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Onkologie
Vollgas mit CAR-T
Wie das Immunsystem gegen Tumorzellen „in Fahrt“ gebracht wird
Im Verlauf der Onkogenese mutieren die malignen Zellen, wodurch zum einen eine immunsuppressive Tumormikroumgebung entsteht und zum anderen die Zellen für das Immunsystem nicht mehr erkennbar sind. Manche Tumoren entwickeln die Fähigkeit, inhibitorische Oberflächenproteine zu exprimieren. Dieses Zusammenspiel ist besonders fatal, da eine Präsentation von Antigenen ohne costimulatorische Aktivierung von T-Zellen dazu führen kann, dass diese tolerant gegenüber den Antigenen werden. Neben den Immuncheckpoint-Inhibitoren, welche das körpereigene Immunsystem gegen den Tumor aktivieren, wurde in den letzten Jahren mit der CAR-T-Zelltherapie eine weitere immunonkologische Behandlungsform zum vielversprechenden Hoffnungsträger. Dazu werden aus dem Blut von Patienten T-Lymphozyten gewonnen und genetisch so verändert, dass sie einen chimären Antigen-Rezeptor (CAR) exprimieren, der an Tumorzellen bindet und das Immunsystem aktiviert. Sechs Vertreter dieser hochwirksamen Arzneimittel gegen maligne hämatologische Erkrankungen sind bereits zugelassen (s. Tab.).
Die bisherigen Indikationen umfassen das diffus großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL), das hochmaligne B-Zell-Lymphom (HGBL), das primär mediastinale großzellige B-Zell-Lymphom (PMBCL) und das follikuläre Lymphom (FL), das Mantelzell-Lymphom (MCL), die akute lymphatische Leukämie (ALL) und das multiple Myelom [1 - 6]. Das Ziel der CAR-T-Zellen ist eine kurative Behandlung der malignen Erkrankungen. So konnte etwa mit Tisagenlecleucel bei 76% von 160 Patientinnen und Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie und bei 65% von 165 Probanden mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom eine vollständige Remission erreicht werden. Unter Therapie mit Brexucabtagen-Autoleucel gegen das Mantelzell-Lymphom sprachen von 74 Patientinnen und Patienten 93% an, 67% erreichten eine vollständige Remission [7].
Generationen von T-Zellen
CAR steht für chimeric antigen receptor (chimärer Antigen-Rezeptor) und beschreibt einen aus mehreren natürlichen Proteinen zusammengesetzten Rezeptor, der in die T-Lymphozyten der Behandelten eingesetzt wird. T-Zellen sind in der Lage, spezifisch Antigene von Krebszellen zu binden und diese in die Apoptose zu schicken. Durch Modifikation der körpereigenen T-Lymphozyten mit einem passenden Rezeptor als Gegenstück für typische Oberflächenproteine können Krebszellen, die ansonsten „unsichtbar“ für das Immunsystem sind, als schädlich erkannt und bekämpft werden. Bei der CAR-T-Zelltherapie werden patientenindividuell im Voraus entnommene Immunzellen moduliert und mit einem CA-Rezeptor ausgestattet. Die aktivierten Immunzellen werden als autologe Infusion appliziert.
