Roter-Hand-Brief

Hepatitis-B-Ausbruch durch Tyrosinkinase-Inhibitoren

Berlin - 12.04.2016, 11:00 Uhr

Rote-Hand-Brief: Bei chronischen Trägern des Hepatitis-B-Virus sei  es unter der Behandlung mit BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren zu HBV-Reaktivierungen gekommen. (Foto: jarun011 / Fotolia)

Rote-Hand-Brief: Bei chronischen Trägern des Hepatitis-B-Virus sei es unter der Behandlung mit BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren zu HBV-Reaktivierungen gekommen. (Foto: jarun011 / Fotolia)


Unter der Therapie mit BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren kann es jederzeit zur Reaktivierung einer chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion kommen. Davor warnen die Hersteller entsprechender Präparate in einem Rote-Hand-Brief.

Bei Patienten, die chronische Träger des Hepatitis-B-Virus (HBV) sind, sei  es unter der Behandlung mit BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren zu HBV-Reaktivierungen gekommen, heißt es in einem Rote-Hand-Brief mehrerer Hersteller. Dabei seien akutes Leberversagen und fulminante Hepatitis, die zu einer Lebertransplantation oder zum Tod führte, aufgetreten.

Anscheinend könne es jederzeit zu solchen Reaktivierungen kommen, und zwar sowohl bei Patienten mit bekannter HBV-Vorgeschichte als auch bei solchen mit zu Beginn der Behandlung unbekanntem serologischem Status. Die HBV-Reaktivierung wird als Klasseneffekt der BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren eingestuft, auch wenn der Mechanismus und die Häufigkeit der HBV-Reaktivierung bislang noch unbekannt seien.

Betroffen sind die BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren Bosutinib (Bosulif®), Dasatinib (Sprycel®), Imatinib (Glivec®), Nilotinib (Tasigna®) und Ponatinib (Iclusig®), die Fach- und Gebrauchsinformationen der Präparate werden entsprechend angepasst. Die Hersteller Novartis, Bristol-Myers Squibb, Pfizer und Ariad empfehlen in Abstimmung mit der europäischen Zulassungsbehörde EMA und dem deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM

  • Patienten vor der Behandlung mit BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren auf eine HBV-Infektion zu untersuchen,
  • bei positiver HBV-Serologie vor Behandlungsbeginn Fachärzte mit Erfahrung in der Hepatitis-Behandlung zu konsultieren und
  • HBV-Träger, die einen BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitor benötigen, während der Behandlung und für einige Monate nach dem Absetzen engmaschig auf Zeichen einer aktiven HBV-Infektion zu überwachen.  

BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren werden zur Therapie verschiedener maligner Tumore, v.a. der chronisch-myeloischen Leukämie (CML) eingesetzt. Bei mehr als 90 Prozent der CML-Patienten ist ein verkürztes Chromosom 22 (Philadelphia-Chromosom) zu finden. Dieses resultiert in einer veränderten Aktivität der BCR-ABL-Tyrosinkinase, die wiederum zu unkontrollierter Zellteilung führt. Die BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren binden an die ATP-Bindungsstelle der Tyrosinkinase und hemmen so deren Aktivität.

Der Mechanismus der HBV-Reaktivierung durch BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitoren ist bisher unklar, andere Tyrosinkinase-Inhibitoren scheinen nicht betroffen zu sein. 


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