Apotheken-Zyto-Verträge

Barmer, TK und KKH bleiben bei Retax-Drohung

Berlin - 07.06.2017, 14:45 Uhr

Barmer, TK und KKH wollen ihre Zyto-Verträge mit Apotheken bis zum Schluss voll ausnutzen. (Foto: Barmer)

Barmer, TK und KKH wollen ihre Zyto-Verträge mit Apotheken bis zum Schluss voll ausnutzen. (Foto: Barmer)


Die Fronten im Streit um die Zyto-Verträge zwischen Kassen und Apotheken bleiben verhärtet. Auch nach dem deutlichen Schreiben des Gesundheits-Staatssekretärs Lutz Stroppe an die Kassenverbände, demzufolge die Alt-Verträge seit Mitte Mai nicht mehr exklusiv sind, bleiben Barmer, TK und KKH dabei: Apotheken, die ohne Vertrag liefern, dürfen nicht damit rechnen, hierfür vergütet zu werden.

Die Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums war bereits zuvor bekannt – doch Staatssekretär Lutz Stroppe (CDU) hat sie Ende Mai nochmals in einem Brief an den GKV-Spitzenverband sowie die einzelnen Kassenverbände und Aufsichtsbehörden verdeutlicht: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Zyto-Verträge mit Inkrafttreten des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AMVSG) am 13. Mai 2017 ihre Exklusivität verloren haben. Daher gebe es auch im Rahmen der dreimonatigen Übergangsfrist bis zum Auslaufen dieser Verträge „keinen Raum für die Retaxation von Abrechnungen von Apotheken, die keinen Zuschlag im Ausschreibungsverfahren erhalten haben“.

Zwar haben sich die Kassenverbände, an die das Schreiben ebenfalls ging, bislang nicht eindeutig gegenüber DAZ.online geäußert, wie sie mit Stoppes klarer Ansage umgehen werden. Doch Barmer, Techniker Krankenkasse und KKH, die gemeinsam als ARGE Parezu kurz vor dem Inkrafttreten des AMVSG noch exklusive Apothekenverträge auf Basis der nunmehr gestrichenen Rechtsgrundlage abgeschlossen hatten, haben sich schon klar positioniert. In einem auf den 2. Juni datierten Brief an betroffene Apotheken stellen die Kassen klar, dass sie bei ihrer Auffassung bleiben, für ihre Zyto-Verträge bestehe noch bis zum 31. August 2017 Exklusivität.

Anders als Stroppe sind sie der Auffassung, dass das Urteil des Bundessozialgerichts vom November 2015 auch noch einschlägig ist, seit das AMVSG in Kraft getreten ist. Sie sind überzeugt: Weil der Gesetzgeber auf die ursprünglich im Rahmen des AMVSG geplante Änderung des § 31 Abs. 1 SGB V verzichtet hat, gelte weiterhin die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Tatsächlich hat die Große Koaltion im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die Klarstellung fallen gelassen, dass das Apothekenwahlrecht der Versicherten auch gilt, wenn es um Zyto-Verträge nach der gestrichenen Rechtsgrundlage geht. Dafür hatte man allerdings entschieden, die Alt-Verträge zeitlich zu befristen – das war zunächst nicht vorgesehen. 

„Erhöhte Retaxierungsrisiko für nicht lieferberechtigte Apotheken"

Und was heißt das nun aus Sicht der drei Kassen konkret? Nicht lieferberechtigte Apotheken, die ein Rezept über eine parenterale Zubereitung in der Onkologie erhalten, erwerben gemäß besagtem Urteil keinen Vergütungsanspruch, wenn sie die vertragsgegenständlichen Rezepturen herstellen. „Es besteht daher ein erhöhtes Retaxierungsrisiko für nicht lieferberechtigte Apotheken“, mahnen die Kassen in ihrem Brief.

Sie weisen  darauf hin, dass Apotheken sich vor der Belieferung eines Rezeptes über parenterale Zytostatika tagesaktuell im Portal www.arge-parezu.de informieren sollten, „um Unstimmigkeiten in der Abrechnung zu vermeiden“. Durch juristische Verfahren könne es beispielsweise jederzeit zu Änderungen der Versorgungssituation kommen. Dahinter steckt, dass es noch Apotheken gibt, die gegen die Vergaben klagen.

Nicht zuletzt bitten die Kassen, zu beachten, dass auch Rezepte von ärztlichen Betriebsstätten außerhalb des Einzugsgebietes der Apotheke betroffen sein können.

Das Bundesgesundheitsministerium dürfte nicht erfreut sein, dass seiner Rechtsauffassung so vehement widersprochen wird. Und auch für die Apotheken, die gerne wieder in die Versorgung einsteigen würden, bleibt die Situation unbefriedigend. Es steht angesichts der hohen Preise für die Zubereitungen einiges auf dem Spiel für sie. Unklar ist auch, wie die Aufsicht der Ersatzkassen, das Bundesversicherungsamt, damit umgehen wird, wenn es zu Retaxationen von Apotheken kommt, weil sie trotz „Retax-Drohung“ die Zyto-Versorgung ohne Vertrag wagen. Ein Sprecher des BVA hatte gegenüber DAZ.online erklärt, die Behörde gehe „davon aus, dass die seiner Aufsicht unterstehenden Krankenkassen die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Gesundheit zur Kenntnis genommen haben“. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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