Was die Apotheker jetzt wissen müssen
Ist die Abgabe kostenloser beziehungsweise mit einer geringen Zuzahlung belegter FFP2-Masken an Risikopatienten schon jetzt möglich?
Nein. Die rechtliche Basis für die Abgabe von FFP2-Masken an Risikopatienten bildet der mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz eingeführte § 20i Absatz 3 Nr. 1 c) SGB V. Die Norm gestattet dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), ohne Zustimmung des Bundesrats eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen.
Diese Verordnung liegt derzeit allerdings erst als Referentenentwurf vor. Sie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Das BMG peilt den kommenden Dienstag, 15. Dezember, an.
Wer hat ein Anrecht auf die Masken?
Folgende Übersicht findet sich im Verordnungsentwurf:
Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, haben – unabhängig davon ob sie in der GKV versichert sind oder nicht – Anspruch auf Schutzmasken, wenn
1. sie das 60. Lebensjahr vollendet haben oder
2. bei ihnen eine der folgenden Erkrankungen oder Risikofaktoren vorliegen:
- chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder Asthma bronchiale,
- chronische Herzinsuffizienz,
- chronische Niereninsuffizienz,
- zerebrovaskuläre Erkrankung, insbesondere Schlaganfall,
- Diabetes mellitus Typ 2,
- aktive, fortschreitende oder metastasierte Krebserkrankungen oder stattfindende oder bevorstehende Therapie, welche die Immunabwehr beeinträchtigen kann,
- stattgefundene Organ- oder Stammzellentransplantation,
- Risikoschwangerschaft.
Die Masken soll es also nicht nur für gesetzlich Versicherte geben. Die Verordnung erstreckt den Anspruch ausdrücklich auch auf Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Wie viele Masken sind pro Anspruchsberechtigtem vorgesehen?
Personen, die zu einer der genannten Risikogruppen zählen, haben Anspruch auf insgesamt 15 Masken. Die Ausgabe erfolgt in drei Etappen. Im Dezember stehen ihnen drei Schutzmasken zu. Im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum Ablauf des 28. Februar 2021 können sie einmalig sechs Schutzmasken erhalten sowie vom 16. Februar 2021 bis zum Ablauf des 15. April 2021 erneut einmalig sechs Schutzmasken.
Was ist, wenn ich kein passendes Gebinde mit drei beziehungsweise sechs Masken vorrätig habe?
Sofern in der Apotheke keine Packungseinheit mit der erforderlichen Anzahl Schutzmasken vorhanden ist, ist die Apotheke laut Verordnungsentwurf zur Neuverpackung berechtigt. Die Schutzwirkung der Masken darf dabei nicht beeinträchtigt werden. Zudem ist bei der Abgabe von Schutzmasken, die nach der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungs-Verordnung verkehrsfähig sind, den anspruchsberechtigten Personen auf Verlangen eine Bestätigung von der zuständigen Marktüberwachungsbehörde auszuhändigen.
Welche Masken dürfen Apotheken abgeben?
Welche Masken darf ich abgeben?
Vorgesehen sind FFP2-Masken oder Masken mit vergleichbarer Qualität, die „gemäß der Verordnung (EU) 2016/425 vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstung oder gemäß § 9 der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungs-Verordnung in der Bundesrepublik Deutschland verkehrsfähig sind“. Folgende Übersicht dazu findet sich im Verordnungsentwurf (Seite 10):
Maskentyp | Standard (Teil der Kennzeichnung) | Weitere Kennzeichnungs-merkmale | Zielland |
---|---|---|---|
FFP2 oder vergleich-bar | CE-Kennzeichnung mit nachgestellter Kennnummer der notifizierten Stelle |
gemäß Verordnung (EU) 2016/425, z. B. Schutzklasse FFP2 Gebrauchsdauer Herstellerangaben Verweis auf DIN EN 149:2001+A1:2009 oder vergleichbar EU-Konformitätserklärung |
EU |
N95 | NIOSH-42CFR84 |
Modellnummer Lot-Nummer Maskentyp Herstellerangaben TC-Zulassungs-nummer |
USA und Kanada |
P2 | AS/NZS 1716-2012 | Identifizierungsnummer oder Logo der Konformitäts-bewertungsstellen | Australien und Neuseeland |
DS2 | JMHLW-Notification 214, 2018 |
Kennzeichnung von Masken aus USA, Kanada, Australien / Neuseeland, Japan, China und Korea (PDF) |
Japan |
CPA | Prüfgrundsatz für Corona SARS-Cov-2 Pandemie Atemschutzmasken (CPA) | Bescheinigung der Marktüberwachungs-behörde nach § 9 Absatz 3 MedBVSV |
Deutschland |
Braucht ein Anspruchsberechtigter einen Nachweis dafür, dass er zu einer Risikogruppe zählt?
Im Dezember obliegt es allein den Apotheken, zu prüfen, ob ein:e Kund:in anspruchsberechtigt ist. Bezüglich des Alters müssen sich die Mitarbeiter:innen den Personalausweis zeigen lassen. Was Vorerkrankungen betrifft, kann bei Stammkunden etwa die Medikamentenhistorie Aufschluss geben. Konkret heißt es dazu in dem Verordnungsentwurf: Die Abgabe „erfolgt durch die Apotheken im Rahmen der Verfügbarkeit, sofern die anspruchsberechtigte Person die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe durch Eigenauskunft nachvollziehbar darlegen kann“.
Zum Jahreswechsel ändert sich die Lage. Dann verschicken die Krankenkassen Bescheinigungen an die berechtigten Versicherten. Diese Bescheinigung ist in der Apotheke vorzulegen und durch das pharmazeutische Personal einzuziehen und mit Apothekenstempel und Unterschrift der abgebenden Person zu versehen. Die Coupons sollen demnach fälschungssicher und nicht personalisiert sein.
