Nicht besser als Placebo

Viele Schulter-OPs sind laut neuer Studie überflüssig

Oxford - 21.11.2017, 16:45 Uhr

Auch an der Schulter werden deutlich zu viele Operationen durchgeführt. (Foto: smartmediadesign / adobe.stock.com)

Auch an der Schulter werden deutlich zu viele Operationen durchgeführt. (Foto: smartmediadesign / adobe.stock.com)


Laut einer Placebo-kontrollierten Studie könnten Patienten mit Schulterengesyndrom zukünftig deutlich seltener unters Messer kommen: Die Operation ist offenbar nicht besser als ein Scheineingriff. Doch die neuen Daten wurden mit einer ethisch heiklen Methodik erhoben. 

Wenn es in der Schulter schmerzt, kommen manche Patienten bislang auf den OP-Tisch: Ist der Raum zwischen dem Schultergelenk und dem darüber liegenden Knochenfortsatz am Schulterblatt zu eng, nehmen Ärzte teils einen minimalinvasiven Eingriff vor. Bei dieser Schulterblatt-Erweiterung, auch „Dekompression“ genannt, tragen sie etwas Knochenmaterial oder Gewebe ab. So wollen sie Raum schaffen und den Druck, beispielsweise auf Sehnen, nehmen, um Schmerzen zu lindern. Doch wie britische Wissenschaftler nun im Fachmagazin „Lancet“ schreiben, könnte womöglich auf viele der Eingriffe verzichtet werden. 

Für ihre Studie untersuchten sie, ob die Operation zu einer stärkeren Schmerzminderung führt als ein Scheineingriff. Denn es ist schon lange bekannt, dass nicht nur bei Arzneimitteln die Erwartung des Patienten auf eine Verbesserung hilfreich ist: Auch wenn ein Patient zwar unters Messer kommt, aber der eigentliche Eingriff nicht durchgeführt wird, bewirkt der Placebo-Effekt oft Erstaunliches. 

Kontrollgruppe mit Scheineingriff

Um dies für Schulterdach-Erweiterungen zu untersuchen, unterzogen sie je rund 100 Patienten entweder der Operation oder einem Scheineingriff ohne Abtragung von Knochenmaterial. Weitere 100 Patienten wurden nicht operiert, sondern dienten als zusätzliche Kontrollgruppe. 

Hierbei fanden die Forscher, dass sich statistisch kein Unterschied zwischen Operation oder Placebo-Eingriff feststellen ließ. Sechs und zwölf Monate nach Studienstart gaben Patienten aus beiden Gruppen nur unbedeutend größere Verbesserungen an als die unbehandelten Probanden, bei denen die Schmerzen durch spontane Heileffekte gleichfalls etwas zurückgingen. 

„Die Ergebnisse unserer Studie deuten an, dass Operationen keinen klinisch bedeutenden Vorteil gegenüber dem Verzicht auf eine Behandlung bieten, und dass die Schulterblatt-Erweiterung nicht besser ist als ein Placebo-Eingriff“, erklärt Studienautor Andrew Carr. Sein gleichfalls an der Universität Oxford forschender Kollege David Beard betont, dass statt auf die Eingriffe eher auf Schmerzmittel, Physiotherapie oder Steroid-Injektionen gesetzt werden sollte. 



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