Bundesinstitut für Risikobewertung 

Glyphosat-Rückstände in Bier sind unbedenklich

München - 25.02.2016, 11:20 Uhr

Kann Spuren von Glyphosat enthalten: Die Meldung wird bei Verbrauchern Ängste auslösen, die laut Bundesinstitut für Risikoforschung jedoch völlig unnötig sind. (Foto: Benreis / wikimedia, CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0)

Kann Spuren von Glyphosat enthalten: Die Meldung wird bei Verbrauchern Ängste auslösen, die laut Bundesinstitut für Risikoforschung jedoch völlig unnötig sind. (Foto: Benreis / wikimedia, CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0)


Nach Analysen eines Umweltverbandes wurden Spuren des Unkrautvernichters in mehreren Biersorten identifiziert. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung müssten jedoch täglich 1000 Liter Bier getrunken werden, damit es gesundheitlich bedenklich würde.

Laut Tests des Münchner Umweltinstituts wurden Rückstände des Pestizids Glyphosat in mehreren deutschen Biersorten gefunden. Beim Test von 14 der beliebtesten Biermarken Deutschlands wurden Spuren des Unkrautvernichters festgestellt. Die Werte lagen zwischen 0,46 und 29,74 Mikrogramm pro Liter, während für Trinkwasser ein gesetzlicher Grenzwert von 0,1 Mikrogramm gilt. Einen Grenzwert für Bier gibt es allerdings nicht. Es ist umstritten, ob Glyphosat krebserregend ist.

„Ein Stoff, der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas verloren“, erklärte Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut. Ihr Verein wurde nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl gegründet wurde und setzt sich gegen Atomkraft, für gentechnikfreies Essen, für eine nachhaltige Energiewende und für den ökologischen Landbau ein. Der Deutsche Brauer-Bund kündigte eine Stellungnahme bis zum Mittag an

Zusammenhang nicht klar - aber Belastung unerwünscht

Marike Kolossa, Leiterin des Fachgebiets gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung im Umweltbundesamt, sagte zu den Ergebnissen, da nach wie vor zwischen Experten nicht abschließend geklärt sei, ob Glyphosat Krebs beim Menschen erregen könne, sei eine Belastung des Menschen „nicht wünschenswert“. 

Die Grünen-Politikerin Renate Künast nannte die Nachricht „eine Katastrophe“ für die Verbraucher und für den Lebensmittelbereich. „Jetzt müssen die Bierbrauer handeln und sich für glyphosatfreie Rohstoffe stark machen.“ Für die Grünen ist die Meldung wohl eine Steilvorlage, denn sie bringen gleichfalls am Donnerstag einen Antrag in den Bundestag ein, nach dem die „voreilige Neuzulassung“ von Glyphosat gestoppt werden sollte.

BfR gibt Entwarnung

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hingegen sieht keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher. Glyphosatrückstände in Bier seien aus wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff sei. Selbst die höchsten Werte von rund 30 Mikrogramm pro Liter seien jedoch so niedrig, dass die rechnerisch resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mehr als 1000-fach niedriger liegen würde als die derzeit als unbedenklich geltenden Aufnahmemengen, teilte das BfR auf Anfrage mit. „Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken.“


Ich habe in Bayern noch niemanden gesehen, der 1000 Mass Bier trinkt. Und wenn er sie trinkt, dann tritt der Exitus nicht wegen Pflanzenschutzmitteln ein, sondern aufgrund anderer Gründe, die Sie und ich sich vorstellen können.

Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) zum Nachrichtensender n-tv


Der Deutsche Brauer-Bund hat die Studie des Münchner Umweltinstituts zu Glyphosat in Bier als nicht glaubwürdig bezeichnet. Der Vorwurf des Umweltinstitutes, die Brauereien würden ihre Rohstoffe nicht ausreichend kontrollieren, sei „absurd und völlig haltlos“, teilten die Brauer mit. Die Brauereien in Deutschland betrieben einen hohen Aufwand, um die vier natürlichen Rohstoffe Wasser, Malz, Hopfen und Hefe, die nach dem Reinheitsgebot zum Brauen verwendet werden, auf mögliche Schadstoffe zu kontrollieren.