Der CAR ist aus mindestens drei Bausteinen zusammengesetzt. Von der Zelle nach außen gerichtet ist eine Bindungsdomäne, die therapieindividuell auf ein Zielantigen zugeschnitten ist, das sie erkennen und binden soll. Auf der Zellinnenseite ist die CD3ζ-Domäne. Sie aktiviert bei Bindung an das Zielantigen die T-Zell-Immunantwort, was zur Freisetzung inflammatorischer Zytokine und zur Vermehrung von T-Zellen führt. Die Bindungsdomäne und Signaldomäne sind über eine Transmembrandomäne miteinander verbunden, über die der CAR in der T-Zelle fixiert ist (s. Abb. 1). Diese drei Domänen machen CAR-T-Zellen der ersten Generation aus. Im Zuge der Weiterentwicklung wurden die Rezeptoren um eine oder zwei weitere Domänen ergänzt. In der zweiten Generation der CAR-T-Zellen ist zwischen Transmembran- und Signaldomäne entweder eine 4-1BB- oder eine CD28-Domäne eingebaut. 4-1BB gehört zur TNF-Superfamilie und kann wie auch CD28 als Costimulator die T-Zellantwort durch Förderung der T-Zellproliferation und Zytokinfreisetzung verstärken. CAR-T-Zellen der dritten Generation verfügen über eine costimulatorische Domäne, bestehend aus 4-1BB und CD28. Neuere Generationen von CAR-T-Zellen enthalten darüber hinaus membrangebundene Zytokine. Zum Beispiel sind bestimmte CAR-T-Zellen der vierten Generation, die als TRUCKs (s. Abb. 1) bezeichnet werden, an eine transgene Zytokinfreisetzung wie IL-12 gekoppelt. Die nächste fünfte Generation verfolgt den neuen Ansatz, den Januskinase-Signalübertragungsweg (JAK-STAT) zu aktivieren, um die Proliferation der Immunzellen zu fördern (s. Abb. 1). Hervorzuheben ist, dass die CAR-T-Zelltherapie nicht auf MHC-Komplexe als Zielstruktur begrenzt ist, sondern auch andere Oberflächenmoleküle als Targets binden kann. Die physiologische MHC-Restriktion von T-Zellen wird also überwunden [7].
Herstellung der T-Zellen in speziellen Zentren
Die Modifizierung körpereigener Lymphozyten zu CAR-T-Zellen erfolgt außerhalb des Körpers (s. Abb. 2). Dafür werden die Patienten zunächst einer Leukapherese unterzogen. Bei dieser Form der Hämapherese wird in einem geschlossenen Verfahren Blut entnommen, Lymphozyten werden daraus isoliert und die übrigen Blutbestandteile zurückgeführt. Eine weitere Selektion ist im Anschluss möglich, sodass nur ausgewählte T-Zellen für die folgenden Schritte verwendet werden. In spezialisierten Herstellungszentren werden die isolierten T-Lymphozyten mithilfe viraler Vektoren gentechnisch verändert, um den spezifischen chimären Antigen-Rezeptor für ein Target wie CD19 zu exprimieren. Dafür werden sie zunächst aktiviert, um die Zellvermehrung anzuregen. In die aktivierten Zellen wird mithilfe von retroviralen Vektoren der genetische Code für das chimäre Protein transferiert und in das Genom der Immunzellen integriert. Dadurch sind alle bei der nachfolgenden Vermehrung entstehenden Zellen in der Lage, den chimären Antigen-Rezeptor auszubilden. Nach dem Vermehrungsschritt erfolgt die Formulierung zu einer infundierbaren Arzneiform. Durch Kryokonservierung bei -120 bis -196 °C werden die CAR-T-Zellen für den sicheren Transport in die Kliniken vorbereitet. In den spezialisierten Behandlungszentren werden die CAR-T-Zellen aufgetaut und die einmalige Infusion erfolgt nach einer Prämedikation mit Paracetamol und einem H1-Antihistaminikum. Der gesamte Herstellungsprozess nimmt vier bis fünf Wochen in Anspruch.
In der Vorbehandlung auf die Infusion erhalten die Patientinnen und Patienten eine Chemotherapie zur Lymphodepletion. Durch die vorausgehende Immunsuppression steigt die Wirksamkeit der CAR-T-Zelltherapie. Die akute Nachbeobachtung im CAR-T-Zentrum beträgt circa zehn Tage und für mindestens vier Wochen findet eine ambulante Nachbetreuung statt. Von der Blutabnahme bis zum Ende der Nachbetreuung vergehen mindestens zehn Wochen. Zur Überwachung und Langzeitkontrolle des Therapieerfolgs und der möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind Hersteller und Behandlungszentren für bis zu 15 Jahre verpflichtet.
