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Zyto-Skandal
Wie können die Bottroper Patienten entschädigt werden?
In einem offenen Brief haben die Menschen ein Recht auf Entschädigung gefordert, die mit Krebsmitteln aus der Apotheke von Peter S. beliefert wurden. Vergangene Nacht hat der Bundestag das Opferschutzrecht reformiert, ohne auf ihre Bitte einzugehen – doch die Bundesregierung macht ihnen dennoch etwas Hoffnung.
In den vergangenen Monaten wurde um das neue Opferschutzrecht gestritten – nach harscher Kritik am ersten Referentenentwurf sind die meisten Politiker und Verbände mit dem heute Nacht vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zufrieden. Als Reaktion auf mangelnde Hilfe für Opfer des Terroranschlags am Breitscheidplatz hatte das Bundessozialministerium eine umfassende Reform erarbeitet, das Vierzehnte Sozialgesetzbuch (SGB XIV) tritt 2024 in Kraft. Diese Woche hatten sich Betroffene des Bottroper Zyto-Skandals an Bundessozialminister Hubertus Heil wie auch alle Bundestagsfraktionen gewandt: „Von der Politik fühlen wir Opfer uns vergessen, im Kontakt mit Ministerien und Politikern wird uns das Licht der Hoffnung ‚ausgepustet‘“, schrieben sie. „In das Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts (SER) hatten wir große Hoffnungen gesetzt – doch darauf können wir uns nicht berufen, weil wir nicht als Opfer im Sinne des Opferschutzgesetzes gelten.“
Unterdosierte Zytostatika
Bottroper Zyto-Skandal
Sie forderten, dass die Regelung im früheren Gesetz – dass die „vorsätzliche Beibringung von Gift“ einer Gewalttat gleichsteht – durch einen Passus ersetzt wird, der „die vorsätzliche Beibringung von Gift oder Unterlassung von lebensrettenden und lebensverlängernden Infusionen“ erfasst. Jedoch beließ es der Bundestag bei der alten Forderung.
Bundesregierung: Ansprüche könnten in Betracht kommen
Doch wie eine DAZ.online vorliegende Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zeigt, könnten die Bottroper Betroffenen auch nach der bisherigen Regelung Hilfe bekommen. Zu konkreten Einzelfällen und laufenden Verfahren äußere sie sich zwar nicht, schreibt die Bundesregierung. „Losgelöst vom Einzelfall könnte es sich bei der bewussten Veränderung der Zusammensetzung eines Medikaments durch einen Apotheker und dem anschließenden Verkauf des veränderten Medikaments um eine vorsätzliche Beibringung von Gift im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 des Opferentschädigungsgesetzes handeln“, erklärt sie jedoch. „Daher könnten in solchen Fällen Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz in Betracht kommen.“
Außerdem verweist sie auf die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gegen den Apotheker durchzusetzen. Hiermit könnte es schwierig werden, da ein Insolvenzverfahren gegen S. läuft und womöglich nicht alle Ansprüche durchgesetzt werden können. Doch auch Entschädigungen nach dem Opferentschädigungsrecht werden kaum möglich sein – da unklar bleibt, welche Patienten unterdosierte Krebsmittel oder gar falsche Wirkstoffe erhalten haben. Der Apotheker schweigt hierzu weiterhin, seine Verteidiger bestreiten die Vorwürfe.
In Bezug auf eingetretene Gesundheitsschäden gibt es jedoch vereinfachte Nachweisregeln. „Es genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Grünen-Anfrage. „Diese wird bei psychischen Gesundheitsstörungen im Einzelfall vermutet, wenn diejenigen medizinischen Tatsachen vorliegen, die nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft geeignet sind, einen Ursachenzusammenhang zwischen einem nach Art und Schwere geeigneten schädigenden Ereignis und der gesundheitlichen Schädigung und der Schädigungsfolge zu begründen.“ Die Vermutung könne nur durch einen anderen Kausalverlauf widerlegt werden.
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