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BMG-Mitarbeiter sagt als Zeuge aus
„Ein ungeheuerlicher Vorgang“
Die beschwerliche Arbeit an der Novelle der Apothekenbetriebsordnung ab dem Jahr 2010 stand am heutigen Freitag im Mittelpunkt des Strafprozesses gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und den Systemadministrator Christoph H. Der seinerzeit im Bundesgesundheitsministerium für diese Verordnung zuständige Jurist schilderte als erster Zeuge im Prozess, wie ihm damals das Leck im Ministerium offenbar wurde. „Wir waren verzweifelt und verärgert“, erklärte er vor Gericht.
Am dritten Prozesstag im Verfahren um mutmaßlich ausgespähte Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) stand die erste Zeugenbefragung an. Geladen war am heutigen Freitag der Jurist, der seit 2005 und bis 2016 im damals für den Apothekenbetrieb zuständigen Fachreferat des Ministeriums tätig war. Er war der einzige Jurist unter mehreren approbierten Apothekern in seiner Abteilung. Und in dieser Funktion oblag es ihm auch, Änderungen an der Apothekenbetriebsordnung zu prüfen und zu erarbeiten. Lange habe man schon an der Novelle gearbeitet, schilderte er – denn Änderungen an Regelungen, die die Apotheker betreffen, seien stets schwierig, sehr umstritten und dauerten Jahre.
Der erste Entwurf für eine geänderte Apothekenbetriebsordnung
Im Mai 2010 habe man dann einen solchen internen Entwurf mitsamt ausführlicher und dreifarbig gestalteter Synopse erstellt. Auch die Ministervorlage, die kurz darlegt, worum es geht, war geschrieben – doch der Minister (damals Philipp Rösler, FDP) hatte sie noch nicht gesehen. Da habe Apotheke Adhoc von dem Entwurf berichtet und aus der Ministervorlage zitiert. „Das war ein ziemlich ungeheuerlicher Vorgang“, sagte der Zeuge vor Gericht. „Wir konnten uns das nicht erklären“. Im Juni 2010 habe er dann bei einem Termin am Bundesverwaltungsgericht – es ging um das Visavia-Verfahren – den Apotheke-Adhoc-Redakteur Alexander Müller getroffen. Dieser habe ihn auf den Entwurf der Apothekenbetriebsordnung angesprochen. „Ich fand das unverschämt“, so der Zeuge. Er habe Müller gesagt, man habe diesen Entwurf „nur durch eine strafbare Handlung erlangt“ haben können. Daraufhin habe dieser ihn nicht weiter gefragt. Im Juli 2010 habe der Entwurf dann weitere Kreise gezogen. Bei einer Anhörung mit ABDA-Vertretern hätten diese seinem Eindruck nach die BMG-Synopse vorliegen gehabt. Auf Nachfrage räumte der Zeuge zwar ein, dass das Papier „zu weit weg“ war, um es genau zu sehen. Doch er und seine Ministeriumskollegen hätten damals alle gedacht, dass es sich um die Synopse handelte, die die damalige Referatsleiterin erstellt hatte. „Die Apothekerschaft war also bestens informiert“.
Brisante Apothekenthemen
Der Zeuge betonte, dass der Entwurf „hohe politische Brisanz“ hatte. Auf Nachfrage des Gerichts schildete er einige Details aus dem ersten Entwurf – und was letztlich aus ihnen geworden ist. Man habe damals einige „Erleichterungen“ für die Apotheker vorgesehen. Zum Beispiel hätten nicht alle Apotheken eine Abzugsvorrichtung vorhalten müssen, wenn sie sie nicht benötigten. Zudem seien Änderungen bei Rezeptsammelstellen vorgesehen gewesen, die dann höchst umstritten waren. Und auch die damals von der ABDA hart bekämpften Pick-up-Stellen spielten eine Rolle. Doch alle diese „Erleichterungen“ seien am Ende gestrichen worden. „Am Ende blieb überwiegend eine Belastung“ übrig, so der Zeuge. Offenbar habe die ABDA im Gegenzug auf eine bessere Honorierung der Apotheker gesetzt.
1 Kommentar
seltsam
von Florian Becker am 24.01.2018 um 9:23 Uhr
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