Markteinführung

Digitale Pille für erste Patienten verfügbar

München - 11.09.2018, 10:00 Uhr

In den USA ist das Antipsychotikum Abilify MyCite, die erste digitale Pille, jetzt für Patienten erhältlich. (Foto: dpa)

In den USA ist das Antipsychotikum Abilify MyCite, die erste digitale Pille, jetzt für Patienten erhältlich. (Foto: dpa)


Knapp ein Jahr nach der Zulassung führt der japanische Pharmakonzern Otsuka in den USA nun seine digitale Pille ein. Das Neuroleptikum (Aripiprazol) soll vorerst an einem kleinen Kreis von Patienten getestet werden, wird vom staatlichen Medicaid-Programm erstattet und soll 1650 US-Dollar pro Monat kosten. Ein Sensor wird mit Einverständnis des Patienten Ärzten, Betreuern und Familienangehörigen Informationen geben, ob die Medizin korrekt eingenommen wird.

Medizinischer Fortschritt und Warnung vor Datenmissbrauch – zwischen diesen beiden Polen liegen die Reaktionen auf die Markteinführung einer digitalen Pille in Teilen der USA – nach Angaben des japanischen Herstellers Otsuka Pharmaceutical dem ersten digitalen Arzneimittelsystem dieser Art überhaupt. System deshalb, weil der Wirkstoff des Produktes mit dem Namen Abilify MyCite, ein Neuroleptikum, bereits seit 16 Jahren auf dem Markt ist und in den USA bei Patienten mit Schizophrenie und bipolarer Erkrankung eingesetzt wird, mittlerweile aber ein High-Tech-Upgrade der US-Firma Proteus Digital Health erhalten hat: Kommt ein eingebauter Sensor mit Magensäure in Kontakt, sendet er einen elektrischen Impuls aus. Ein spezielles Pflaster, das der Patient trägt, registriert das Signal und leitet die Information an eine App weiter, die sie wiederum in eine Cloud schickt. So kann der Betroffene verfolgen, wann er seine Tabletten genommen hat. Mit seiner Zustimmung können außerdem Ärzte, Pflegekräfte oder Angehörige auf diese Daten zugreifen. Dadurch, so die Idee dahinter, soll die korrekte Anwendung des Arzneimittels verbessert werden.

Zusammenarbeit mit Pharmahandelskonzern

Nachdem das Systempräparat bereits 2016 in einigen US-Krankenhäusern in der Praxis getestet worden war und Ende 2017 seine offizielle Zulassung durch die Arzneimittelbehörde FDA erhalten hat, wird Otsuka Abilify MyCite nun offiziell auf dem US-Markt einführen. Nach eigenen Angaben wird der Konzern die Pille dabei anfangs in Zusammenarbeit mit einer ausgewählten Anzahl von Krankenversicherungsunternhmen vergleichsweise wenigen Patienten zur Verfügung stellen. Dadurch, so Otsuka, könnten die Erfahrungen mit dem System besser ausgewertet werden, ehe es auf weitere Kreise erweitert werde. So soll die digitale Pille vorerst Patienten des staatlichen Gesundheitsfürsorgeprogramms Medicaid in Florida und Virginia zugute kommen. Vor wenigen Tagen teilte Otsuka zudem mit, mit dem US-Pharmacy Benefit Manager Magellan Health – einer Zwischeninstitution im US-Gesundheitssystem - ein erstes Abkommen zur Einführung der digitalen Pille abgeschlossen zu haben. Der Preis der intelligenten Arznei soll nach Angaben von US-Medien bei 1650 Dollar pro Monat liegen.

Kontrolle der Arzneimitteleinnahme

„Für einige Patienten könnte es sinnvoll sein, die Einnahme von Tabletten gegen psychische Erkrankungen im Blick zu behalten“, begründete Mitchell Mathis von der US-Arzneimittelbehörde FDA die Zulassung des Produktes. So gebe es etwa bei Menschen mit einer bipolaren Störung das Risiko, dass sie während einer manischen Phase aufhören, ihre Medikamente zu schlucken. Allerdings betonte die FDA auch, dass Otsuka Pharmaceutical und Proteus Digital Health bislang nicht nachgewiesen hätten, dass Abilify MyCite die korrekte Einhaltung bei der Arzneimitteleinnahme steigere.

Die Zeitung New York Times weist darauf hin, dass allein in den USA Millionen von Patienten ihre Medikamente nicht wie vorgeschrieben einnehmen würden. Das würde neben teilweise gravierenden gesundheitlichen Konsequenzen Kosten von schätzungsweise 100 Milliarden Dollar pro Jahr verursachen, da viele Patienten dadurch kränker würden und eine zusätzliche Behandlung oder einen Krankenhausaufenthalt benötigten. Das Marktforschungsinstitut IMS Health rechnete bereits 2013 aus, dass global rund 500 Milliarden Dollar unnötig ausgegeben würden, wenn Patienten vergessen oder sich weigern, den Anordnungen des Arztes zu folgen. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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