Ärztepräsident Montgomery zu TTIP

Medizinische Standards dürfen nicht aufgeweicht werden

Stuttgart - 04.05.2016, 10:30 Uhr

Gegen TTIP protestieren auch Apotheker - hier die Mitglieder der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament. (Foto: EPA / Olivier Hoslet / dpa)

Gegen TTIP protestieren auch Apotheker - hier die Mitglieder der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament. (Foto: EPA / Olivier Hoslet / dpa)


Das Freihandelsabkommen TTIP würde die Gesundheitsvorsorge aufweichen, fürchten Kritiker angesichts der geleakten Dokumente. Die ABDA hat apothekenrechtliche Fragen im Blick, für Ärztepräsident Montgomery dürfe TTIP den Gesundheitssektor generell nicht betreffen. Die Grünen-Politikerin Klein-Schmeink begrüßt die Veröffentlichung der bisher geheimen Unterlagen.

Während die Verhandlungsunterlagen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP bisher nur in streng bewachten Leseräumen durch Bundestags-Parlamentarier eingesehen werden konnten, hat Greenpeace Anfang der Woche die geheimen Unterlagen öffentlich gemacht. Hierdurch wurde bekannt, welche Positionen die USA verfolgen. Die amerikanischen Verhandlungsführer wollen erreichen, dass gesetzliche Zulassungs-Einschränkungen wissenschaftlich begründet werden. So könnte das politisch motivierte Verbot genetisch veränderter Lebensmittel gegen Erleichterungen beim Export von Autos eingetauscht werden, fürchten Kritiker.

ABDA will apothekenrechtliche Folgen beobachten

Zwar verspricht die Bundesregierung, dass der Gesundheitssektor durch TTIP nicht betroffen wäre – doch befürchten Apotheker Einschränkungen beim Status freier Berufe. Nach einer kurzen Durchsicht der von Greenpeace veröffentlichten Unterlagen sieht die ABDA zumindest keine Anhaltspunkte, dass hierdurch das Apothekenrecht betroffen sein könnte, wie ein Sprecher auf Nachfrage sagt. Aber natürlich werde die ABDA „die weitere Entwicklung engmaschig beobachten“, so der Sprecher – insbesondere in Hinblick auf den Status der freien Berufe.

Außerdem soll TTIP die Zulassung von Generika oder den Austausch von Unterlagen zwischen der EMA und der FDA in TTIP regeln. Zwar könnten einerseits so möglicherweise unsinnige Doppelkontrollen verhindert werden. Doch könnten andererseits Generika durch eine angedachte Verlängerung mancher Patentlaufzeiten verteuert werden und das Gesundheitssystem so in Bedrängnis geraten, fürchten Kritiker

Eine McDonaldisierung der Medizin wäre inakzeptabel

Anlässlich der Veröffentlichung der bisher geheimen Verhandlungsunterlagen fordert nun Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery die europäischen Verhandlungsführer dazu auf, „mit sofortiger Wirkung alle Gesundheitsdienstleistungen, -standards und -leitlinien aus den TTIP-Verhandlungen zu streichen.“ Offensichtlich sähen die USA alle bewährten Standards des Gesundheitswesens in Deutschland und Europa als Handelshemmnisse an, sagt Montgomery in einer Stellungnahme.

Gesundheit dürfe jedoch nicht als Handelsware gesehen werden. „Diesen Grundsatz darf die Politik auch nicht für einen Tauschhandel opfern“, so der Ärztepräsident. „Eine McDonaldisierung der Medizin als Trade-off für mehr Autoexporte ist inakzeptabel.“ Die europäischen Verhandlungsführer müssten dafür einstehen, dass das Patientenwohl an erster Stelle steht. 


Werden Regierungen eingeschränkt?

Gegenüber DAZ.online begrüßt die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeink, die Veröffentlichung der internen Unterlagen. „Greenpeace hat uns Parlamentariern die Möglichkeit zurückgegeben, unserem Auftrag nachzukommen“, so Klein-Schmeink. Anders als im offiziellen Lesesaal könne man sie nun mit der nötigen Sorgfalt im Team durcharbeiten.

Wichtig ist ihr, zu hinterfragen, was in den Verhandlungsdokumenten jeweils keine Erwähnung findet. „Für den Gesundheitsbereich ist zunächst die Frage zu klären, was unter dem Begriff Public Health verstanden wird“, sagt die Gesundheitspolitikerin. Dabei müsse geklärt werden, ob Medizinprodukte und Dienstleistungen in den Geltungsbereich des Abkommens fallen, so Klein-Schmeink. Und: „Inwieweit die Staaten weiterhin durch eigene Gesetze neue Regelungen zur Regulierung schaffen können.“


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

ABDA wachsweich

von G. Wagner am 04.05.2016 um 19:06 Uhr

Was ist das denn wieder für rein wachsweiches ABDA-Statement? "Keine Anhaltspunkte, dass dfas Apothekenrecht betroffen sein könnte" kombiniert mit "engmaschiger Beobachtung der weiteren Entwicklung" - na denn! Ach hätten wir doch auch einen Montgomery. Und in der Tat muss die Forderung ebenso schlicht wie glasklar sein: Gesundheitsdienstleistungen und Gesundheitsstandards innerhalb und außerhalb der Apotheke haben bei TTIP nichts zu suchen.
Bleiben Sie weiter am Ball!

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