KREBSVORBEUGUNG DURCH ASS

Neuer Mechanismus aufgedeckt

Remagen - 25.11.2015, 07:50 Uhr

Krebszelle: Forscher wollten wissen, was ASS bewirkt. (Illustration: vitanovski - Fotolia)

Krebszelle: Forscher wollten wissen, was ASS bewirkt. (Illustration: vitanovski - Fotolia)


Seit langem ist bekannt, dass Acetylsalicylsäure Krebs vorbeugen kann. Doch wie das genau geschieht, war bislang nicht geklärt. Nun hat ein Forscherteam herausgefunden, dass ASS die Blutkonzentration eines krebsfördernden Stoffwechselprodukts senkt.

Acetylsalicylsäure kann offenbar bereits in geringen Dosen das Darmkrebs-Risiko vermindern. Das haben mehrere große Studien belegt. Dies könnte auch für andere Krebserkrankungen gelten. Der mögliche Nutzen muss aber im Verhältnis zu den Nebenwirkungen gesehen werden. Der Blutverdünner kann teilweise schwere Blutungen im Magen-Darm-Trakt verursachen.

ASS gezielter einsetzen

Bevor ASS auf breiter Basis zur Krebsprävention empfohlen werden kann, wollte eine Gruppe von Wissenschaftlern vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, vom Deutschen Krebsforschungszentrum und von den US-amerikanischen Krebsforschungszentren in Salt Lake City und in Seattle herausfinden, auf welche Weise es die Krebsentstehung verhindert. „Wenn wir den Wirkmechanismus kennen, hilft uns das möglicherweise dabei, ASS gezielt denjenigen Menschen zu verordnen, denen es am meisten nutzt und die das geringste Risiko haben, schwere Nebenwirkungen zu entwickeln“, sagt Studienleiterin Cornelia Ulrich vom Huntsman Cancer Institute in Salt Lake City, USA.

Über 360 Stoffwechselprodukte gecheckt

Für die Studie nutzte Ulrichs Team das so genannte „Metaboliten-Profiling“. Es analysierte die Stoffwechselprofile von 40 Probanden im Alter von 20 bis 45 Jahren, die über 60 Tage täglich 325 mg Acetylsalicylsäure eingenommen hatten. Die Untersuchung umfasste über 360 Stoffwechselprodukte und kleine Moleküle wie Zucker, Aminosäuren oder Vitamine.

Dabei stießen die Forscher auf einen biochemischen Prozess, von dem man bislang nicht wusste, dass er durch ASS reguliert wird. Sie fanden, dass die Konzentration von 2-Hydroxyglutarat im Blut der Probanden während der Einnahme im Durchschnitt um 12 Prozent sank. Im Anschluss daran konnte das Ergebnis an Darmkrebs-Zelllinien in der Kulturschale bestätigt werden. Hier senkte ASS die 2-Hydroxyglutarat-Konzentration sogar um 34 Prozent.

Auch den Mechanismus konnten sie aufklären: Der primäre ASS-Metabolit Salicylat hemmt das Enzym HOT (Hydroxyacidic-oxoacid Transhydrogenase), das seinerseits die Produktion von 2-Hydroxyglutarat anregt. 2-Hydroxyglutarat gilt als Krebstreiber. Bei  bestimmten Leukämien und Hirntumoren wurden erhöhte Konzentrationen der Substanz gefunden.

Vielversprechender Befund

Bei vorangegangenen Studien zur krebspräventiven Wirkung von ASS hatte der Fokus meist auf der gerinnungs- und die entzündungshemmenden Wirkung des Medikaments gelegen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf  hin, dass der Effekt auch andere Mechanismen wie die Reduktion von 2-Hydroxyglutarat mit einschließen kann, insbesondere bei niedriger Dosierung”, meint David Liesenfeld vom NCT. „Dass wir bei der Untersuchung direkt auf einen krebsrelevanten Stoffwechselweg gestoßen sind, bestätigt unsere Erwartung an das Potential von ASS in der Vorbeugung.”

In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher nun klären, ob die im Blut und in der Zellkultur beobachtete Reduktion von 2-Hydroxyglutarat bei ASS-Einnahme auch im Darmkrebs-Gewebe nachweisbar ist.

Liesenfeld DB, Botma A, Habermann N, Toth R, Weigel C, Popanda O, Klika KD, Potter JD, Lampe JW, Ulrich CM. Aspirin Reduces Plasma Concentrations of the Oncometabolite 2-Hydroxyglutarate: Results of a Randomized, Double-Blind, Crossover Trial. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2015 Nov 19. [Epub ahead of print]


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