Die Durchführung einer CAR-T-Zelltherapie ausschließlich in spezialisierten Behandlungszentren ist auch mit den potenziellen Nebenwirkungen begründet. In Deutschland gibt es derzeit 29 Zentren, die entsprechend den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie in Bezug auf zelltherapeutische Erfahrung, krankheitsspezifische Kompetenz und intensivmedizinische Infrastruktur zertifiziert sind. Die bisher zugelassenen CAR-T-Zelltherapeutika werden in der Tabelle aufgeführt. Die Bewertung von CAR-T-Zelltherapeutika erfolgt durch die EMA als Arzneimittel für neuartige Therapien unter hohen Auflagen [7].
Indikationen | Zielantigen | |
---|---|---|
Axicabtagen-Ciloleucel (Yescarta®) |
| CD19 |
Brexucabtagen-Autoleucel (Tecartus®) |
| CD19 |
Ciltacabtagen-Autoleucel (Carvykti®) |
| BCMA |
Idecabtagen-Vicleucel (Abecma®) |
| BCMA |
Lisocabtagen-Maraleucel (Breyanzi®) |
| CD19 |
Tisagenlecleucel (Kymriah®) |
| CD19 |
Schwerwiegende Nebenwirkungen sind möglich
Wegen der Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen wird die CAR-T-Zelltherapie ausschließlich nach mindestens zwei erfolglosen systemischen Therapien angewandt. Neben möglichen allergischen Reaktionen, Gen- und Neurotoxizität treten insbesondere zwei unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf. Auch gesunde B-Zellen exprimieren CD19. Binden CD19-CAR-T-Zellen an diese gesunden, nicht malignen B-Zellen, werden sie zerstört. In Folge ist das Immunsystem des Patienten geschwächt und dieser erhöht infektanfällig (On-target-off-tumor-Toxizität, die toxische Wirkung gegenüber Nicht-Tumorzellen, die mit CD19 das gleiche Targetmolekül wie die Tumorzellen haben). Zur Pharmakotherapie können in diesem Fall Immunglobuline wie IgG eingesetzt werden. Werden die Tumorzellen abgetötet und weitere Immunzellen angelockt, kann es zum Tumorlysesyndrom und zum Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) kommen. Durch Interaktion mit den Zielantigenen werden die CAR-T-Zellen aktiviert und schütten inflammatorische Mediatoren und Zytokine aus, die wiederum zur Anlockung und Aktivierung weiterer Zellen des Immunsystems führen. Ein Übermaß an Zytokinen wie IFN-γ, Il-6 oder TNF-α führt zu systemischen Entzündungsreaktionen und kann im gesamten Körper zu Schädigungen führen (On-target-on-tumor-Toxizität). Leichte Verläufe zeigen grippeartige Symptome, während schwere Verläufe lebensbedrohlich sein können. Unspezifische Symptome wie Fieber, Tachykardie, Müdigkeit, Erschöpfung, Übelkeit und Durchfall sind ernst zu nehmen und zu beobachten. Bei schwerwiegenden Fällen sind auch Schäden an Herz (s. Kasten „Risiko Herz“), Lunge und Blutgefäßen möglich. Auch Hypoxie, Zytopenie, Gerinnungsstörungen und neurologische Komplikationen von leichter Verwirrung und Wortfindungsstörungen bis zu Krampfanfällen und Enzephalopathien sind möglich. Als besonders schwere Form hat auch im Zuge der COVID-19-Pandemie der Zytokinsturm einige Aufmerksamkeit bekommen. Hierbei findet eine besonders starke positive Rückkopplung statt, wobei Zytokine Immunzellen aktivieren, die ihrerseits zu einer verstärkten Freisetzung von Zytokinen führen. Je nach Erhöhung der Körpertemperatur und Ausprägung von Hypotonie