und damit den Teil des Nervensystems, der die Herzfrequenzvariabilität (HFV) positiv beeinflusst. Wie das amerikanische Heartmath® Institut beweisen konnte, ist ein hoher HFV-Wert direkt proportional zu einer hohen Resilienz.
Was raten wir also allen Neulingen in den ersten Wochen, ganz gleich wie berufserfahren sie sind? Richtig, Sie ahnen es. Langsam und tief einzuatmen. Gute Sauerstoffversorgung und eine aktivierte Großhirnrinde, die kreatives Denken und Lernen unterstützt, werden der Dank sein. Und allen, die beim Gedanken an Veränderung, Neuerung und Anpassung von ungesunder, oberflächlicher und wenig zuträglicher Schnappatmung befallen werden, denen sei ebenfalls zugerufen: tief ein- und wieder ausatmen. Am besten im 5er-Rhythmus: 5 ein – 5 halten – 5 aus – 5 halten. Legen Sie zeitgleich eine Hand aufs Herz und entziehen Sie damit Ihrem Gedanken-Karussell die Aufmerksamkeit. Fühlen Sie, wie Ihr Herz für Sie schlägt. Und lassen Sie Ihr Herz für genau diesen Neubeginn schlagen, der sich für Sie ankündigt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihrem Apothekenteam in stressigen Momenten, in Phasen des Neubeginns und ganz grundsätzlich im alltäglichen Ablauf eine resiliente Zeit! |
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