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Management

Zeitfresser entlarven

So lassen sich im Alltag Ressourcen sparen

Den Fokus auf das Wesentliche zu lenken ist bei den vielen Herausforderungen des turbulenten Apothekenalltags gar nicht so einfach; alles in Ruhe und nacheinander zu erledigen, ist kaum möglich. Doch welche Möglichkeiten gibt es, zeitraubende Tätigkeiten und Arbeitsabläufe zu vereinfachen?

Es sind stürmische Zeiten und die Lage spitzt sich zu: Trotz massivem Personalmangel, anhaltenden Problemen bei der Warenverfügbarkeit und dem wachsenden Berg an Bürokratie Tag für Tag mit viel Geduld, Enthusiasmus und Freude in der Apotheke zu stehen und nur das Beste für die Gesundheit aller zu geben ist für die heutigen Apothekenmitarbeitenden schwieriger denn je. Zu viel zu tun in zu wenig Zeit – davon können viele Apothekenteams ein Lied singen und sind ganz schön am Limit. Dabei wäre unser Gesundheitssystem ohne die Apotheken vor Ort ziemlich aufgeschmissen. Vielen ist nicht bewusst, wie sehr sich Apothekenmitarbeitende beispielsweise bei permanenten Lieferschwierigkeiten ins Zeug legen, um dem Kunden irgendwie doch noch das dringend benötigte Medikament zu beschaffen. In akuten Fällen den betreuenden Arzt oder die Klinik für notwendige Rezeptänderungen nicht zeitnah zu erreichen, raubt sowohl Kunden als auch Apothekerinnen und Apothekern unnötig viel Zeit und Nerven. Mit „ich ruf mal eben schnell dort an und lass das ändern“ ist es nämlich leider meistens nichts. Onlineapotheken würden keinesfalls mit solch großem persönlichen Einsatz und Herzblut bei mehreren Großhändlern oder gar der Konkurrenz anrufen, um verzweifelten Kunden zu helfen und unnötige Wege zu ersparen! Auch bei aufwendigen und eher seltenen Rezepturen wird oft viel Zeit für die Bestellung der Substanzen, die Plausibilitätsprüfung und das spätere Bedrucken mit Hash-Code und Zusatzdaten benötigt. Dieser über­mäßige Arbeits- und Zeitaufwand steht in keinem Verhältnis zu dem eher geringen Verdienst und viele Apotheken können sich dieses komplizierte Prozedere kaum leisten. Doch wie lässt sich im Apothekenalltag wertvolle Zeit ein­sparen? Die Konzentration auf das Wesentliche und eine gute Mitarbeiterführung können helfen, zeitraubende Abläufe zu vereinfachen.

Veränderungen annehmen

Der Apothekenmarkt erscheint derzeit als ein System, dass unberechenbaren Entwicklungen und Risiken ausgesetzt ist. Apothekenleiterinnen und Apothekenleiter müssen in immer kürzeren Zyklen auf Veränderungen eingehen und Entscheidungen unter deutlich größerer Unsicherheit treffen. Um hierbei nicht den Überblick zu verlieren und die wirklich wichtigen Dinge im Auge zu behalten, sind gut durchdachte und verlässliche Abläufe sowie ein gutes Zeit­management unerlässlich; doch auch gut etablierte Strukturen müssen manchmal hinterfragt werden und neue Aufgaben, wie beispielsweise die pharmazeutischen Dienstleistungen, erfordern eine gute Organisation, damit sie nicht über­mäßig viel Zeit kosten und sich auch wirtschaftlich rechnen. Mittels digitaler Terminverwaltung zum Beispiel und mit gekoppelter Personaleinsatzplanung lassen sich Dienstleistungen besser kommunizieren und in die Hände der Kunden legen. Flexibel zu bleiben und Veränderungen anzunehmen kann helfen, in turbulenten und unvorhersehbaren Zeiten die Zuversicht nicht zu verlieren und effizient und zukunftsorientiert zu arbeiten.

