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Der Fall Valsartan
„Das EDQM muss seine Hausaufgaben machen“
Die NDMA-Verunreinigungen im Valsartan, die inzwischen bei zwei chinesischen sowie einem indischen Wirkstoffhersteller festgestellt worden sind, werfen Fragen im Hinblick auf die Verantwortlichkeiten auf. Hätte das Europäische Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) die Verunreinigung nicht erkennen müssen, als es die CEPs erteilte? Und wer hat überhaupt Einblick in diese Zertifikate? Die DAZ hat beim EDQM und Zulassungs-Experten nachgefragt.
Wirkstoffhersteller können beim EDQM, der beim Europarat in Straßburg angesiedelten europäischen Arzneibuchkommission, ein sogenanntes CEP (Certificate of Suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia) beantragen. Das CEP bescheinigt die Arzneibuchkonformität des Wirkstoffes. Wer ein CEP beantragt, muss die chemische Synthese der Substanz umfassend beschreiben und mögliche und tatsächliche Verunreinigungen nennen. Diese Unterlagen werden durch Assessoren des EDQM bewertet. Kann der Hersteller belegen, dass die Qualität der Substanz von der Monographie des Europäischen Arzneibuchs abgedeckt wird, erteilt das EDQM das CEP. Dieses Zertifikat ist sodann auch Bestandteil des Antrages auf Marktzulassung. Die Zulassungsbehörden akzeptieren das CEP als ausreichenden Beleg dafür, dass die Qualität des Wirkstoffs vollständig mit der Monographie kontrolliert werden kann.
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Auch das Valsartan der chinesischen Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical und Zhejiang Tianyu hatten ein solches CEP. Beide wurden jedoch inzwischen ausgesetzt. Was Zhejiang Huahai betrifft, mit dem der Fall Valsartan seinen Anfang nahm, ist bekannt, dass dieser die Änderung des Syntheseweges, die offenbar zur Verunreinigung führte, dem EDQM angezeigt hatte. Auf die Frage, warum das EDQM die „unerwartete“ Verunreinigung mit NDMA nicht erkannt hat, erklärte eine Sprecherin des Direktorats, dass der Antragsteller „in seinem Dossier auf die mögliche Verunreinigung mit NDMA hätte hinweisen, eine Risikobewertung durchführen und ein entsprechendes Prüfverfahren einschließlich Grenzwert vorlegen müssen, die auf ihre Validität und toxikologische Vertretbarkeit geprüft worden wären“. Derartige Unterlagen seien jedoch nicht vorgelegt worden. Daher geht das EDQM davon aus, dass dem Hersteller selber nicht bekannt war, dass NDMA im Wirkstoff auftreten konnte. „Aus den Unterlagen über den Herstellungsprozess war die NDMA-Bildung prospektiv nicht erkennbar“.
In der Regel funktioniert das System – doch eine Fehlerkultur ist nötig
Die Pharmaunternehmen, die das Valsartan verwendet haben, hatten allerdings keinen Einblick in die Details der Wirkstoffherstellung. Wie Prof. Dr. Markus Veit, Managing Director der i.DRAS GmbH, der schon seit vielen Jahren Zulassungs- und Zertitizierungsverfahren begleitet, in der DAZ erklärt, dient das CEP-Verfahren unter anderem dazu, Eigentumsrechte der Wirkstoffhersteller zu schützen. Es sieht nicht vor, dass Zulassungsantragssteller, Zulassungsinhaber oder Inverkehrbringer diese Unterlagen einsehen. Er sagt: „Das System kann nur funktionieren, wenn im Falle der CEPs das EDQM seine Hausaufgaben macht, den Wirkstoffherstellern auf die Finger schaut und beurteilt, ob alle Regularien beachtet wurden.“ Mit den derzeitigen Prozessen sei das offenbar nicht gewährleistet. In der DAZ betont Veit allerdings auch, dass das System in der Regel funktioniert – nicht umsonst zählten Defizite hinsichtlich der Bewertung genotoxischer Verunreinigungen zu den häufigsten Mängeln in CEP-Verfahren. Das Problem sei die komplexe Thematik. In Zeiten, in denen Synthesen prioritär Patent-umgehend und kostengünstig und nicht unbedingt sicher sein müssten, erfordere es im Einzelfall erhebliche Sachkenntnis, um möglicherweise entstehende Verunreinigungen zu antizipieren. Diese Sachkenntnis habe nicht unbedingt jeder Assessor. Veit betont, dass auch er im vorliegenden Fall das bestehende Risiko hätte übersehen können. Er fordert jedoch vom EDQM eine Fehlerkultur, der sich im GMP-Umfeld jeder stellen muss. Eine korrektive Maßnahme könnte etwa darin bestehen, dass Assessments zu möglichen genotoxischen Verunreinigungen immer zwingend gefordert werden und diese Unterlagen von erfahrenen Synthese-Chemikern beurteilt werden.
Lesen Sie den gesamten Artikel „Verunreinigtes Valsartan und die Rolle der Behörden“ in der aktuellen DAZ Nr. 34, 2018, S. 16.
7 Kommentare
Valsartaneinnahme
von Wilma Harder am 30.08.2018 um 23:28 Uhr
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Valsartaneinnahme
von Wilma Harder am 30.08.2018 um 23:28 Uhr
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Hausaufgaben
von Hans-P Müller am 23.08.2018 um 17:02 Uhr
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AW: Hausaufgaben
von Friedrich Meier am 24.08.2018 um 6:39 Uhr
Das EDQM muss seine Hausaufgaben erledigen
von Dr. Christoph Sonntag am 23.08.2018 um 10:41 Uhr
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Widersinnige Grundidee
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 23.08.2018 um 10:32 Uhr
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AW: Widersinnige Grundidee
von Dr. Christoph Sonntag am 23.08.2018 um 10:56 Uhr
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