Der Deutsche Brauer-Bund habe ein eigenes Überwachungs-System für Braumalz. „Unser Monitoring zeigt, dass die gemessenen Werte stets deutlich unter den Höchstgrenzen liegen. Zu keiner Zeit konnten Überschreitungen der zulässigen Rückstandshöchstwerte bei Glyphosat festgestellt werden.“ Daneben gebe es staatliche Kontrollen und weitere Eigenkontrollen der Brauereien, die dafür Sorge trügen, dass keine Schadstoffe Eingang in die Produktion finden.

Umstrittene Methodik

Das Umweltinstitut hatte zunächst mit der sogenannten Elisa-Methode messen lassen, die zwar bei niedrigen Werten anspricht, aber nicht unumstritten ist. Die drei Biere mit Werten ab 20 Mikrogramm pro Liter waren mit der weniger sensiblen LC-MS/MS-Methode gegengecheckt worden, die Werte bestätigten sich. Mit der Elisa-Methode gemessene und dann mit der LC-MS/MS-Methode bestätigte höhere Werte können als nachgewiesen gewertet werden, sagte Kolossa. Sie berichtete auch, dass bei Studien mit Studenten in den vergangenen 15 Jahren die Belastung mit Glyphosat im Urin gestiegen ist.

Allgegenwärtiges Glyphosat

Glyphosat ist der weltweit am meisten eingesetzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird es vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung verwendet. Getreide darf in Deutschland unter bestimmten Umständen auch vor der Ernte damit behandelt werden. Bundesweit wurden laut Umweltbundesamt im Jahr 2012 knapp 6000 Tonnen reine Wirkstoffmenge aufgebracht. Dabei werden Glyphosat oft noch Beistoffe beigemischt. Sie sollen das Eindringen in die Pflanze erleichtern. Diese Stoffe sind nach Einschätzung des BfR zum Teil giftiger als das Glyphosat selbst.

Update am 25.02.2016, 12:45 Uhr: Ergänzung um das Statement und den Antrag der Grünen.

Update am 25.02.2016, 14:40 Uhr: Ergänzung um das Statement des Bundeslandwirtschaftsministers und der Bierbrauer.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Glyphosat

von RK Wi. am 25.02.2016 um 21:49 Uhr

Wie viel noch? Wie lange noch? Was noch?
Sind wir mit Umweltbelastungen nicht längst überkonfrontiert? Nitrate in den Grundwässern durch Überdüngung, Feinstaubbelastungen oberhalb jeder Zumutbarkeitsgrenze in der Luft, Hormone im Fleisch, Kunststoffe und Quecksilber im Fisch ..... Da sollte es doch bei den Verantwortlichen langsam klingeln, bei einem weiteren Giftstoff wie Glyphosat, das ab einer bestimmten Konzentration in jedem Fall gesundheitsgefährdend ist, einen grundsätzlichen Riegel vorzuschieben.

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Nicht nur im Bier

von Heike am 25.02.2016 um 20:33 Uhr

Natürlich trinkt keiner 1000 Liter Bier, aber jeder isst Getreide, Gemüse, Obst, Fleisch und Milch - überall ist potentiell Glyphosat enthalten. Die Summe macht es dann. Und es gibt ja noch viel mehr Giftstoffe, die wir aufnehmen, z.B. das Cadmium aus den Katalysatoren und andere Stoffe in der Luft.
Isoliert betrachtet sind die Stoffe wahrscheinlich unbedenklich, aber in der Summe weiß keiner was sie bewirken (siehe auch Einnahme von mehreren verschiedenen Medikamenten).

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Glyphosat

von Hackl Josef am 25.02.2016 um 19:02 Uhr

Etliche Stellen erklären, dass schon 1,2 Mikrogramm pro Liter bedenklich sind.
Die unqualifizierte Äußerung unseres Landwirtschaftsministers bestärkt mich in meiner Meinung:
Dieser Minister gehört bim die Wüste geschickt!

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