und Hypoxie kann das Zytokinfreisetzungssyndrom in vier Schweregrade unterteilt werden. Ein tödlich verlaufendes Zytokinfreisetzungssyndrom gilt als Schweregrad 5. Bei ersten Anzeichen eines Zytokinfreisetzungssyndroms sollten die Betroffenen sich in ärztliche Behandlung begeben, oft tritt Fieber als erstes Symptom auf. Antipyretika und der monoklonale Antikörper Tocilizumab sind zur Behandlung dieser Symptome geeignet. Er bindet den IL-6-Rezeptor und blockiert ihn kompetitiv, sodass die intrazelluläre Immunantwort geschwächt wird. Immunsuppressiva wie Steroide können ebenfalls eingesetzt werden, sollten aber mit Vorsicht verwendet werden, da sie auch die gewünschten Effekte der CAR-T-Zellen reduzieren können. Die Inzidenz vom Zytokinfreisetzungssyndrom unterscheidet sich bei den verschiedenen CAR-T-Zelltherapien stark mit 42% bei Lisocabtagen-Maraleucel und 93% bei Axicabtagen-Ciloleucel. Für die Anwendung muss mindestens eine Dosis Tocilizumab sowie eine Notfallausrüstung vorhanden sein. Innerhalb von acht Stunden nach jeder vorangegangenen Dosis muss das Behandlungszentrum Zugang zu einer weiteren Dosis Tocilizumab haben [1-7]. Die Anwendung von CAR-T-Zelltherapeutika ist nicht möglich und muss verschoben werden bei klinisch signifikanten Infektionen, einer aktiven Graft-versus-Host-Erkrankung und bei nicht abgeklungenen schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen durch vorangegangene Chemotherapie.
Ambulante CAR-T-Zelltherapie möglich
Die bisherigen Behandlungen mit CAR-T-Zellen erfolgten größtenteils stationär. Hier bahnen sich Veränderungen an. Ärzte der Immuno-Task-Force am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München) und auch Mediziner an weiteren Standorten weltweit haben CAR-T-Zelltherapien schon ambulant eingesetzt, die Patientinnen und Patienten können noch am Tag der Infusion das Krankenhaus verlassen. Eine intensive Überwachung und Versorgung der ambulant Behandelten ist notwendig. Voraussetzung an der Teilnahme bei der Studie zur ambulanten CAR-T-Therapie der LMU München sind eine Wohnsitzentfernung von maximal 60 Minuten von einem CAR-T-Zentrum und die Bereitschaft der Teilnehmenden, für zwei Wochen täglich das Zentrum aufzusuchen. Darüber hinaus müssen die Patienten compliant sein und dürfen nicht alleine wohnen [8]. Ärzte der University of Oklahoma beschreiben ihre Erfahrungen für die ambulante Behandlung von 21 Patientinnen und Patienten mit verschiedenen CAR-T-Zelltherapien. An den ersten 14 Tagen nach Infusion war ein täglicher Überwachungsbesuch angesetzt, an den Tagen 15 bis 28 je drei pro Woche. In den 30 Tagen nach Infusion wurden 15 der 21 Behandelten (71%) stationär aufgenommen, fünf davon innerhalb von 72 Stunden nach Infusion. Andere Berichte beschreiben eine stationäre Aufnahmerate von 31% bei Therapie mit Tisagenlecleucel und 59% bei Therapie mit Lisocabtagen-Maraleucel. Die University of Pennsylvania gehört zu den ersten Orten, an denen CAR-T-Zelltherapie eingesetzt wurde, dort werden mittlerweile 50% aller Patienten ausschließlich ambulant behandelt. An der Überwachung der ambulanten Therapie ist ebenfalls pharmazeutisches Personal beteiligt, das intensiv geschult sein muss [9].
