Phytotherapie von Harnwegsinfektionen

Wann Selbstmedikation, wann zum Arzt?

Berlin - 21.03.2016, 15:00 Uhr

Tee aus Birkenblättern: Wird in der Apotheke häufig nachgefragt. (Foto: Hetizia / Fotolia)

Tee aus Birkenblättern: Wird in der Apotheke häufig nachgefragt. (Foto: Hetizia / Fotolia)


Harnwegsinfektionen können sehr schmerzhaft sein. Bei „erträglichen" Symptomen fragen Betroffene in der Apotheke häufig nach einem pflanzlichen Präparat. Nützliche Tipps für die Beratung gab es im POP-Symposium „Pharmakotherapie von Harnwegsinfektionen" auf der INTERPHARM.

Apothekerin Dr. Kirsten Dahse aus Gröbenzell stellte - gemeinsam mit Dr. med. Johanna Lerner aus München - dar, wann eine Selbstmedikation nicht angebracht ist: zum einen bei Risikofaktoren wie Schwangerschaft, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz oder Immunsuppression. Außerdem bei Fieber, Schmerzen in der Nierengegend, Blut im Urin, zunehmenden Beschwerden sowie Symptomen, die länger als fünf Tage andauern. Analgetika sollten mit Vorsicht eingesetzt werden. „Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass damit eine beginnende Pyelonephritis, die meist mit Fieber und Schmerzen einhergeht, verschleiert werden kann“, betonte Dahse.

Von Ackerschachtelhalm bis Tausendgüldenkraut

Für die Phytotherapie steht eine ganze Reihe von Präparaten zur Verfügung, bei denen jedoch auch Nebenwirkungen und Kontraindikationen zu beachten sind.

Bei Bärentraubenblättern und Extrakten daraus resultiert die Anwendungsbeschränkung „nicht häufiger als fünfmal pro Jahr und jeweils nicht länger als ein Woche“ aus einem potenziellen kanzerogenen Risikos des Hydrochinons. Dieses ist jedoch wahrscheinlich sehr gering, zumal die Verbindung rasch konjugiert und abgebaut wird.

Meerrettichwurzel und Kapuzinerkressekraut enthalten Senfölglykoside und sollten deshalb Personen mit Nierenfunktionsstörungen und Magengeschwüren nicht empfohlen werden. Kapuzinerkressekraut ist wegen des Gehalts an Vitamin K für Patienten unter Phenprocoumon nicht geeignet.

Tausendgüldenkraut, Rosmarinblätter und Liebstöckelwurzel sind zur Durchspülungstherapie zugelassen. Zurückhaltung ist jedoch geboten bei Patienten mit Herz- und Niereninsuffizienz wegen der hierfür notwendigen größeren Trinkmengen. Die Cumarine im Liebstöckelkraut können eine Photosensibilisierung hervorrufen. 

Cranberry im Trend

Nieren- und Blasentees zur Durchspülungstherapie werden in der Apotheke häufig nachgefragt, um damit pathogene Keime aus den Harnwegen auszuschwemmen. Neben Bärentraubenblättern enthalten sie in verschiedenen Kombinationen hauptsächlich Birkenblätter, Echtes Goldrutenkraut, Orthosiphonblätter, Hauhechelwurzel oder Ackerschachtelhalmkraut. Vor einer Empfehlung von Tees mit Birkenblättern sollte nach einer Birkenpollenallergie gefragt werden.

Zubereitungen aus der Großfrüchtigen Moosbere, besser bekannt als Cranberry, werden seit einigen Jahren sowohl zur Prophylaxe als auch zur Behandlung von rezidivierenden  Infektionen der Harnwege empfohlen. Allerdings konnte in einem Cochrane-Review bezüglich der Prophylaxe keine statistisch signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo gezeigt werden. 


Dr. Claudia Bruhn, Apothekerin / Autorin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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