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Arzneimittel und Therapie
Blutungsrisiko bei untergewichtigen Patienten erhöht
Nutzen-Schaden-Verhältnis oraler Antikoagulanzien ist gewichtsabhängig
Patienten mit Vorhofflimmern weisen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko auf und sollten zur Prophylaxe orale Antikoagulanzien erhalten. Leitlinien empfehlen mehrheitlich direkte orale Antikoagulanzien (DOAK). Der Vitamin-K-Antagonist Warfarin spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. DOAK können in fixer Dosierung eingesetzt werden, ein therapeutisches Drug-Monitoring entfällt. Da der Body-Mass-Index (BMI) beim Verteilungsvolumen und der Plasmakonzentration eine wichtige Variable ist, könnte ein stark von der Norm abweichender BMI, das heißt starkes Unter- oder Übergewicht, die Wirksamkeit eines DOAK beeinflussen. Da die zu dieser Fragestellung vorliegenden Studien ein unvollständiges Bild aufzeigen, nahm sich eine englische Kohortenstudie dieser Fragestellung an. Ihr Ziel war es, Nutzen und Risiken einer DOAK-Einnahme in Abhängigkeit des BMI mit Nutzen und Risiken einer Warfarin-Therapie zu vergleichen. Der Benefit war als Abnahme der Schlaganfallinzidenz definiert, die Risiken wurden durch die Zahl der Todesfälle und die Häufigkeit schwerer Blutungen erfasst.
Vorwiegend Warfarin verordnet
Die Kohorte der retrospektiven Studie bestand aus zwei großen Gruppen: der Warfarin-Gruppe und der DOAK-Gruppe. Alle Patienten litten an neu diagnostiziertem Vorhofflimmern (CHA2DS2-VASc-Score ≥ 3 bei Frauen und ≥ 2 bei Männern). In die Auswertung wurden insgesamt 29.135 Probanden eingeschlossen, davon 22.818 in der Warfarin-Gruppe und 6317 in der DOAK-Gruppe. Nach der BMI-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation) waren
- 2% der Studienteilnehmer untergewichtig (BMI < 18,5 kg/m²),
- 28,9% normalgewichtig (BMI = 18,5 bis 24,9 kg/m²),
- 36,7% übergewichtig (BMI = 25,0 bis 29,9 kg/m²),
- 20,3% wiesen eine Adipositas Grad I (BMI = 30,0 bis 34,9 kg/m²) und
- 12,0% eine Adipositas Grad II (BMI > 35 kg/m²) auf.
Endpunkte der Studie waren ischämischer Schlaganfall, schwere Blutungen und Gesamtmortalität in Abhängigkeit des BMI. Die Daten wurden in den Jahren 2010 bis 2018 erhoben. Zu Beginn des untersuchten Zeitraums wurde mehrheitlich Warfarin verordnet, später wurden direkte orale Antikoagulanzien bevorzugt. Ältere und komorbide Patienten erhielten häufiger DOAK als Warfarin.
Großteil der Patienten profitiert
Nach einem Follow-up von 3,7 Jahren gab es bei den Risiken für einen ischämischen Schlaganfall sowie für schwere Blutungen keine BMI-abhängigen Unterschiede zwischen der Warfarin- und der DOAK-Gruppe.
Bezüglich des Endpunkts Gesamtmortalität hatten normalgewichtige, übergewichtige und Grad-I-adipöse DOAK-Patienten ein höheres Mortalitätsrisiko als Warfarin-Patienten. Dieser Effekt wurde nicht mehr beobachtet, nachdem DOAK häufiger als Warfarin verordnet wurden.
Probanden, die ihre oralen Antikoagulanzien (also Warfarin oder DOAK) nicht regelmäßig einnahmen, wiesen ein höheres Schlaganfall- und Mortalitätsrisiko auf. Dies traf auf alle BMI-Klassen in unterschiedlichem Ausmaß zu. In Nutzen-Schaden-Analysen zeigte sich, dass die Einnahme oraler Antikoagulanzien bei den meisten BMI-Gruppen mit einem Benefit verbunden war. Dies ergab sich aus Vergleichen der Endpunkte während der Einnahme oraler Antikoagulanzien mit den Endpunkten während einer Zeit ohne Verschreibung eines oralen Antikoagulans (Nutzen-Schaden-Verhältnis definiert als > 1). Eine Ausnahme waren untergewichtige Patienten, bei denen der Schaden (erhöhtes Blutungsrisiko) den Nutzen (Schlaganfallprävention) überwog (Nutzen-Schaden-Verhältnis 0,35). |
Literatur
Nakao YM et al. Risks and benefits of oral anticoagulants for stroke prophylaxis in atrial fibrillation according to body mass index: Nationwide cohort study of primary care records in England. EClinicalMedicine 2022;54:101709, doi: 10.1016/j.eclinm.2022.101709
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