Risiko Herz
Eine CAR-T-Zelltherapie kann schädlich für das Herz sein. In einer Studie im European Heart Journal wurden die Daten von 202 Patientinnen und Patienten retrospektiv ausgewertet, um der Frage nachzugehen, wie sich die CAR-T-Zelltherapie auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Dabei war das Auftreten schwerer kardialer Ereignisse (severe cardiac events, SCE) signifikant. Zu diesen zählen Herzversagen, kardiogener Schock und Myokardinfarkt. Die severe cardiac events waren auch mit dem Anstieg von Biomarkern wie Interleukin 6, C-reaktivem Protein, Ferritin und Troponin assoziiert, die auf eine Herzschädigung hinweisen. Die T-Zellen können das kardiovaskuläre System direkt oder indirekt über Zytokine und Immunzellen (aktivierte Monozyten) angreifen. Die schweren kardialen Ereignisse werden mit der Gesamt-Mortalität (Hazard Ratio [HR] = 2,8; 95%-KI 1,6 bis 4,7), aber auch mit der Mortalität von den Patienten, die kein Rezidiv oder Fortschreiten der Malignität erleiden (non-relapse-mortality: HR = 3,5; 95%-KI 1,4 bis 8,8), in Verbindung gebracht. Aufgrund der Studienergebnisse empfehlen Forscher der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Universitätsklinikums Essen, eine intensivere Überwachung der Patienten zu erwägen (z. B. Bewertung von Biomarkern), die wahrscheinlich in der Vorsorge und auch in der Nachsorge davon profitieren [13, 14].
CAR-T bei soliden Tumoren nicht trivial
Alle zugelassenen CAR-T-Zell-Therapeutika richten sich gegen hämatologische Krebserkrankungen wie Leukämien. Therapien gegen solide Tumoren zu entwickeln, ist aus mehreren Gründen schwieriger. Bewegen sich Krebszellen im Blut oder der Lymphe, sind sie für das Immunsystem viel leichter zugänglich als Tumorzellen, die in einem festen Zellverband sitzen. Viele solide Tumoren haben eine ungünstige Mikroumgebung. Immunsupprimierende Moleküle, die von den Tumoren produziert werden, inhibieren natürliche T-Zellen und CAR-T-Zellen. Geeignete Antigene zu finden, die auf der Oberfläche solider Tumoren aber nicht auf gesunden Zellen vorkommen, erweist sich zudem als schwierig. Histopathologische Eigenschaften vieler solider Tumoren wie verengte Blutgefäße, Fibroblasten, myeloide Zellen, extrazelluläre Matrixproteine und schwache Gewebeintegrität verhindern den anhaltenden Kontakt von T-Zellen und Tumorzellen. Eine denkbare Möglichkeit, den Zugang für T-Zellen zur Tumorumgebung zu verbessern, ist deren Ausstattung mit Rezeptoren für Chemokine wie CXCL1, CXCL5 oder CXCL12. Ein anderer Ansatz, der zurzeit verfolgt wird, sind CAR-T-Zellen, die Immuncheckpoints als Target haben. Sowohl inhibitorische als auch costimulatorische Immuncheckpoints erweisen sich bisher als sinnvolle Targets für CAR-T-Zellen.
