Fremdkapital

Italien bereitet sich auf Apothekenketten vor

Berlin - 03.08.2017, 13:15 Uhr

Ketten im Anmarsch: In Italien dürfen jetzt auch Unternehmen Apotheken gründen. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Pharmahandelskonzerne zunächst Apotheken aufkaufen, statt neue Standorte zu eröffnen. (Foto: dpa)

Ketten im Anmarsch: In Italien dürfen jetzt auch Unternehmen Apotheken gründen. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Pharmahandelskonzerne zunächst Apotheken aufkaufen, statt neue Standorte zu eröffnen. (Foto: dpa)


In den kommenden Tagen wird im italienischen Amtsblatt ein Gesetz veröffentlicht, das den kompletten Apothekenmarkt umwälzen wird. Mit dem „Konkurrenz-Gesetz“ hat der Gesetzgeber nach zweijähriger Beratung das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufgehoben. Die ersten Apotheker sollen schon von Kettenbetreibern kontaktiert worden sein. Für viele scheint eine Übernahme durch einen Konzern eine lukrative Option zu sein.

Nach jahrelangem Streit um das „Konkurrenz-Gesetz“ hat der italienische Senat nun eine endgültige Version des Vorhabens beschlossen, das unter anderem den Apothekenmarkt dereguliert. In der Ursprungsversion des Gesetzes war eine komplette Öffnung des Marktes vorgesehen: Sowohl die Bedarfsplanung, das komplette Fremdbesitzverbot als auch die Rezeptpflicht vieler Rx-Medikamente standen unter Beschuss. Herausgekommen ist nach zahlreichen Änderungsanträgen und Diskussionen nun eine Kompromiss-Version, die für die Apotheker trotzdem viele Veränderungen mit sich bringen wird.

Hier die wichtigsten Punkte des Gesetzes für die Apotheken:

  • In Zukunft dürfen auch Privatunternehmen Apotheken kaufen und eröffnen. Allerdings dürfen pro italienischer Region (Bundesland) nicht mehr als 20 Prozent aller Apotheken in Fremdbesitz sein. Die Wettbewerbsbehörde wurde beauftragt, die Einhaltung dieser Obergrenze zu überwachen.
  • Das Mehrbesitzverbot wird komplett abgeschafft. Bislang durfte jeder Apotheker maximal vier Standorte in einer Provinz besitzen.
  • Das Gesetz enthält auch eine finanzielle Unterstützung von Landapotheken. Apotheken in Ortschaften mit weniger als 6600 Einwohnern haben unter gewissen Bedingungen das Recht auf eine Einmalzahlung von 5000 Euro.
  • In Italien sind die Öffnungszeiten für Apotheken relativ streng vorgeschrieben, Ausnahmen sind in gewissen Fällen aber erlaubt. Nach dem neuen Gesetz müssen die Apotheker alle besonderen, also von der Norm abweichenden Öffnungszeiten allerdings ihren Konkurrenten und der Krankenversicherung vorher melden.

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Die schleichende Deregulierung

Aber was bedeuten diese Maßnahmen für den Apothekenmarkt? Zunächst einmal ist nicht zu erwarten, dass Pharmahandelskonzerne wie Celesio oder Walgreens Boots Alliance in den kommenden Monaten sehr schnell eine Menge neuer Standorte eröffnen. Das liegt einerseits an der 20-Prozent-Regel. Viel wichtiger ist aber die in Italien sehr strenge Bedarfsplanung: Die meisten Regionen sind was die Apothekenversorgung betrifft, gut versorgt. In Italien gibt es derzeit 17.000 Apotheken, das Land liegt was die Apothekendichte betrifft, ziemlich genau im Durchschnitt. Die Firmen werden es also schwer haben, noch Versorgungslücken zu finden, in denen eine neue Apotheke gerechtfertigt wäre.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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