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„Mystery Shopping“ in Österreich
Verdeckte Ermittler der Kassen gegen Sozialmissbrauch
Die Österreichische Sozialversicherung will den niedergelassenen Ärzten mit verdeckten Kontrolleuren der Krankenkassen mehr auf die Finger schauen. Die gesetzliche Grundlage für das „Mystery Shopping“ gilt seit Jahresbeginn. Nun wurden Durchführungsrichtlinien dazu beschlossen.
Die Möglichkeit der verdeckten Kontrollen beruht auf dem österreichischen Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz. Seit dem 1. Januar 2016 müssen sich die Ärzte und Krankenhäuser hiernach künftig von der Identität der Personen mit der krankenversicherungskarte (e-Card), die sie vorlegen, überzeugen.
Außerdem werden die Krankenversicherungsträger dazu ermächtigt, zur Kontrolle der Vertragspartner durch ihre Prüforgane eigens hierfür ausgestellte e-cards einzusetzen. Die Kontrolleure werden damit als Scheinpatienten zu „under-cover“-Agenten der Krankenkassen. Solche Kontrollen mit Hilfe der „Fake“ e-Cards sollen allerdings nur bei begründetem Verdacht auf eine nicht rechtskonforme Vorgangsweise des Vertragspartners, das heißt des Arztes, zulässig sein.
Außerdem sollen sie nur stichprobenweise auf Grund eines jährlich im Vorhinein zu erstellenden Stichprobenplans möglich sein. In der letzten Woche hat die Trägerkonferenz der Sozialversicherung nun präzise Richtlinien dazu beschlossen. Sie sollen gewährleisten, dass die Kontrollen unter möglichster Wahrung der Interessen der Betroffen gestaltet und durchgeführt werden. Jede Willkür soll laut Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger auch beim Zeitpunkt der Kontrollen ausgeschlossen sein.
Klare Eckpunkte für die Kontrollen
Der jeweils für das kommende Jahr vorgesehene Stichprobenplan muss deshalb sowohl die Prüfungsschwerpunkte als auch den Gesamtumfang der Stichproben enthalten. Er muss außerdem zwischen den einzelnen Krankenkassen koordiniert werden, damit ein Vertragspartner nicht mehrfach von den jeweiligen Trägern kontrolliert wird. Der Prüfvorgang selbst muss genau protokolliert und dokumentiert werden. Festgelegt ist weiterhin, dass auch der kontrollierte Arzt nach der Kontrolle informiert und über mögliche Vertragsverstöße aufgeklärt wird.
Ärztekammer: Nein zum dem „Bespitzelungsgesetz
Der Entwurf zu dem Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz war im Juni 2015 vom Ministerrat beschlossen worden und hatte seinerzeit bei der österreichischen Ärztekammer heftige Proteste ausgelöst. „Die Ärzteschaft wird weder Bespitzelungsaktionen wie das ‚Mystery Shopping‘ noch bürokratische Schikanen wie die verpflichtende Identitätsfeststellung von Patienten mittels Ausweis widerstandslos hinnehmen", hatte Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) gewettert.
Dass die Regierung auf das systematische Ausspionieren von Arztpraxen durch Kassen-Spitzel mit gefälschten E-Cards setze, und damit sowohl Patienten als auch Ärzte unter einen Generalverdacht stelle, sei ein Skandal. Die verpflichtende Identitätsfeststellung sei unzumutbar, und das Mystery-Shopping durch Kassen-Spione unterminiere ein vertrauensvolles Arzt-Patient-Verhältnis. Ein Arzt müsse davon ausgehen können, dass ein Patient ein „richtiger" Patient ist, und kein Krankenkasse-Spitzel, der den Arzt mittels Falschangaben zu einer medizinisch nicht gerechtfertigten Krankschreibung verleiten möchte.
Mit Augenmass vorgehen
Nun müssen die Ärzte die „Kröte“ wohl doch schlucken. „Mit der gesetzlichen Basis und den Richtlinien gibt es für alle Beteiligten klar nachvollziehbare Bedingungen für den Einsatz von Testpatienten. Es wird hier nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, betont Ingrid Reischl, Vorsitzende der Trägerkonferenz und Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse.
Die Sozialversicherungsträger sollten das Instrument mit äußerstem Augenmaß nutzen. „Wir setzen einen Auftrag des Gesetzgebers um und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich“, setzt die Verbandsvorsitzende im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Ulrike Rabmer-Koller hinzu.
„Unsere Versicherten und auch die Vertragspartner müssen sich darauf verlassen können, dass beim Besuch in der Ordination kein Missbrauch wie etwa das Verschreiben von ungerechtfertigten Krankenständen oder die Ausstellung von Rezepten ohne Arztkontakt passieren kann.“ Für die 9 Millionen Versicherten sei dies ein klares Signal, dass die Sozialversicherung sorgsam mit ihren Beitragsgeldern umgehe.
Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient bleibt von dieser Neuerung völlig unbeeinflusst, so wird zugesichert. Das Mystery Shopping werde für die Vertragspartner und die Versicherten größtenteils gar nicht bemerkbar sein. Spüren würden die Initiative nur jene, die versuchen, das System auszunutzen. Bundesweit sollen die Kontrollen dem Vernehmen nach wohl erst 2017 starten.
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