Erfolge bei Autoimmunerkrankungen
Trotz großer Fortschritte bei der Behandlung von Lupus erythematodes (LE) sprechen viele Behandelte nicht auf die bestehenden Therapien an. Außerdem ist üblicherweise eine lebenslange Pharmakotherapie nötig. Mit einer CAR-T-Zelltherapie konnte die Krankheitslast bei Probanden mit systemischem Lupus erythematodes drastisch bis vollständig gesenkt werden, das wurde in einer Studie mit vier Patientinnen und einem Patienten gezeigt. Die Zellen hatten CD19 als Zielantigen und erreichten eine Depletion der B-Zellen. Nach vier Monaten, als sich die B-Zellen zurückgebildet hatten, blieben alle Patientinnen und Patienten in pharmakotherapiefreier Remission, die auch weitere Monate danach stabil war. Die Verträglichkeit der Therapie war gut und Symptome des Zytokinfreisetzungssyndroms waren nur schwach ausgeprägt. Auch für weitere Autoimmunerkrankungen konnten bereits Erfolge mit CAR-T-Zelltherapie verzeichnet werden. So beschreibt ein Fallbericht einen 41-jährigen Patienten mit refraktärem Antisynthetase-Syndrom, einer Form der Autoimmunmyosits. CAR-T-Zellen mit CD19 als Target erwirkten für einen Zeitraum von 100 Tagen eine vollständige Depletion der B-Zellen, die sich anschließend zurückbildeten. Ein vollständiger Rückgang von Muskelläsionen sowie die vollständige Rückbildung der Alveolen und eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung traten ein. Es trat nur ein leichtes Zytokinfreisetzungssyndrom (Stufe 1) auf, das mit Paracetamol und Tocilizumab behandelt wurde [10].
Die CAR-T-Zelltherapie ist eine noch sehr junge Behandlungsform, die sich bei verschiedenen Erkrankungen als hochwirksam erwiesen hat. Neben den bestehenden Indikationen ist damit zu rechnen, dass die CAR-T-Technologie in den kommenden Jahren weiter verbessert werden kann und damit noch wirksamer und in einem wachsenden Spektrum von Erkrankungen einsetzbar wird. |
Literatur
[1] Fachinformation Abecma 260 bis 500 × 106 Zellen Infusionsdispersion
[2] Fachinformation Breyanzi 1,1bis 70 × 106 Zellen/ml / 1,1 bis 70 × 106 Zellen/ml Infusionsdispersion
[3] Fachinformation Carvykti 3,2 × 106 bis 1,0 × 108 Zellen Infusionsdispersion.
[4] Fachinformation Kymriah 1,2 × 106 bis 6 × 108 Zellen Infusionsdispersion
[5] Fachinformation Tecartus 0,4 bis 2 × 108 Zellen Infusionsdispersion
[6] Fachinformation Yescarta 0,5 bis 2 × 106 Zellen Infusionsdispersion
[7] Dr. Sina Oppermann. Leukämie-Behandlung: CAR-T-Zell-Therapie als neue Therapieform. Vortrag auf der Pharmacon in Meran 2022
[8] Erste ambulante CAR-T-Zell-Therapie, Information des Klinikums der Universität München (LMU), Stand: Juli 2021, www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/erste-ambulante-car-t-zell-therapie/40ced104ee27e212
[9] Borogovac A, Keruakous A, Bycko M et al. Safety and feasibility of outpatient chimeric antigen receptor (CAR) T-cell therapy: experience from a tertiary care center. Bone Marrow Transplantation 2022;57:1025–1027
[10] Müller F, Boeltz S, Knitza J et al. CD19-targeted CAR T cells in refractory antisynthetase syndrome. Lancet 2023;401:815-818
[11] Umut Ö, Gottschlich A, Endres S, Kobold S. CAR T cell therapy in solid tumors: a short review. Memo 2021;14:143-149
[12] Hartmann J, Schüßler-Lenz M, Bondanza A, Buchholz CJ. Clinical development of CAR T cells – challenges and opportunities in translating innovative treatment concepts. EMBO Mol Med 2017;(9):1183–1197
[13] Totzeck M, Anker MS, Rassaf T. CAR T-cell cancer therapies: do not forget the heart. Eur Heart J 2023;44(22):2043-2045
[14] Mahmood SS, Riedell PA, Feldman S et al. Biomarkers and cardiovascular outcomes in chimeric antigen receptor T-cell therapy recipients. Eur. Heart J 2023;44(22):2029-2042
[15] Geisslinger G, Menzel S, Gudermann T, Hinz B, Ruth P. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie. 11., völlig neu bearbeitete Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, S. 898, Abb. 73.45
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