Neue EU-Gesetzgebung

Apotheken-Whistleblower Martin Porwoll schreibt an Bundesjustizministerin

Karlsruhe - 04.03.2019, 17:00 Uhr

Martin Porwoll (hier auf der Interpharm 2017), Ex-Mitarbeiter der Alten Apotheke in Bottrop, ist gegen die geplante EU-Richtlinie zum Whistleblowing. (m / Foto: Schelbert)

Martin Porwoll (hier auf der Interpharm 2017), Ex-Mitarbeiter der Alten Apotheke in Bottrop, ist gegen die geplante EU-Richtlinie zum Whistleblowing. (m / Foto: Schelbert)


Auf EU-Ebene soll die Gesetzgebung für Whistleblower verändert werden. Der frühere kaufmännische Leiter der Bottroper Zyto-Apotheke Martin Porwoll zeigt sich entsetzt – denn seiner Einschätzung nach würden es Whistleblowern wie ihm durch die Pläne erschwert werden, Missstände an die Öffentlichkeit zu bringen.

Der Bottroper Kaufmann Martin Porwoll hat die Vergehen seines früheren Chefs – der Zyto-Apotheker Peter S. – zur Anzeige gebracht und so mit dafür gesorgt, dass der Pharmazeut nun nach erstinstanzlichem Urteil für zwölf Jahre im Gefängnis sitzt. Porwoll ist ein Whistleblower, und wie viele Hinweisgeber hat er einen hohen Preis bezahlt: Seine Glaubwürdigkeit wurde lange angezweifelt, er verlor seinen Job. Dennoch sind Ermittler auf Menschen wie Porwoll angewiesen; gerade bei Wirtschaftskriminalität haben die Fahnder sonst kaum eine Chance. Unter welchen Umständen Whistleblower „singen“ dürfen, ist jetzt auch Thema auf EU-Ebene – und könnte entscheidend dafür sein, ob Verbrechen künftig ans Licht kommen oder weiter vertuscht werden.

Unter den rund 100 Mitarbeitern in der Bottroper Apotheke gab es schon länger Gerüchte, dass S. Krebsmittel unterdosiert hatte. Da Porwoll Zugang sowohl zu den Einkaufsunterlagen als auch zu den Abrechnungsdaten hatte, wurde ihm schnell klar: Da stimmt etwas nicht. „Wenn ich eine Rechnung in meinem Leben eine Million Mal nachgerechnet habe, dann diese“, erzählt der studierte Volkswirt. Doch am Ende war er sich so sicher, dass er eine Anzeige wagte – und damit das „externe Whistleblowing“ betrieb. Das ist juristisches Glatteis, denn als Arbeitnehmer hat man nicht nur Loyalitätspflichten, sondern darf auch keine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verraten.

Neue EU-Richtlinie geplant

Damit es endlich klare Regelungen gibt, will Brüssel nun einen Rahmen vorgeben. Über den Inhalt der EU-Richtlinie wurde kräftig gerungen: Im Kern ging es um die Frage, ob sich Hinweisgeber zuerst an Stellen innerhalb ihres Unternehmens oder ihrer Behörde wenden müssen und erst nach einer mehrmonatigen Wartefrist Strafverfolgungs- oder Aufsichtsbehörden informieren dürfen.

Für Whistleblower wie Porwoll ist diese „Stufenfolge“ inakzeptabel. Zumal je nach Studie ohnehin um die 90 Prozent aller Hinweisgeber versuchen, zunächst intern für Abhilfe zu sorgen. Und der Rest hat oft gute Gründe, nicht auf die Aufklärung durch seine Vorgesetzten zu vertrauen. „Dass jeder interne Whistleblower zwangsläufig Adressat von Vergeltung wird, kann man anhand der Daten nicht sagen“, erläutert der auf das Thema spezialisierte Jurist Nico Herold von der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Aber das Risiko besteht immer, und es steigt mit der Art und dem Ausmaß des Missstandes, speziell wenn es strukturelle oder systemische Verfehlungen sind. Und es steigt, je länger man intern am Ball bleibt.“ Die Folge: Der in die Enge getriebene Mitarbeiter wendet sich irgendwann nach außen. 



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