- DAZ.online
- News
- Pharmazie
- Praluent ohne ...
G-BA strebt Verordnungsausschluss an
Praluent ohne Zusatznutzen
Nach Repatha® konnte mit Praluent® der zweite PCSK9-Inhibitor den Gemeinsamen Bundesausschuss in der frühen Nutzenbewertung nicht überzeugen: Dieser sah einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie als nicht belegt an. Nun geht das Gremium einen neuen Weg, der dafür sorgen könnte, dass Hersteller Sanofi am Ende doch einen guten Preis bekommt.
Sie sind wirksam, aber teuer: die monoklonalen Antikörper einer neuen Substanzklasse, die den LDL-Cholesterin-Spiegel senken – und zwar auch in besonders schwierigen Fällen, die sogenannten PCSK9-Inhibitoren. Gleich zwei Vertreter gibt es auf dem deutschen Markt: Repatha® (Evolocumab von Amgen) und Praluent® (Alirocumab von Sanofi). Ersteres hatte die frühe Nutzenbewertung schon kürzlich erfolglos durchlaufen – das gleiche Schicksal trifft nun Alirocumab. „Kein Zusatznutzen belegt“ – heißt es im Beschluss des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA). Und das bei allen Patientengruppen, für die eine jeweils andere Vergleichstherapie herangezogen wurde.
Zugelassen ist Praluent® – begleitend zu einer Diät – zur Behandlung bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygote familiäre und nicht familiäre) oder gemischter Dyslipidämie:
- in Kombination mit einem Statin oder mit einem Statin und anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien bei Patienten, die mit einer maximal verträglichen Statintherapie die LDL-C-Zielwerte nicht erreichen, oder
- als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien bei Patienten mit einer Statin-Unverträglichkeit oder wenn Statine kontraindiziert sind.
Alirocumab
Alirocumab gehört zur Klasse der PCSK9-Inhibitoren. Das Enzym PCSK9 kann wie LDL-Cholesterol an LDL-Rezeptoren hepatischer Zellen binden. Der gebildete PCSK9-Rezeptor-Komplex gelangt in die Zelle und wird dort abgebaut. Der Rezeptor steht nicht mehr für die Cholesterin-Aufnahme zur Verfügung. Blockiert man PCSK9, wird die Zahl der LDL-Rezeptoren auf der Oberfläche der Hepatozyten erhöht und der Cholesterin-Spiegel somit gesenkt.
Alirocumab wird gemeinsam mit anderen Lipidsenkern bei primärer familiärer Hypercholesterinämie oder kombinierter Dyslipidämie eingesetzt, wenn die Cholesterinwerte trotz der maximalen verträglichen Statin-Dosis nicht ausreichend gesenkt werden können. Bei Statin-Unverträglichkeit ist auch eine Monotherapie möglich.
Handelsname: Praluent®
Nutzen, aber kein Zusatznutzen
Der G-BA unterschied nun drei Patientengruppen: Solche, für die Statine infrage kommen – und diese Arzneimittel damit auch zweckmäßige Vergleichstherapie sind –, solche für die die Statine aufgrund von Kontraindikationen oder therapielimitierenden Nebenwirkungen nicht infrage kommen (ZVT: andere Lipidsenker) und zudem solche, bei denen medikamentöse und diätetische Optionen zur Lipidsenkung ausgeschöpft sind und die eine LDL-Apherese als „ultima ratio“ erhalten. In keinem der Fälle hielt der G-BA den Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie belegt. Entweder waren die Studiendaten aus seiner Sicht ungeeignet – oder es ließ sich kein Zusatznutzen aus ihnen ableiten. Langzeitdaten zu patientenrelevanten Endpunkten stünden zudem aus.
Knackpunkt Mischpreis
Sanofi sieht das selbstverständlich anders: Für Höchstrisikogruppen, etwa Patienten mit einem genetischen Defekt, bei denen nur die Apherese, also eine Blutwäsche, die das LDL-Cholesterin aus dem Körper „wäscht“, hilft, gebe es durchaus einen Zusatznutzen. Doch nun ist der G-BA-Beschluss gefallen – und das Verfahren geht seinen weiteren Gang. Das heißt: Sanofi und GKV-Spitzenverband müssen sich auf einen wirtschaftlichen Erstattungsbetrag einigen. Soll dieser auf Grundlage des G-BA-Beschlusses als Mischpreis verhandelt werden, müsste Sanofi hinnehmen, dass die Jahrestherapiekosten für eine Therapie mit Lipidsenkern (zwischen etwa 70 und 3100 Euro) als Verhandlungsgrundlage herangezogen wird. Alirocumab kostet hingegen rund 9000 Euro.
Stellungnahmeverfahren für Verordnungsausschluss eingeleitet
Doch es könnte anders kommen. Denn der G-BA hat nun ein Stellungnahmeverfahren für einen Verordnungausschluss von Alirocumab in die Wege geleitet. Dies hat er auch schon für den Konkurrenzwirkstoff Evolocumab getan. Ist das angestrebte Behandlungsziel der LDL-Cholesterinsenkung mit anderen Lipidsenkern kostengünstiger zu erreichen, so sollen die PCSK9-Inhibitoren keine Chance haben. Wegen Unwirtschaftlichkeit sollen sie nicht mehr verordnungsfähig sein.
Eine Ausnahme soll es nach dem Beschlussvorschlag des G-BA aber geben. Und zwar für Patienten mit heterozygot familiärer oder nicht-familiärer Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie bei therapierefraktären Verläufen, bei denen Diät und Lipidsenker nicht helfen und die Indikation zur Durchführung einer LDL-Apherese besteht. Unter engen Voraussetzungen und der Bedingung, dass das Arzneimittel von Kardiologen, Nephrologen, Diabetologen, Endokrinologen oder an Ambulanzen für Lipidstoffwechselstörungen tätigen Fachärzte verordnet, soll Alirocumab also erstattungsfähig sein. Denn: Die LDL-Apherese ist tatsächlich nicht wirtschaftlicher als der monoklonale Antikörper. Sie schlägt mit Jahrestherapiekosten zwischen 23.000 und 67.000 Euro zu Buche – je nachdem, wie häufig ein Patient die Blutwäsche benötigt.
Gelingt dieser Verordnungsausschluss, wäre die Patientengruppe zwar klein – doch sicherlich könnte Sanofi einen aus Unternehmenssicht akzeptablen Erstattungsbetrag aushandeln.
3 Kommentare
Einzig verträgliches Medikament ist nicht mehr verschreibungsfähig !!!
von Hedda Turk am 01.11.2019 um 12:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Praluent "Test-Patient"
von Bernd E. Scholz am 13.05.2016 um 12:34 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Wer bewertet...
von Christiane Patzelt am 05.05.2016 um 11:53 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.