ApothekenRechtTag – AvP-Insolvenz

Douglas: Apotheken benötigen KfW-Hilfe

Stuttgart - 24.09.2020, 16:45 Uhr

Der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas vertritt zahlreiche Mandanten im aktuellen AvP-Fall. Für ihn steht fest, dass die Apotheken jetzt schnelle und zuverlässige Hilfe benötigen. (x / Foto: Schelbert)

Der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas vertritt zahlreiche Mandanten im aktuellen AvP-Fall. Für ihn steht fest, dass die Apotheken jetzt schnelle und zuverlässige Hilfe benötigen. (x / Foto: Schelbert)


Gelder in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags sind beim Apothekenrechenzentrum AvP in Düsseldorf eingefroren. Mehr als 3.000 Apotheken und andere Leistungserbringer warten auf die Auszahlung ihrer GKV-Umsätze aus den vergangenen Wochen. Nicht wenige betroffene Apotheken befürchten, dass mehr als ein Jahresgewinn allein in der Monatsabrechnung August fehlen wird. Der Apothekenrechtsexperte Dr. Morton Douglas sieht einen staatlichen Rettungsschirm in Form von KfW-Sonderkrediten für dringend geboten. Dies bekräftigte er im gestrigen DAZ-Webcast sowie beim heutigen ApothekenRechtTag in Stuttgart.

Die Insolvenz des privaten Rechenzentrums AvP aus Düsseldorf trifft rund 3.200 Apotheken, Krankenhausambulanzen, sonstige Leistungserbringer und Ärzte. Rechtsanwalt Dr. Jan-Philipp Hoos von der Kanzlei White & Case wurde am Mittwoch in der vergangenen Woche vom Amtsgericht Düsseldorf zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Gemeinsam mit dem von der Bankenaufsicht BaFin eingesetzten Geschäftsleiter Ralf R. Bauer führt er das Unternehmen. Am Montag fand eine erste Sitzung des Gläubiger-Ausschusses statt. Seit vergangenen Dienstag ist klar: Ab sofort wird AvP keine Rezepte mehr entgegennehmen. Noch ausstehende Rezeptabrechnungen sollen aber erstellt und versendet werden. Das klassische Apothekengeschäft ist damit eingestellt – das Geschäft mit den Krankenhäusern läuft derweil weiter.

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Bei den betroffenen Apotheken klafft eine signifikante Finanzlücke: Der eingefrorene dreistellige Millionenbetrag auf den AvP-Konten führt in den Apotheken zu einem Liquiditätsengpass in Höhe von mehr als einem Jahresgewinn. Wie dieser Verlust kurzfristig zu kompensieren ist, muss nun jeder inhabergeführte Einzelbetrieb selbst überprüfen. Möglich sind Überbrückungskredite der Bank oder die Stundung von Forderungen beispielsweise des pharmazeutischen Großhandels. Schnellstmöglich müssen sich die Apotheken um den Anschluss an neue Rechenzentren bemühen, damit Rezepte weiterhin mit den Krankenkassen abgerechnet werden können.

Apothekerverbände sollen Kontakt zum GKV-Spitzenverband suchen

Der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas vertritt zahlreiche Mandanten im aktuellen Fall. Für ihn steht fest, dass die Apotheken jetzt schnelle und zuverlässige Hilfe benötigen. Das Ausfallrisiko müsse von den Apotheken abgewendet werden – sowohl in dieser Situation als auch in Zukunft. An die Apothekerverbände gerichtet formuliert er den Appell, dass sie im Interesse ihrer Mitglieder den Kontakt zum GKV-Spitzenverband suchen sollten und eine Aussetzung von Abrechnungsfristen und Retaxationen erwirken müssten. „Hier ist ein Moratorium nötig“, so Douglas.

Gleichzeitig fordert er jedoch auch einen staatlichen Rettungsschirm. Ein Sonderkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) müsse den betroffenen Betrieben unter die Arme greifen. Der Gesetzgeber hätte den Apotheken die hoheitliche Aufgabe der Arzneimittelversorgung übertragen, gleichzeitig wäre das System durch Kostendämpfungsmaßnahmen immer weiter verkompliziert worden, betonte Douglas auf dem heutigen ApothekenRechtTag in Stuttgart. Allein wegen der Preisbildung und Bürokratie im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel wäre es Apotheken selbst gar nicht mehr möglich ohne ein Rechenzentrum die Leistungen mit den Krankenkassen abzurechnen. Die Kosten durch den Super-GAU bei AvP müssten nach jetzigem Stand ganz allein die Apotheken tragen.

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Der Apothekenrechtsexperte Douglas ist sich sicher, dass die aktuellen Geschehnisse zu einem Systemwechsel in der Zukunft führen werden. Das Ausfallrisiko müsse im Sozialrecht definiert und verankert werden. Außerdem müssten alle Beteiligten mit „offenen Karten“ spielen. Mangelende Transparenz hätte vor allem zu der prekären Situation beim Abrechner AvP geführt - mit Auswirkungen nun auf mehrere Tausend Apotheken und Leistungserbringer.


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

das stimmt

von J.M.L. am 25.09.2020 um 10:53 Uhr

Ja, Liefertag um einen Tag überschritten bei Diclofenac = 12€ weg
Liefertag um einen Tag überschritten bei Glivec = 10.000€ weg
Zweimal der gleiche Fehler, jedoch im 'Strafmaß' um den Faktor 1000 höher.
Das gibt es in dieser Form auch nirgends denke ich.

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Im Prinzip richtig

von Nikolaus Guttenberger am 24.09.2020 um 17:01 Uhr

Im Prinzip pflichte ich der Einschätzung von Herrn Douglas bei.

Allerdings würde ein Kredit das Ausfallrisiko nicht abwenden, sondern lediglich in die Zukunft verlagern. Dieser muss ja zurück gezahlt werden, und das Geld ist genauso weg, wie jetzt auch.

Auch hat praktisch keine andere Branche ein derartiges (Klumpen-)Risiko wie wir. Man verliert eben nicht nur die Aufwendung für einzelne Umsätze, sondern komplett alles. Das gibt es in dieser Form nirgends denke ich.

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