Pharmakovigilanz

Gliflozin-Nutzen überwiegt das Risiko

Stuttgart - 15.02.2016, 15:00 Uhr

Bei einer Therapie mit Empaglifozin und Dapagliflozin ist auf Ketoazidose-Symtome zu achten, warnt der PRAC (Foto: Boehringer, BMS/Astra Zeneca / Montage DAZ)

Bei einer Therapie mit Empaglifozin und Dapagliflozin ist auf Ketoazidose-Symtome zu achten, warnt der PRAC (Foto: Boehringer, BMS/Astra Zeneca / Montage DAZ)


Die Vorteile einer Behandlung mit SGLT2-Inhibitoren sind für Typ-2-Diabetiker größer als das Risiko einer Ketoazidose. Zu diesem Schluss ist der Pharmakovigilanzausschuss der EMA (PRAC) gekommen. Der Ausschuss empfiehlt jedoch Maßnahmen, um die Ketoazidose-Gefahr auf ein Minimum zu reduzieren.

Im Juni 2015 hatte die europäische Aufsichtsbehörde EMA für die oralen Antidiabetika Canagliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin (SGLT2-Inhibitoren, Gliflozine) ein Risikobewertungsverfahren gestartet. Das Verfahren war von der Europäischen Kommission initiiert worden, nachdem diabetische Ketoazidosen während einer Therapie mit SGLT2-Inhibitoren aufgetreten waren.

Ketoazidosen sind eigentlich eine typische Komplikation des Typ-1-Diabetes, da sie bei absolutem Insulinmangel auftreten. Bei Typ-2-Diabetes, zu dessen Behandlung die Gliflozine zugelassen sind, sind sie ein eher seltenes Phänomen. Die aufgetretenen Fälle waren alle schwer, einige Patienten mussten stationär behandelt werden. Die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA hatte bereits kurz zuvor auf diese Gefahr einer Gliflozin-Therapie aufmerksam gemacht.

Mehr Nutzen als Risiko

Der PRAC hat die Bewertung jetzt abgeschlossen. Laut dem Gremium überwiegt der Nutzen der SGLT-2-Inhibitoren nach wie vor. Um das Ketoazidose-Risiko zu minimieren, empfiehlt der Ausschuss eine Reihe von Maßnahmen.

Bei einigen der beschriebenen Fälle waren im Gegensatz zur typischen diabetischen Ketoazidose die Blutzuckerspiegel nur leicht erhöht. Ein Umstand, der Diagnosestellung und Therapie verlangsamen kann. Daher sollten Ärzte bei entsprechender Symptomatik eine Ketoazidose in Erwägung ziehen, auch wenn der Blutzuckerspiegel nicht erhöht ist.

SGLT2-Inhibitoren

EmpagliflozinDapagliflozin und Canagliflozin (in Deutschland nicht mehr verfügbar) sind orale Antidiabetika aus der Gruppe der SGLT2-Inhibitoren. Die „Gliflozine“ blockieren selektiv und kompetitiv den Natrium-Glucose-Cotransporter-2 (SGLT2), der für über 90 % der renalen Glucose-Reabsorption verantwortlich ist. Es kommt zu einer erhöhten Glucose- und Flüssigkeitsausscheidung. In der Folge sinken der Blutzuckerspiegel und der systolische Blutdruck. Außerdem verlieren die Patienten durch den erhöhten Glucoseverlust ans Gewicht. Da der Blutzucker Insulin-unabhängig gesenkt wird, wird der Einsatz der Gliflozine bei Typ-1-Diabetes diskutiert. SGLT“-Inhibitoren sind allein oder in Kombination mit anderen Antidiabetika zur Behandlung t Typ-2-Diabetes zugelassen.

Handelsnamen: Jardiance® (Empagliflozin), Forxiga® (Dapagliflozin); Xigduo (Kombination mit Metformin)

Auf Ketoazidose-Symptome achten

Patienten, die SGLT2-Inhibitoren einnehmen, sollten auf Symptome einer diabetischen Ketoazidose achten. Dazu gehören schnelle Gewichtsabnahme, Übelkeit und Erbrechen, Magenschmerzen. Übermäßiger Durst, schnelle und tiefe Atmung, Verwirrung, ungewöhnliche Müdigkeit oder Schläfrigkeit, süßlicher charakteristischer Geruch der Atemluft, süßer oder metallischer Geschmack sowie ein ungewohnter Geruch von Urin oder Schweiß. Tritt irgendeins dieser Symptome auf, sollten die Betroffenen einen Arzt aufsuchen.

Bei Verdacht oder Bestätigung einer Ketoazidose müssen die SGLT2-Inhibitoren abgesetzt werden. Die Therapie darf nur fortgesetzt werden, wenn eine andere Ursache für die Ketoazidose identifiziert und beseitigt wurde.

Bei Patienten mit Risikofaktoren müssen Ärzte besonders vorsichtig sein. Solche Risikofaktoren sind zum Beispiel eine geringe Reserve an funktionstüchtigen Betazellen, Zustände, die zu reduzierter Nahrungsaufnahme oder Dehydratation führen, oder plötzliche Schwankungen beim Insulinbedarf aufgrund einer Krankheit oder wegen Alkohol-Missbrauchs.

Der PRAC empfiehlt zudem bei größeren Operationen oder schweren Erkrankungen, die Behandlung mit SGLT2-Inhibitoren zu unterbrechen.

PRAC warnt vor Off-label-Use

Einige der Ketozaidose-Fälle betrafen Typ-1-Diabetiker. Der PRAC weist daher in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, dass keiner der SGLT-2-Inhibitoren für diese Patientengruppe zugelassen ist.

Die PRAC-Empfehlungen werden an den Humanarzneimittelausschuss weitergeleitet, der über die Umsetzung entscheidet.

In Deutschland sind derzeit nur Empagliflozin (Jardiance®) und und Dapagliflozin (Forxiga®) auf dem Markt. Canagliflozin (Invokana®) wurde, nachdem im Rahmen der frühen Nutzenbewertung kein Zusatznutzen festgestellt wurde, vom Hersteller vom Markt genommen.


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1 Kommentar

Forxiga 10

von Frank Müller am 14.01.2018 um 20:07 Uhr

Ich habe seit 3 Tagen so ein üblen süßen Geschmack und mir ist dauernd schlecht. Kommt das vom forxiga und soll ich es absetzen oder noch warten ob es weg geht.
Danke für Antwort. Gruß

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