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Eine PTA, die über mehrere Jahre hinweg 326 Kilogramm Lidocain aus der Apotheke beschafft und gutgläubig an ihren früheren Ehemann weitergegeben hat, ist vor dem Amtsgericht Husum verurteilt worden. Dabei kam sie vergleichsweise milde davon.
Ein Jahr nach der Verurteilung eines Apothekers aus Husum ist der Richterspruch über eine frühere Mitarbeiterin von ihm gefällt worden. Sie soll laut Staatsanwaltschaft von August 2005 bis Februar 2012 über diese Apotheke 326 Kilogramm Lidocain beschafft haben. Wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz kam die 51 Jahre alte pharmazeutisch-technische Assistentin am 6. Juni 2016 mit einer „Verwarnung unter Strafvorbehalt“ davon (Az.: 103 Js 19651/15): Sie wurde zwar zu einer Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro verurteilt, das allerdings – was in Ausnahmefällen möglich ist – auf Bewährung. Falls sich die Verurteilte in den nächsten zwei Jahren nichts zuschulden kommen lässt, muss sie die Geldstrafe nicht bezahlen. In jedem Falle allerdings muss sie die Verfahrenskosten tragen.
Nach einer Durchsuchung der Apotheke 2013 war der Frau, die dort rund 20 Jahre lang beschäftigt war, fristlos gekündigt worden. Sie hatte später in einer anderen Stadt in Nordfriesland eine neue Stelle als PTA gefunden und das Ermittlungsverfahren gegen sie war zunächst eingestellt worden: Die Staatsanwaltschaft ging damals davon aus, dass die Beschaffung von Lidocain nicht strafbar sei. Tatsächlich war das Lokalanästhetikum Lidocain, das von Drogendealern auch als Streckmittel für Kokain missbraucht wird, zunächst nicht rezeptpflichtig gewesen.
Beschaffung von 281 kg Lidocain verjährt
Erst im Zuge der Ermittlungen und eines Prozesses gegen einen Husumer Apotheker erkannte die Staatsanwaltschaft, dass Lidocain für bestimmte Anwendungen ab April 2006 rezeptpflichtig war. Daraufhin wurde das Verfahren gegen die PTA wieder aufgenommen. Angelastet wurde der Angeklagten jetzt allerdings nur die Beschaffung von 45 Kilogramm Lidocain im Zeitraum von Juni 2010 bis Februar 2012. Die Beschaffung der anderen 281 Kilogramm dieses Mittels in den Jahren zuvor war bereits verjährt.
Dem Ex-Ehemann vertraut
Dass man wieder auf sie kam, lag auch daran, dass dem vor einem Jahr verurteilten Apotheker unter anderem angelastet wurde, 20 Kilogramm Lidocain an einen Mann verkauft zu haben – ohne Rezept. Dabei handelte es sich um den Ehemann der PTA. In ihrem eigenen Prozess sagte nun die Angeklagte aus, sie habe ihrem früheren Ehemann geglaubt. Dieser hatte ihr nämlich erklärt, sein Bruder sei als Arzt in Bosnien tätig und benötige Lidocain als Arzneimittel. Daraufhin habe sie den Apotheker, bei dem sie beschäftigt war, gefragt, ob sie das Mittel beim Hersteller bestellen dürfe. In der Folge habe sie das Lidocain schließlich immer wieder kiloweise bestellt und ihrem Ehemann übergeben.
Erst irgendwann später habe sie aus einem „Tatort“-Krimi im Fernsehen erfahren, dass Lidocain von Drogendealern missbraucht werden könne und inzwischen rezeptpflichtig sei. Allerdings habe sie weder gewusst noch geahnt, dass ihr eigener Ehemann in Drogendelikte verstrickt war. Zudem habe er es immer wieder verstanden, psychischen Druck auf sie auszuüben. Sie selbst habe von der Beschaffung des Lidocains nie finanziell profitiert und auch nie mitbekommen, dass ihr Ehemann das Mittel offenbar zum zigfachen Preis weiterverkaufte.
Die Angeklagte hatte sich 2013 von ihrem Mann scheiden lassen und hat nach eigenen Angaben keinerlei Kontakt mehr zu ihm. Sie bereute für das Gericht glaubhaft, welche Folgen ihr Handeln in der Drogenszene gehabt haben könnte. Zudem schildert sie, was sie an ihrem neuen Arbeitsplatz bereits unternommen hatte, damit es keinesfalls zu etwaigen neuen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz kommen könne.
Anerkennung für Geständnis und Reue
Der Staatsanwalt nannte es „erschreckend, dass es der Angeklagten so einfach gemacht worden“ sei, ohne Rezept und in großen Mengen an das verschreibungspflichtige Mittel zu kommen, und zollte ihr Respekt für ihr Geständnis und ihre Reue. Er betonte zwar „welch große Verantwortung man hat, wenn man in einer Apotheke beschäftigt ist“, hielt aber für „glaubhaft, dass die Angeklagte eine ähnliche Tat nicht mehr begehen würde“. Er mache damit „den Job der Verteidigung“, allerdings sei es gerade die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, nicht nur alles Be-, sondern auch alles Entlastende zu berücksichtigen. In seinem Plädoyer forderte der Staatsanwalt 90 Tagesätze à 50 Euro auf Bewährung. Der Verteidiger, der zu Beginn des Prozesses einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin gestellt hatte, schloss sich dem Plädoyer des Staatsanwaltes an und das Gericht folgte den gleichlautenden Anträgen.
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