Zufallsfund

255 Millionen Jahre alter Tumor entdeckt

Seattle - 12.12.2016, 13:35 Uhr

Ein aktueller Fall von Odontom(e) im Unterkiefer bei einer Mittvierzigerin: Dichte, amorphe Formation in der Nähe der  Zahnwurzeln. (Quelle: Wikipedia CC 3.0)

Ein aktueller Fall von Odontom(e) im Unterkiefer bei einer Mittvierzigerin: Dichte, amorphe Formation in der Nähe der  Zahnwurzeln. (Quelle: Wikipedia CC 3.0)


Dieses Urvieh hätte einen Zahnarzt gebraucht: Geschwüre im Maul plagten offenbar schon Tiere, die weit vor den ersten Säugetieren lebten. Heute sind die sogenannten Odontome weit verbreitet - auch beim Menschen.

Im Kiefer eines frühen Säugetierverwandten haben Paläontologen Hinweise auf einen Tumor gefunden. In dem 255 Millionen Jahre alten Fossil fanden sie Gruppen winziger, zahnähnlicher Strukturen, berichten US-Forscher im „Journal of the American Medical Association Oncology“ und in „JAMA Oncology“. Diese Tumorform, bekannt als Compound-Odontom, sei unter heutigen Säugetieren weit verbreitet.

Die Forscher um Christian Sidor und Megan Whitney von der University of Washington in Seattle hatten ein in Tansania gefundenes Kieferfragment eines Gorgonopsiden untersucht. Dieser Seitenzweig der Stammlinie der Säugetiere existierte vor etwa 270 bis 252 Millionen Jahren. Keine der zahlreichen Arten überlebte das Massenaussterben am Ende des Perm. Charakteristisch für die Fleischfresser waren säbelzahnartig vergrößerte Eckzähne.

Das Team fertigte Dünnschnitte aus dem Kiefer an und analysierte sie unter dem Mikroskop - mit dem ursprünglichen Ziel, herauszufinden, wie die Zähne bei den Gorgonopsiden im Kiefer verankert waren. Dann folgte die Überraschung: Nah am Eckzahn lagen ungewöhnliche Gruppen von bis zu acht kleinen, runden Objekten. Bei höherer Auflösung ließen sich winzige, wenig ausdifferenzierte Zahnanlagen mit Schichten von Dentin und Zahnschmelz erkennen. Das Geschwür habe ausgesehen wie ein Compound-Odontom aus dem Bilderbuch, sagt Whitney.

Es handle sich wahrscheinlich um den bei weitem ältesten Nachweis eines Compound-Odontoms, erklärt Sidor. Bisherige Funde etwa bei einem Mammut und einem Rothirsch datierten auf maximal rund eine Million Jahre zurück. Der Fund weise darauf hin, dass es die Tumorform schon gab, bevor überhaupt erste Säugetiere entstanden. Die Geschwüre seien offenbar ein uraltes Erbe und keine in der jüngeren Entwicklung entstandene Eigenart.

Odontome kommen auch beim Menschen häufiger vor. Es handelt sich um gutartige Wucherungen der Zahnbein bildenden Zellen. Ein Compound-Odontom, auch zusammengesetztes Odontom genannt, sieht aus wie eine Ansammlung winziger Zähne. Schmerzen oder Schwellungen verursachen die Tumore vielfach nicht, daher werden sie oft erst auf einem Röntgenbild beim Zahnarzt entdeckt.

Der insgesamt älteste Fund eines Tumors ist das Gorgonopsid-Odontom nicht: In den vergangenen Jahren wurden bei rund 300 Millionen Jahre alten Fisch-Fossilien Hinweise auf Krebsgeschwüre gefunden. 


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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