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Bundesgerichtshof
Bei Hilfsmitteln ist der Zuzahlungsverzicht erlaubt
Bei Hilfsmitteln, wie etwa Diabetikerbedarf, darf der Anbieter auf die gesetzliche Zuzahlung verzichten. Das hat heute der Bundesgerichtshof entschieden. Die Vorinstanz hatte hier noch einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht gesehen.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am heutigen Donnerstag entschieden, dass die Werbung mit einem Verzicht auf die gesetzliche Zuzahlung bei medizinischen Hilfsmitteln zulässig ist. Eine Entscheidung, die auch Apotheken aufhorchen lässt.
In dem Verfahren, das der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen Online-Versender, insbesondere für Produkte zur Behandlung von Diabetes, geklagt. Dieser hatte damit geworben, dass seine Kunden keine gesetzliche Zuzahlung entrichten müssen, weil er diese übernehme.
Die Wettbewerbszentrale sah in dieser Werbung einen Verstoß sowohl gegen sozialrechtliche Normen, die die Zuzahlung regeln (§ 33 Abs. 8 SGB V und § 43c Abs. 1 SGB V) als auch gegen das Verbot von Werbegaben in § 7 Abs. 1 HWG.
Ein uneinheitlicher Weg durch die Instanzen
Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten zunächst abgewiesen. Die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hatte hingegen Erfolg. Dieses nahm an, der Verzicht auf die Zuzahlung widerspreche der gesetzlichen Pflicht, die Zuzahlungen für Hilfsmittel einzuziehen, und stelle deshalb eine im Gesundheitswesen verbotene Werbegabe dar.
Zwar hatte das Oberlandesgericht die Revision nicht zugelassen, mit einer Nichtzulassungsbeschwerde erreichte das beklagte Unternehmen jedoch den Gang nach Karlsruhe – und bekam dort nun Recht zugesprochen.
Die Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung wird zu den Beweggründen der Richter jedoch ausgeführt, dass die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem Schutz der dort tätigen Mitbewerber dienen. Die Einhaltung dieser Regeln könne daher von vornherein nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt werden. Dies hatte auch das Oberlandesgericht schon so gesehen.
Keine verbotene Heilmittelwerbung
Die BGH-Richter lehnen jedoch auch den von der Berufungsinstanz beschrittenen Weg über das Heilmittelwerbegesetz ab. Der Zuzahlungsverzicht sei keine verbotene Heilmittelwerbung. Denn nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG seien bestimmte oder auf bestimmte Art zu berechnende Rabatte jeder Art für nicht preisgebundene Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt. Die Zuzahlungen seien an die Höhe des Abgabepreises gekoppelt und ließen sich ohne weiteres errechnen.
Auch stünden die gesetzlichen Regelungen zur Zuzahlung einem solchen Rabatt bei Hilfsmitteln nicht entgegen. Und hier macht der Bundesgerichtshof den Unterschied zu Arzneimitteln deutlich: Denn gemäß § 33 Abs. 8 SGB V wird bei Hilfsmitteln der Verkäufer und nicht – wie etwa bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln – die Krankenkasse Inhaber der Zuzahlungsforderung gegen die Versicherten. Der Vergütungsanspruch des Hilfsmittellieferanten gegen die Krankenkasse verringert sich automatisch um die Zuzahlung. Der Verkäufer der Hilfsmittel kann über die Zuzahlungsforderung frei verfügen, also darauf auch verzichten.
Apotheker sollten vorsichtig sein
Für Apotheken ist nach diesem Urteil wichtig: Ihre Berufsordnungen untersagen teilweise ausdrücklich einen Zuzahlungsverzicht. Wie mit solchen Regelungen nach dem Urteil aus Karlsruhe umzugehen ist, muss sich nun zeigen. Zunächst einmal sind sicher die schriftlichen Entscheidungsgründe abzuwarten.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 2016, Az.: I ZR 143/15
1 Kommentar
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von Karl Friedrich Müller am 02.12.2016 um 12:33 Uhr
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