Typische Zeitfresser entlarven

  • ein geordnetes Arbeitsumfeld hilft, einfacher und konzentrierter zu arbeiten
  • für eine angenehme Arbeits­atmosphäre sorgen: sämtliche Ablenkungen aus dem Blickfeld verbannen (z. B. Smartphone weglegen)
  • Multitasking vermeiden: Prioritäten setzen und sich eine Aufgabe nach der anderen vornehmen
  • anspruchsvolle und komplizierte Aufgaben bei voller Konzentra­tion erledigen
  • eine zentrale Ablagestelle für noch zu erledigende Aufgaben festlegen
  • Informationen klar und für alle verständlich weitergeben
  • komplexe Arbeitsabläufe ver­einfachen, um Wartezeiten zu vermeiden
  • Zuständigkeiten und einzelne Aufgaben im Team gut absprechen, um doppelte und unnötige Arbeit zu vermeiden
  • E-Mails nur zu festgelegten Zeiten lesen und beantworten
  • Aufgaben delegieren und das gesamte Team einbinden
  • für eine offene und klare Kommunikation sorgen
  • sich im Team dabei unterstützen, in Ruhe einzelne Aufgaben zu erledigen
  • komplexe Dokumentationen durch entsprechende Computerprogramme und eine Automatisierung der Prozesse vereinfachen
  • Anrufe steuern: andauerndes Telefonklingeln führt zu stetigen Unterbrechungen, evtl. zu bestimmten Zeiten einen Anrufbeantworter schalten und anschließend in Ruhe Rückrufe tätigen
  • sich als Team gemeinsame Ziele für Projekte oder Aktionen setzen und einzelne Teilschritte fest­halten
  • Hilfe annehmen und bei Problemen oder Unsicherheiten Kollegen fragen

Mit der Zeit gehen

Viele Kundinnen und Kunden kommen noch schnell vor ihrer eigenen Arbeit oder in ihrer kurzen Mittagspause in die Apotheke gerannt und möchten für die Einlösung ihrer Rezepte auf gar keinen Fall eine längere Wartezeit in Kauf nehmen. Der ein oder andere reagiert oft sehr ungehalten, wenn es mal länger dauert oder etwas nicht sofort verfügbar ist. Doch zaubern können wir leider nicht – gerade in Zeiten der sich permanent ändernden Vorschriften und sich verschärfenden Lieferengpässe sind Rezeptbelieferungen heute wesentlich zeitaufwendiger; bei Hilfsmitteln oder Verbandstoffen ist alles oft noch komplizierter. Hier trotz aller bürokratischer Hürden die Arbeitsabläufe zu optimieren oder bei größeren Bestellungen eine spätere Lieferung der Ware nach Hause anzubieten, kann den Zeitdruck für beide Seiten erheblich entschärfen. Außerdem sind eine gut organisierte Lagerhaltung und ein effektives Bestandsmanagement-System wichtig, um unnötiges Suchen und Verzögerungen bei der Rezept­belieferung zu vermeiden. Hierbei individuell auf Stammkunden und deren regelmäßigen Bedarf an Medikamenten und Hilfsmitteln einzugehen kann viel Zeit sparen und ganz nebenbei zu einer sicheren Kundenbindung führen.

Prioritäten setzen

Der Tag hat 24 Stunden, die Zeit rast und es gibt immer etwas zu tun – doch alles gleichzeitig zu erledigen, klappt leider nicht. Wer produktiver arbeiten möchte und ernsthaft und nachhaltig das eigene Zeitmanagement verbessern möchte, sollte in erster Linie ehrlich mit sich selbst sein und sich genau überlegen, was gerade wirklich wichtig ist. Für sich selbst kann man außerdem am besten beurteilen, wann und wodurch einem viel Zeit verloren geht. Eine gründliche Analyse der Arbeits­abläufe durchzuführen kann helfen, die spezifischen Bereiche zu identifizieren, in denen zukünftig Zeit gespart werden kann.

