Fälschungsschutz

Securpharm: Fehlalarme sind die Achillesferse des Systems

Als Dreh- und Angelpunkt für das Gelingen des Securpharm-Projektes erweisen sich zunehmend die Fehlalarme im System. In der Testphase waren sie nicht unerwartet, aber im Echtbetrieb könnten sie zum großen Problem werden. Dies liegt letztlich in der Natur des Systems. Doch mit gesundem Menschenverstand sind pragmatische Lösungen denkbar.

Securpharm: Fehlalarme sind die Achillesferse des Systems

Je genauer man hinsieht, umso mehr offene Fragen ergeben sich beim Securpharm-Projekt. Doch es wird umso klarer, wo die Achillesferse des Systems liegt. Dies sind die Fehlalarme. Diese kommen offenbar viel häufiger vor, als es das System verträgt. Letztlich führt jede Information, die an irgendeiner Stelle im System falsch verarbeitet wurde, zu einem Fehlalarm, sobald einer der Systempartner die Packung verifiziert. Die möglichen Ursachen reichen also von der Organisation des Herstellers beim Hochladen über die Verarbeitung und Zuordnung in der Datenbank bis zum Scannen in der Apotheke. Wenn irgendetwas nicht klappt, steht am Ende ein Fehlalarm. Dieses Ende wird meist in der Apotheke stattfinden. Dies ist das Wesen eines End-to-End-Systems. Es gehört zu den wesentlichen Eigenschaften des Securpharm-Systems, dass der Weg der Packungen nicht im Sinn des „track and trace“ nachverfolgt wird. Vielmehr soll erst bei der Abgabe an den Patienten dokumentiert werden, dass alles richtig ist. Darum kommen dort die Folgen aller möglichen Probleme zusammen.  

Der schlimmste Fall: Versorgungsprobleme

Soweit dies jetzt in Erfahrung zu bringen ist, kommen solche Fehlalarme bei den bisherigen Tests noch zu oft vor. Dabei lässt sich leicht nachvollziehen, dass schon wenige Fehlermeldungen im Echtbetrieb zu großen Problemen führen würden. Denn jeder Systembeteiligte, der eine Fehlermeldung bei einer verifizierungspflichtigen Packung erhält, muss die Packung dann in Quarantäne nehmen. In der Apotheke stellt sich damit die Frage, wie der Patient versorgt wird. Wenn der Fehler auf einer falschen Verarbeitung der ganzen Charge beruht, droht bei weiteren Packungen dieser Charge dasselbe Problem. Damit stellt sich die Frage nach der Versorgungssicherheit. So könnte ein Lieferengpass entstehen, nur weil die Nummern zur Identifizierung der Packungen irgendwo nicht richtig verarbeitet wurden.

Am Anfang wird es kaum verifizierungspflichtige Packungen geben

Allerdings gilt dies alles nur für verifizierungspflichtige Packungen. Davon wird es zunächst erst sehr wenige geben – am 9. Februar zunächst noch gar keine. Denn die neuen Vorschriften gelten erst für Arzneimittel, die nach dem 9. Februar 2019 freigegeben werden. Und bis diese nach und nach im Markt sind, wird einige Zeit vergehen. Doch auch viele jüngere Packungen tragen einen Data-Matrix-Code zu Testzwecken. Mit solchen Packungen haben Hersteller und Testapotheken bisher die Arbeit des neuen Systems geübt. Solche Packungen sehen aus wie verifizierungspflichtige Packungen, sind es aber nicht. Schon ein Blick auf das Verfalldatum sollte in vielen Fällen signalisieren, dass die Ware vermutlich nicht verifizierungspflichtig ist.

Doch das System sollte dies auch erkennen. Darum enthält das deutsche Verifizierungssystem nach seinen jüngsten Überarbeitungen einen Schutz, der Fehlalarme durch solche Packungen vermeiden soll. Die Angaben der Hersteller, ab welchem Verfalldatum die Ware mit „echten“ Identifizierungsnummern im securPharm-System versehen ist, sind als Systeminformationen hinterlegt. Damit sollen die Abfragen zu älteren Packungen ausgefiltert werden. Darum kennt das System gewissermaßen zwei Arten von Fehlermeldungen. So weist der Softwareanbieter Lauer-Fischer in seinen FAQ auf die Meldung „Seriennummer nicht vorhanden“ hin. Diese Meldung soll bei Bestandspackungen erscheinen, die bereits einen Data-Matrix-Code haben, der aber nur zu Testzwecken dient. Bei einer solchen Meldung kann die Packung problemlos abgegeben werden. Es besteht kein Fälschungsverdacht und keine Quarantänepflicht.

Fehlalarme haben zu viele Folgen

Doch trotz dieses wichtigen Filters gibt es offenbar noch immer zu viele Fehlermeldungen, die im System als „Alarm“ interpretiert werden, aber doch nur Fehlalarme sind. Diese würden das ganze System und speziell die Apotheken belasten. Denn jeder Alarm bei einer verifizierungspflichtigen Packung muss verfolgt werden, weil dies ab dem 9. Februar so vorgeschrieben ist. Die Apotheke muss die Packung in Quarantäne nehmen. Wenn die Gründe für den Alarm nicht geklärt werden können, wird aus daraus ein Fälschungsverdacht, der an die zuständige Behörde gemeldet werden muss. Dann ist zu fragen, wie der Patient versorgt wird und wer für die mangelhafte Ware haftet. Das alles würde spätestens dann zum Problem, wenn in größeren Mengen verifizierungspflichtige Ware in den Apotheken ankommt und zu Fehlalarmen führt. Ein solches System wäre nicht alltagstauglich.  

Möglicher Kompromiss

Doch was tun? Den Systemstart zu vertagen, ist nicht möglich. Der 9. Februar ist kodifiziertes europäisches Recht und kann nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Näher läge es, die rechtlichen Folgen von Fehlermeldungen auszusetzen und vorläufig weiterzuarbeiten wie in der Testphase – nun aber mit allen Apotheken. Es ist schließlich höchst unwahrscheinlich, dass ein Fehlalarm in den ersten Wochen auf eine Fälschung zurückzuführen ist. Und auch die Aufsichtsbehörden dürften wissen, dass es für die allermeisten Apotheken keine Testphase gab. Man sollte erwarten, dass sie – wie auch in anderen Bereichen, die neu geregelt werden – gerade in der Anfangsphase maßvoll handeln und ihren Ermessensspielraum nutzen werden. 

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