Arzneimittel und Therapie

Sichere Testosteron-Ersatztherapie

Kardiovaskuläres Risiko war in der TRAVERSE-Studie nicht erhöht

Bislang gab es widersprüchliche Ergebnisse zur kardiovaskulären Sicherheit der Testosteron-Ersatztherapie bei Männern mit Hypogonadismus. Eine kürzlich veröffentlichte Studie mit über 5000 Männern, die im Schnitt knapp ein Jahr lang topisch Testosteron anwendeten, kommt zu dem Ergebnis, dass die Ersatztherapie mit Testosteron in Hinblick auf die kardiovaskuläre Sicherheit im Vergleich zu Placebo nicht unterlegen ist.

Im Rahmen der TRAVERSE-Studie wurde jetzt die Inzidenz schwerwiegender unerwünschter kardialer Ereignisse unter Testosteron-Ersatztherapie untersucht. Die Studie war als multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie konzipiert, um die Nichtunterlegenheit der Testosteron-Ersatztherapie mittels Hazard Ratio gegen Placebo zu testen. Probanden waren Männer mittleren Alters und ältere Männer mit Hypo­gonadismus, die bereits ein Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen aufwiesen oder bei denen ein hohes Risiko dafür bestand. Die Männer zeigten Symptome von Hypogonadismus und hatten außerdem laborchemisch bestimmt zwei Nüchterntestosteron-Werte zwischen 100 und 300 ng/dl. Nach der Randomisierung trugen die Patienten täglich entweder ein transdermales 1,62%-iges Testosteron-Gel (Zielwert Testosteron-Spiegel 350 bis 750 ng/dl) oder ein Placebogel auf. Primär wurde das erstmalige nicht tödliche Auftreten, sekundär wurde der Tod durch mindestens einen der folgenden Faktoren untersucht: Myokard­infarkt, Schlaganfall und koronare Revaskularisierung. Zwischen 2018 und 2022 konnten 5246 Männer im Alter von 45 bis 80 Jahren eingeschlossen werden, von denen 2601 in der Testosteron-Gruppe und 2603 in der Placebogruppe ausgewertet wurden. Sie wurden im Schnitt 21,7 ± 14,1 Monate lang behandelt und 33,0 ± 12,1 Monate nachbeobachtet. Das mittlere Alter betrug in beiden Gruppen rund 63 Jahre. Der primäre Endpunkt trat bei 7,0% der Patienten in der Testosteron-Gruppe sowie bei 7,3% unter Placebo auf (Hazard Ratio 0,96; 95%-KI 0,78 bis 1,17; p < 0,001 für Nichtunterlegenheit). Bei den sekundären Endpunkten traten keine klinisch bedeutsamen Unterschiede auf.

Anwendung von topischen Testosteron-Gelen

Foto: mbruxelle/AdobeStock

Wenn topisch appliziertes Testosteron akzidentiell auf Frauen oder Kinder übertragen wird, kann dies zur Androgenisierung führen. Daher sollten Anwender über dieses Risiko aufgeklärt werden und ganz genau die Anwendungshinweise beachten. Topische Gele sind dünn und großflächig auf die gereinigte, trockene Haut der Oberarme oder Schultern, am Ober­körper oder an der Innenseite der Oberschenkel zu verteilen. Danach müssen sofort die Hände mit Seife gewaschen werden. Alternativ können alkoholbeständige Handschuhe getragen werden. Die Applikationsstelle darf je nach Hersteller erst wieder nach Minuten bis Stunden abgewaschen werden und sollte mit Kleidung bedeckt sein.

Mehr Nebenwirkungen unter Verum

Eine höhere Inzidenz von Vorhofflimmern (3,5% vs. 2,4%, p = 0,02) und akuter Nierenschädigung (2,3% vs. 1,5%, p = 0,04) wurde in der Testosteron-Gruppe beobachtet. Außerdem traten nicht tödliche Herzrhythmusstörungen häufiger unter Verum auf (5,2% vs. 3,3%, p = 0,001). Zusätzlich gab es einen höheren Anstieg beim Prostata-spezifischen Antigen in der Verumgruppe (0,20 ± 0,61 ng/ml vs. 0,08 ± 0,90 ng/ml, p < 0,001). Der mittlere systolische Blutdruck stieg um 0,3 mmHg (95%-KI: -0,3 bis 0,9) in der Testosteron-Gruppe und sank um 1,5 mmHg (95%-KI: -2,0 bis -0,9) unter Placebo (p < 0,001). Folglich erscheint die Testosteron-Ersatztherapie in Hinblick auf das Auftreten schwerwiegender kardialer Ereignisse als nicht schlechter im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit Hypogonadismus, die ein kardiovaskuläres Risiko aufweisen. Allerdings sollte die Therapie­notwendigkeit in Hinblick auf Nebenwirkungen regelmäßig überprüft werden.  |

Literatur

[1] Lincoff AM et al. Cardiovascular Safety of Testosterone-Replacement Therapy. N Engl J Med 2023;389:107-117

[2] Stahl V. Testosteron auf Abwegen. DAZ 2019;38:40

Apothekerin Jutta Hupfer, MScPH

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