Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft

Gallenwegskarzinome unter Inkretinmimetika: Vorläufige Entwarnung

Berlin - 07.05.2019, 12:45 Uhr

Gallenwegskarzinome unter Inkretinmimetika: Die AkdÄ schätzt die individuelle Gefahr für den einzelnen Patienten als gering ein. (b/Foto: nerthuz / stock.adobe.com)

Gallenwegskarzinome unter Inkretinmimetika: Die AkdÄ schätzt die individuelle Gefahr für den einzelnen Patienten als gering ein. (b/Foto: nerthuz / stock.adobe.com)


Erhöhen manche Antidiabetika das Risiko für Gallenwegskarzinome? Eine große Kohortenstudie, die im Dezember 2018 im BMJ erschienen war, lieferte Hinweise, dass Inkretinmimetika das Risiko für Cholangiokarzinome verschärfen könnten. Wie schätzt die Arzneimittelkommission der Ärzteschaft die Gefahr von Gallenwegskrebs unter wie Dipeptidyl-Peptidase-4(DPP-4)-Inhibitoren oder Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten ein?

Können manche Antidiabetika das Risiko für Karzinome der Gallenwege erhöhen? Diese Unsicherheit warf eine große populationsbasierte Kohortenstudie (UK, Vereinigtes Königreich) mit 154.162 erwachsenen Typ-2-Diabetikern auf, die unter anderem mit inkretinmimetischen Arzneimitteln wie Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren (DPP-4-Inhibitoren) und Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten behandelt wurden. Die Wissenschaftler fanden, dass DPP-4-Inhibitoren das Risiko für Cholangiokarzinome um 77 Prozent erhöhten.

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77 Prozent klingt zunächst sehr viel, vor dem Hintergrund des allgemein geringen Risikos für Gallenwegskarzinome – für Deutschland wird dieses mit einer Inzidenz von zwei bis drei Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr angegeben – relativiert sich die prozentuale Steigerung ein wenig. Dennoch gilt es fraglos, der Beobachtung auf den Grund zu gehen. So erklärten auch die Wissenschaftler hinter der im British Medical Journal (BMJ) im Dezember 2018 publizierten Studie – Incretin based drugs and risk of cholangiocarcinoma among patients with type 2 diabetes: population based cohort study –, dass weitere Studien diese Beobachtung untermauern müssten.

Gallenwegskarzinom: selten, aber mit schlechter Prognose

Gallengangskarzinome oder Cholangiozelluläre Karzinome sind bösartige Erkrankung der Gallenwege, wobei der Tumor im Bereich der Leber (intrahepatisch) oder außerhalb der Leber (extrahepatisch) entstehen kann. Cholangiozelluläre Karzinome (zusammen mit Gallenblasenkarzinomen) sind sehr selten, die Inzidenz wird für Deutschland mit zwei bis drei Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner pro Jahr angegeben. Die bösartige Erkrankung der Gallenwege trifft vor allem Menschen über 70 Jahre: Mehr als die Hälfte der Männer und zwei Drittel der Frauen sind bei der Diagnosestellung älter als 70 Jahre. Die Prognose ist schlecht: Das mediane Gesamtüberleben bei Gallenblasen- und Gallenwegskrebs beträgt für Männer ein Jahr und für Frauen knapp zehn Monate.

Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat sich die Daten zum Gallenwegskrazinomrisiko unter Inkretinmimetika angeschaut – wie bewertet sie die Ergebnisse? Die AkdÄ gibt „vorläufig“ eher Entwarnung.

Risikoerhöhung gering

Die AkdÄ kommt vorerst zu dem Schluss, dass die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Einnahme von DPP-4-Inhibitoren und GLP1-Rezeptor-Agonisten „nicht sehr wahrscheinlich“ ist, er könne jedoch auch nicht ausgeschlossen werden. Ihre dahingehende Einschätzung begründet die AkdÄ mit den „weiten Konfidenzintervallen“, bei DPP-4-Inhibitoren knapp über 1 bei, GLP-1-Rezeptor-Agonisten sogar unter 1. „Zusammenfassend ist die Risikoerhöhung für den einzelnen Patienten als gering einzustufen", erklärt die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Es seien jedoch weitere Studien erforderlich, um den möglichen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von inkretinbasierten Arzneimitteln und dem Auftreten von Cholangiokarzinomen zu untersuchen und zu bewerten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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