NDMA-Kontamination

Staatsanwaltschaften ermitteln zu Valsartan-Verunreinigungen

Karlsruhe - 05.09.2018, 17:50 Uhr

Nach Informationen von DAZ.online ermitteln gleich mehrere Staatsanwaltschaften in Deutschland wegen der Verunreinigungen des Blutdrucksenkers Valsartan mit dem wahrscheinlich krebserregenden Stoff NDMA. (s / Foto: Imago)

Nach Informationen von DAZ.online ermitteln gleich mehrere Staatsanwaltschaften in Deutschland wegen der Verunreinigungen des Blutdrucksenkers Valsartan mit dem wahrscheinlich krebserregenden Stoff NDMA. (s / Foto: Imago)


In den vergangenen Jahren haben womöglich mehr als eine Million deutsche Patienten verunreinigtes Valsartan zu sich genommen. Nach Informationen von DAZ.online bekommt die Valsartan-Krise nun auch eine erhebliche juristische Komponente: Mehrere Staatsanwaltschaften in Deutschland ermitteln hierzu oder prüfen die Einleitung von Ermittlungsverfahren. Unklar ist jedoch, inwieweit Generika-Hersteller überhaupt in der Pflicht sind, Arzneimittel auf Verunreinigungen wie NDMA zu prüfen.

Allein im Jahr 2017 sollen nach Schätzungen der Bundesregierung rund 900.000 Patienten in Deutschland Valsartan-Produkte genommen haben, die mit dem potenziell krebserregenden Stoff NDMA verunreinigt waren. Nachdem diese Anfang Juli auf Apothekenebene zurückgerufen wurden, analysiert die Europäische Arzneimittelagentur derzeit den Fall. Gleichzeitig stellen sich zivil- wie auch strafrechtlichen Fragen. Die erste lautet: Wer ist dafür verantwortlich, dass die Verunreinigungen auftraten und offenbar über viele Jahre nicht bemerkt wurden? 

Nach Recherchen von DAZ.online beschäftigt der Skandal mehrere Staatsanwaltschaften in Deutschland. „Ich kann Ihnen bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft München I ein in diesem Sachzusammenhang bei einer anderen Staatsanwaltschaft bereits eingeleitetes Ermittlungsverfahren übernommen hat. Zu den hier als Beschuldigte geführten Personen können wir uns derzeit nicht äußern“, erklärt ein Sprecher.

Tatverdacht: Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz

Darüber hinaus seien in den letzten zwei Monaten zwei Strafanzeigen gegen Unbekannt eingegangen, die Überprüfung und Ermittlungen dauerten an. „Als Tatverdacht führen wir derzeit einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz“, erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft München I. Und weiter: „Ich darf jedoch darauf hinweisen, dass die Staatsanwaltschaft immer bezüglich eines bestimmten Lebenssachverhalts ermittelt und diesen umfassend, hinsichtlich des Verdachts aller möglichen Straftaten, überprüft.“

Seit Ende August 2018 beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main aufgrund einer Strafanzeige mit Valsartan. „Es wird derzeit geprüft, ob ein Anfangsverdacht wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz besteht“, erklärt ein Sprecher – weitere Auskünfte könne er derzeit nicht geben. Unklar bleibt daher auch, ob die Anzeige sich auf den Hersteller Stada oder einen anderen Hersteller bezieht. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erklärt, dass in Bezug auf das Medikament „Valsartan Heumann“ aufgrund einer erstatteten Anzeige ein Vorermittlungsverfahren geführt wird. „Es wird derzeit noch geprüft, inwieweit ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist“, sagt sie.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Staatsanwaltschaften bundesweit prüfen Verdacht

Valsartan: Es wird ermittelt

Ermittlungen gegen Chemnitzer Zyto-Apotheker

Wiederholt sich der Fall Bottrop?

Mehr als 25 Staatsanwaltschaften ermitteln gegen Apotheker – das berichten WDR, NDR und SZ

Haben sich Apotheken am Ladenhüter Paxlovid bereichert?

Staatsanwaltschaft lehnt Anzeige ab – Nutzen-Risiko-Verhältnis von Pradaxa® positiv

Kein Strafverfahren gegen Boehringer

3 Kommentare

Leider ...

von Kritiker am 09.09.2018 um 5:16 Uhr

... scheinen die Staatsanwaltschaften nicht viel in der Hand zu haben.

Auf Basis der zZ öffentlich bekannten Informationen würde ich mich wundern, wenn Verantwortlichen der Generikabranche schwere Straftaten nachgewiesen werden können.

Die Gesetzgebung war im Arzneimittel bereich (wie in anderen Bereichen) ganz einfach schlampig.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es zur positiven Veränderung kommt, erscheint leider sehr gering. Die Bundesregierung ist ja nicht einmal zur Schaffung von den aktuellen Gegebenheiten Rechnung tragenden Einwanderungs- und Ausländerrecht in der Lage. Die Missstände Verbleib von Gefährdern/Schwerkriminellen im Land und Abschiebung sozial integrierter Ausländer sind lange bekannt. Jedoch sind keine ernsthaften Bemühungen der Bundesregierung erkennbar, dies ändern zu wollen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Valsartan

von Hans-Martin Scheil am 05.09.2018 um 20:26 Uhr

Zum Thema Valsartan haben wir jetzt für Betroffene und Interessenten eine Facebook-Gruppe mit dem Namen "Valsartan-Skandal" eingerichtet. Hier der Link: https://www.facebook.com/groups/242178453170238/

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Staatsanwaltschaften ermitteln

von HP Müller am 05.09.2018 um 19:50 Uhr

Es gibt keine Behörde, die dem chinesischen Wirkstoffhersteller erlaubt hätte, sein Produkt mit DMNA anzureichern.
Der Hersteller des Fertigarzneimittels hat gem. § 11 AMWHV durch Prüfungen vor Ort (also in diesem Fall in China) sicherzustellen, dass die Wirkstoffherstellung ordnungsgemäß erfolgt. Dies geschieht aber nach den diversen Einlassungen des Pharmaexperte Prof. Veit nicht, weil der AM-Hersteller keinen Zugang zu den Herstellungsdokumenten des chinesischen Wirkstoffherstellers hätte.

Das ist noch dreister als als die Argumentation im VW-Abgas Skandal. Dort hat man sich immerhin nicht getraut zu behaupten, "die Motoren seien eine black-box" für den Hersteller. Beim Valsartan wird aber genau das gemacht. Wir wissen nichts über den Hauptbestandteil unseres Arzneimittels, wird hier frech von Pro Generika behauptet.

Wer aber irgendeinen billigen Dreck aus China in sein Arzneimittel rührt, ohne zu Wissen was in China abläuft, nimmt billigend in Kauf, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, und das ist strafbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.