Arzneimittel und Therapie

Resistenzen in der Tumortherapie durch CYP-Enzyme

Eine Lösung könnten CYP-Inhibitoren sein

gg/dab | Eine Vielzahl an Arznei­stoffen wird in der Leber durch CYP-Enzyme metabolisiert. Nun konnten Wissenschaftler zeigen, dass diese Enzyme auch in Zellen eines Pan­kreaskarzinoms exprimiert werden, wo sie zu Resistenzen gegen eingesetzte Zytostatika führen können. Könnten demnach CYP-Inhibitoren helfen, resistente Tumorzellen wieder empfindlich gegenüber Zytostatika zu machen?

Die Enzymsubfamilie Cytochrom P450 3A (CYP3A) ist an der hepatischen Metabolisierung zahlreicher Wirk­stoffe beteiligt, darunter auch Zyto­statika wie Irinotecan, Paclitaxel, Anthracycline, Vinca-Alkaloide und Tyrosinkinase-Inhibitoren. Bestimmte Wirkstoffe können diese Enzyme induzieren oder inhibieren, was sich auf die Plasmaspiegelkurven parallel eingenommener Arzneimittel auswirkt. Zunutze macht man sich diese Eigenschaft bislang beispielsweise bei der Therapie von Patienten mit HIV oder COVID-19. „Booster“-Wirkstoffe wie Ritonavir inhibieren CYP-Enzyme und damit den Abbau weiterer, in Kombination verabreichter Wirkstoffe (z. B. Nirmatrelvir in Paxlovid® oder Lopinavir in Kaletra®).

Die Ergebnisse einer jüngst im Journal Nature veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeit [1] legen nahe, dass für eine Blockade von CYP3A noch ein weiteres Anwendungsfeld denkbar ist: die Bekämpfung von Resistenzen gegen bestimmte Chemotherapien.

Zum Weiterlesen

Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Pankreaskarzinom finden Sie in der DAZ 2023, Nr. 17, S. 34 („Gefährlicher Gegner: Pankreaskrebs“). Darin berichtet Diplom-Biologe und Medizinjournalist Stefan Oetzel über das aggressive Karzinom und wie es therapiert werden kann.

Foto: Peakstock/AdobeStock

Studie bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs

Patienten mit nicht oder schwer operablen duktalen Adenokarzinomen des Pankreas profitieren von einer neoadjuvanten Chemotherapie. Jedoch sprechen nicht alle Patienten auf die eingesetzten Wirkstoffe, wie etwa Irinotecan, an. Selbst bei einem Patienten kann es dazu kommen, dass bei einigen Metastasen die Therapie anschlägt, bei anderen hingegen nicht. Um zu untersuchen, was diesen Zellgruppen eine Resistenz gegenüber den eingesetzten Wirkstoffen verleiht, haben Forscher aus Heidelberg, Lissabon und Glasgow Tumorzellproben von Patienten vor beziehungsweise nach einer neoadjuvanten Chemotherapie entnommen und verglichen. Eine Analyse der Transkriptome ergab hierbei, dass einige Zellen Enzyme der CYP3A-Subfamilie in großer Menge exprimierten. Gehäuft fanden die Wissenschaftler diese Zellen in den Proben, die nach der chemotherapeutischen Behandlung mit einem modifizierten Folfirinox-Schema (s. Kasten „Folfirinox-Schema“) entnommen worden waren. Eine hohe CYP3A-Expression in Zellen, die Patienten nach einer Chemotherapie entnommen worden waren, war mit einem schlechten Therapieergebnis assoziiert. Weiterführende Untersuchungen an Organoidmodellen der Zellproben ergaben, dass sich das Ansprechen resistenter Zellen auf den Wirkstoff Irinotecan verbessern ließ, wenn gleichzeitig der CYP-Inhibitor Keto­conazol eingesetzt wurde.

Folfirinox-Schema

Das klassische Folfirinox­-Schema beinhaltet die zyto­statischen Wirkstoffe Folinsäure, 5-Fluorouracil, Irino­tecan und Oxaliplatin. Es wird zur Behandlung eines metastasierten Pankreaskarzinoms eingesetzt [2]. Daneben gibt es eine modifizierte Form des Folfirinox-Schemas (mFolfirinox), die aus 5-Fluorouracil, Irinotecan und Oxaliplatin besteht. Ein weiterer Unterschied zur klassischen Variante des Schemas ist, dass keine Bolusgabe von 5-Fluorouracil erfolgt und die Dosierung von Irinotecan verringert wird [3].

Kombination aus Zytostatika und CYP-Inhibitoren

Insgesamt deuten die Ergebnisse der Untersuchungen darauf hin, dass Tumorzellen mit hoher CYP3A-­Expression bestimmte Zytostatika rasch lokal abbauen und somit eine Resistenz diesen gegenüber aufweisen. Kenntnisse über den Expressionsstatus des Tumors eines konkreten Patienten könnten daher helfen, individuell erfolgversprechende Wirkstoffe für die Chemotherapie auszuwählen. Die Kombination von Zytostatika mit CYP-­Inhibitoren zur Resistenzüberwindung ist ein chancenreicher Ansatz, der nun weiter zu erforschen ist. |

Literatur

[1] Zhou X, An J, Kurilov R. et al. Persister cell phenotypes contribute to poor patient outcomes after neoadjuvant chemotherapy in PDAC. Nat Cancer 2023;4:1362–1381, doi: 10.1038/s43018-023-00628-6

[2] Semrau S, Lubgan D. FOLFIRINOX nach Resektion von Pankreaskarzinomen setzt neue Maßstäbe – Systemtherapie als Impulsgeber für eine Lokaltherapie beim resektablen Pankreaskarzinom. Strahlenther Onkol 2019;195:570–572, doi: 10.1007/s00066-019-01449-2

[3] Drachsler M, Trojan J. Aktuelle Therapiekonzepte des duktalen Adenokarzinoms des Pankreas. Onkologie heute 2019, cme.mgo-fachverlage.de/uploads/exam/exam_262.pdf

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