Arzneimittel und Therapie

Schutz vor onkogenen HP-Viren der Haut

Erste präklinische Daten zu neuer Impfstrategie mit doppelsträngiger RNA

Wissenschaftler der Universität Köln verfolgen eine Impfstrategie gegen onkogene humane Papillomaviren (HPV) der Haut, bei der eine Aktivierung des Immunsystems die Tumorbildung verhindern soll. Im Tiermodell konnte mithilfe einer synthetischen doppelsträngigen RNA eine Selbstimmunisierung zum Schutz vor Beta-HPV-induzierten Hauttumoren gezeigt werden.

Immunsupprimierte Patienten weisen ein erhöhtes Risiko auf, an aktinischen Keratosen und kutanen Plattenepithelkarzinomen zu erkranken. Man vermutet einen Zusammenhang mit humanen Papillomaviren der Gattung Beta (Beta-HPV). Im Gegensatz zu Infektionen mit den Hochrisiko-Viren des Genus Alpha (wie beispielsweise HPV16 oder HPV18), für die eine Impfprävention besteht, gibt es derzeit keine gezielte Therapie oder Prävention gegen Beta-HPV-assoziierten Hautkrebs. Dies liegt unter anderem an der großen Vielfalt der humanen Papillomaviren des Genus Beta – derzeit sind 52 Typen bekannt – und deren ubiquitärem Vorkommen. Sie besiedeln die menschliche Haut schon in den ersten Wochen nach der Geburt und sind in der Allgemeinbevölkerung sehr weit verbreitet. In der Regel sind verschiedene dieser Viren auf der Haut eines jeden Menschen nachweisbar und Teil der normalen mikrobiologischen Flora. Ihre Vermehrung wird vom Immunsystem kontrolliert und gehemmt, sodass keine Erkrankung entsteht. Diese Kontrolle kann bei Immunsupprimierten versagen. So konnte bereits gezeigt werden, dass Beta-HPV-assoziierte Erkrankungen wie aktinische Keratosen oder Plattenepithel­karzinome bei immungeschwächten Patienten gehäuft auftreten [1]. Aus dieser Beobachtung resultierte die Hypothese, dass die Aktivierung der angeborenen antiviralen Immunität der Haut, die asymptomatisch mit kutanen humanen Papillomaviren infiziert ist, durch In-situ-Autovakzination eine Anti­tumorreaktion auslöst und die Ent­stehung von Beta-HPV-assoziiertem Hautkrebs verhindert.

Foto: Science Photo Library/Dr. P. Marazzi

PlattenepithelkarzinomHumane Papillomaviren des Genus Beta werden mit der Entstehung von Hautkrebsvorstufen und Hautkrebs assoziiert.

Mustererkennungs­rezeptoren

Mustererkennungsrezeptoren (engl. Pattern Recognition Receptors, PRR) erkennen Pathogene oder körpereigene, intrazelluläre Moleküle, die bei einer Zellschädigung freigesetzt werden, anhand molekularer Muster (pathogen- bzw. damage-associated molecular patterns, PAMP bzw. DAMP). In der Folge wird eine Immunantwort ausgelöst [3].

Bestätigung im Tierversuch

Ein erster Schritt zur Untermauerung dieser Hypothese war die Suche nach einer geeigneten Vakzine, was durch die Vielzahl an HPV-Typen des Genus Beta mit unterschiedlichen Proteinsequenzen erschwert ist – erforderlich wäre ein pan-Beta-HPV-Impfstoff. Die Arbeitsgruppe entschied sich für einen anderen Ansatz: Eine gezielte Reaktivierung der Mustererkennungsrezeptoren (s. Kasten „Mustererkennungsrezeptoren) in Beta-HPV-positiven Krebsvorstufen, die eine Selbstimmunisierung gegen die Viren bewirkt, ohne dass dabei die genauen persistierenden HPV-Typen auf der Haut des Patienten bekannt sein müssen. Dazu wurde Polyinosin-Polycytidylsäure, kurz Poly(I:C), eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine synthetische doppel­strängige RNA, die das ange­borene Immunsystem aktiviert. Der zweite Schritt war die Überprüfung der Hypothese im HPV8-transgenen Mausmodell, bei dem sich Hauttumore spontan, aber auch nach mechanischer Schädigung entwickeln. Die Hypothese ließ sich bestätigen: Die Entstehung von Haut­tumoren konnte bei allen mit Poly(I:C) behandelten Tieren vollständig verhindert werden. Darüber hinaus wurde in der behandelten Haut der HPV8-transgenen Mäuse eine erhöhte Anzahl an gesamten und aktivierten CD4- und CD8-T-Lymphozyten festgestellt. Bei den unbehandelten Tieren war das nicht der Fall. Entfernte man in Versuchen T-Zellen in Poly(I:C)-behandelten Tieren, zeigte sich, dass CD4-T-Zellen eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Tumoren durch Poly(I:C) spielen. Laut den Studienautoren sollten diese Erkenntnisse weiterverfolgt werden, um einen Impfstoff gegen Beta-HPV-induzierte Hauttumoren für Hochrisiko-Patienten zu entwickeln. |

Literatur

[1] Hufbauer M et al. Poly(I:C) Treatment Prevents Skin Tumor Formation in the Preclinical HPV8 Transgenic Mouse Model. J Invest Dermatol 2022;S0022-202X(22)02900-1, doi: 10.1016/j.jid.2022.12.007

[2] Neuer Impfansatz schützt vor HPV-induziertem Hautkrebs. Meldung der Universität Köln vom 19. Mai 2023, www.uk-koeln.de/de/uniklinik-koeln/aktuelles/detailansicht/neuer-impfansatz-schuetzt-vor-hpv-induziertem-hautkrebs/

[3] Pattern-Recognition-Rezeptor. DocCheckFlexikon, Stand: 5. September 2019

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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