Wer Prioritäten setzt und eine klare zeitliche Abfolge für immer wiederkehrende Aufgaben festlegt, kann sich die Zeit für zusätzlich anfallende Arbeiten oft besser einteilen. Manchmal braucht man eben länger als geplant für eine Tätigkeit oder es kommt zu unvorhergesehenen Problemen, z. B. durch Launen der Technik oder andere Überraschungen. Deshalb ist es wichtig, die benötigte Zeit realistisch einzuschätzen und lieber mehr Puffer einzuplanen, damit es nicht zu unnötigem Zeitdruck oder zusätzlichem Stress kommt. Auch durch unklare Absprachen, sei es innerhalb des Teams oder mit Kunden, wird oft unnötige Zeit verschwendet. Eine gute Kommunikation und feste Termine für Erledigungen von Anfragen sind wichtig, um Missverständnisse und unnötige Rückschleifen zu vermeiden. Effizienter ist es, wichtige Aufgaben wie beispielsweise Dokumentationen konzentriert und möglichst ohne Unterbrechung zu erledigen – idealerweise zu einer möglichst ruhigen und fest eingeplanten Zeit. Mitarbeitende und Vorgesetzte sollten sich gegenseitig dabei unterstützen und motivieren, fokussiert und ohne unnötige Unterbrechungen zu arbeiten.

Ablenkungen vermeiden

Es klingelt und piepst überall: Telefon, Handy, Internet … Es hat sich zu einer wahren Sucht entwickelt, immer und überall erreichbar und up to date zu sein – mit Folgen für unsere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, unseren Stresslevel und unsere Gesundheit. Experten warnen, dass andauernde ablenkende Reize uns immer wieder aus der Aufmerksamkeit herausreißen und mentale Auszeiten enorm wichtig sind, um konzentriert zu arbeiten. Wenn die Aufmerksamkeit verloren geht, machen wir Fehler, sind oberflächlich und vergesslich. Jede Ablenkung kostet Zeit – es dauert etwa fünf bis acht Minuten, bis wir nach einer Unterbrechung wieder die volle Konzentration aufbringen können. So führt nicht nur die Unterbrechung selbst zu einem Zeitverlust, sondern unser Gehirn benötigt jedes Mal obendrein mindestens 15 Prozent der eigent­lichen Bearbeitungszeit zur Re-Fokussierung. Deshalb ist es enorm wichtig, unnötige Ablenkungen zu vermeiden, achtsam zu sein und sich wirklich auf die Dinge zu konzentrieren, die gerade anstehen und wichtig sind. So sollten wir uns bei einem Kundengespräch voll im Hier und Jetzt befinden oder bei einer wichtigen Schreibtischarbeit möglichst ungestört und fokussiert am Ball bleiben – sonst wird die eigentlich zur Erledigung der Aufgabe benötigte Zeit immer mehr und wir erleben dies als Stress. Außerdem sind regelmäßige und bewusste kurze Pausen wichtig, um dem Gehirn etwas Zeit zu geben, Dinge in Ruhe zu verarbeiten, sie zu bewerten und mit bereits vorhandenem Wissen zu überprüfen. In solchen entspannteren Phasen, wie beispielsweise bei einem kurzen Spaziergang oder einer in Ruhe getrunkenen Tasse Kaffee oder Tee, entstehen häufig neue Einfälle oder Lösungen für Probleme und wir bewältigen die vielen auf uns einströmenden Informationen.

Mehr Zeit für das Wesentliche

Wir müssen uns regelmäßig beruflich neu orientieren und weiterbilden, um mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten. Doch wer will und kann sich neben dem alltäglichen Stress im Apothekenalltag noch ständig weiterbilden? Ist lebenslanges Lernen für die meisten Menschen nicht eine Last, gar eine Zumutung und sind viele Beschäftigte nicht ohnehin schon überlastet oder überfordert?

Dennoch lassen sich dank innovativer digitaler Anwendungen im Apothekenalltag viele Prozesse vereinfachen, sodass Freiräume für den entscheidenden Vorteil der Vor-Ort-Apotheken entstehen: die persönliche Beratungskompetenz in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Wie unverzichtbar die Digitalisierung des Gesundheitssystems ist, wurde schon vor der Corona-Pandemie immer wieder betont. Zurzeit läuft gerade in Apotheken und Arztpraxen noch vieles auf den relativ veralteten und langsamen Kommunikationswegen per Fax oder Post. Telefonisch irgendeine Praxis oder gar den zuständigen Arzt zu erreichen, wenn man eine dringende Rückfrage oder einen Änderungswunsch zu einer Verordnung hat, ist derzeit fast unmöglich und immer häufiger hängt man in endlosen Warteschleifen fest. Dabei könnte davon einiges wesentlich einfacher, schneller und kostensparender über die Telematik­infrastruktur (TI) per KIM – dem Fachdienst „Kommunikation im Medizinwesen“ erledigt werden. Mithilfe von KIM können Nachrichten und Dokumente per E-Mail sektorenübergreifend und flächendeckend in Deutschland ausgetauscht werden, z. B. von der Arztpraxis zu der Apotheke. Dadurch können pro Jahr zukünftig riesige Summen an Briefporto und Papierausdrucken gespart werden. Durch die direkte Vernetzung aller Nutzerinnen und Nutzer können verschlüsselte Nachrichten und Dokumente sicher verschickt werden. Bei einer von der Gematik garantierten Vertraulichkeit ist somit eine qualifizierte Signierung und Versendung von Dokumenten mit dem elektronischen Heilberufsausweis möglich. Ab April 2024 sind alle Apothekeninhaberinnen und Apothekeninhaber verpflichtet, eine KIM-Adresse pro Betriebsstätte nachzuweisen, um Kürzungen in den Refinanzierungsbeträgen zu vermeiden.

Einen weiteren großen Schritt in Richtung Digitalisierung im Gesundheitswesen geht das E-Rezept, das zwar sehr schleppend anlief, nun aber umso mehr an Fahrt aufnimmt. Idealerweise beschleunigt und automatisiert das E-Rezept administrative Vorgänge und verhindert Fehler beim Scannen oder bei der manuellen Nachbearbeitung der Kassenrezepte. Doch auch wenn das E-Rezept und die zunehmende Digitalisierung den Apothekenmarkt nachhaltig verändern wird, darf man nicht vergessen, dass Apothekerinnen und Apotheker in den Vor-Ort-Apotheken auch weiterhin eine wichtige Rolle in der persönlichen und kompetenten Überwachung der Arzneimittel­therapiesicherheit einnehmen – und für diese pharmazeutisch anspruchsvolle Aufgabe ist genügend Zeit wichtiger denn je.

Wissensaustausch sichern

Mitarbeitende wechseln heute häufiger den Arbeitsplatz und nehmen ihr individuelles Fachwissen und einige praktische Erfahrungen mit; auch die vielen Teilzeitkräfte in den Apotheken bekommen nicht immer alle Arbeitsabläufe von Anfang bis Ende mit. Das kann zu vermeidbaren Fehlern, übermäßigem Zeitaufwand und Stress im gesamten Team führen. Damit individuelles Spezialwissen nicht verloren geht und keine unnötige Zeit durch fehlenden Informationsaustausch verschwendet wird, sind eine gute Kommunikation im Team sowie für alle leicht zugängliche Beschreibungen der Arbeitsabläufe enorm wichtig. Anstatt sich auf isolierte Word-Dokumente oder überquel­lende Leitz-Ordner zu beschränken, ist eine zentrale Ablagestelle in einem digitalen Ordner oder ein stetig aktuell gehaltenes Wissensmanagement hilfreich. Auf diese Weise kann auch die Einarbeitung neuer Mitarbeitenden wesentlich gezielter stattfinden und es ver­mittelt dem gesamten Team ein Gefühl der Sicherheit, jederzeit und unkompliziert auf wichtige und aktuelle Informationen zugreifen zu können.

Fazit

Apothekenmitarbeitende haben oft zu wenig Zeit für ihre eigentliche Aufgabe – eine gute pharmazeutische Beratung. Der digitale Wandel ist zwar allgegenwärtig, dennoch werden Apothekenmitarbeitende immer noch durch viel zu viele und zeitraubende bürokratische Aufgaben stark in ihrem Arbeitsalltag beeinträchtigt. Die Arbeit lastet auf zu wenigen Schultern – hier ist ein Umdenken der Politik unabdingbar. |

Apothekerin Irina Treede, Heidelberg

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