Kann ein Anspruchsberechtigter eine andere Person zum Abholen der Masken schicken?
Dem steht keine anders lautende Regelung entgegen, sofern der Abholende ab Januar eine entsprechende Bescheinigung der Kasse vorlegen kann oder im Dezember den Personalausweis des Anspruchsberechtigten vorlegt beziehungsweise dessen Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe plausibel darlegen kann.
Wie wird sichergestellt, dass Anspruchsberechtigte im Dezember tatsächlich nur drei Masken erhalten und sich keine weiteren durch „Apotheken-Hopping“ erschleichen?
Das kann leider nicht ausgeschlossen werden. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte am gestrigen Mittwoch in einem Pressegespräch, man habe dies mit dem BMG erörtert und gemeinsam entschieden, dass man dieses Risiko eingehen werde. Er appellierte diesbezüglich an die Vernunft und Solidarität der Menschen.
Ansturm auf die Apotheken
Wie soll ein Ansturm auf die Apotheken verhindert werden?
Der Verordnungsentwurf regelt, dass die Krankenkassen ihre Versicherten nach und nach anschreiben sollen. Dazu heißt es:
Die Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen haben die anspruchsberechtigten Personen (…) in folgender Reihenfolge zu informieren:
1. zuerst die Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben,
2. danach die Personen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben und die Personen nach § 1 Nummer 2 (betrifft Menschen, die jünger sind als 70 Jahre und wegen einer Vorerkrankung anspruchsberechtigt sind, Anm. d. Red.) und
3. danach die Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben.
Jedoch räumen sowohl ABDA-Präsident Schmidt als auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU ein, dass ein Ansturm auf die Apotheken sich wohl kaum wirksam verhindern lassen wird.
Woher sollen Apotheken die Masken beziehen?
Vom Tisch ist die Idee, die Masken sollten aus Beständen des Bundes kommen. Vielmehr sollen die Apotheken die üblichen und bewährten Vertriebswege nutzen: den Großhandel und den Direktvertrieb. Bei der Präsentation des Verordnungsentwurfs am gestrigen Mittwoch sagte Minister Spahn, der reguläre Vertriebsweg über den Großhandel sei die einzige Möglichkeit, eine logistische Aufgabe dieser Größenordnung zu stemmen. Immerhin gehe es darum, insgesamt 400 Millionen Masken in der Bundesrepublik zu verteilen.
Sind die Masken gratis oder muss der Anspruchsberechtigte eine Zuzahlung leisten?
Ab Januar wird beim Einlösen eines Coupons eine Eigenbeteiligung des Versicherten von 2 Euro fällig. Diese verbleibt in der Apotheke und wird mit dem Erstattungsbetrag verrechnet. Für den Dezember ist keine Zuzahlung vorgesehen.
Bekommt die Apotheke ein Honorar für den Aufwand?
Ab Januar ist ein Erstattungsbetrag von 6 Euro je Maske vorgesehen. Bei der Abgabe von sechs Schutzmasken, die Anspruchsberechtigte beim Einlösen des Gutscheins erhalten, macht das also 36 Euro. Darin ist der Einkaufspreis sowie alle Zuschläge und die jeweils geltende Mehrwertsteuer bereits enthalten.
Im Dezember erhalten die Apotheken für die Maskenabgabe eine individuelle Pauschale aus dem DAV-Nacht- und Notdienstfonds. Diese setzt der DAV durch Bescheid fest. Dafür stellt das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) pauschal 491,4 Millionen Euro bereit. Die Verteilung an die Apotheken richtet sich nach der Anzahl der im dritten Quartal 2020 von der jeweiligen Apotheke abgegebenen Rx-Arzneimittel zur Anwendung am Menschen und der Anzahl der insgesamt von den Apotheken abgegebenen verschreibungspflichtigen Humanarzneimittel, die jeweils dem DAV gemeldet wurden.
Wie läuft die Abrechnung ab?
Wie erfolgt die Abrechnung im Dezember?
Gemäß Verordnungsentwurf ist es Aufgabe des Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands, die Summe von 491,4 Millionen Euro an die Apotheken auszuschütten, die im Dezember zur Verfügung stehen. Konkret heißt es: „Die Pauschale je Apotheke errechnet sich durch Multiplikation des Betrags (gemeint sind die rund 490 Millionen Euro, Anm. d. Red.) mit dem Quotienten aus der Anzahl der im dritten Quartal 2020 von der jeweiligen Apotheke abgegebenen und (…) an den Deutschen Apothekerverband gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen und der Anzahl der von den Apotheken insgesamt im dritten Quartal 2020 abgegebenen und (…) an den Deutschen Apothekerverband gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen.“
Für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Absatz 1 setzt der Deutsche Apothekerverband e.V. durch Bescheid die Pauschalen je Apotheke fest und zahlt sie nach Abzug der Verwaltungskosten an die Apotheken aus. Die Pauschale je Apotheke errechnet sich durch Multiplikation des Betrags nach § 9 Absatz 3 (Anmerkung der Redaktion: 491,4 Millionen Euro) mit dem Quotienten aus der Anzahl der im dritten Quartal 2020 von der jeweiligen Apotheke abgegebenen und nach § 19 des Gesetzes über das Apothekenwesen an den Deutschen Apothekerverband e. V. gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen und der Anzahl der von den Apotheken insgesamt im dritten Quartal 2020 abgegebenen und nach § 19 des Gesetzes über das Apothekenwesen an den Deutschen Apothekerverband e. V. gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen. Liegen für eine Apotheke die entsprechenden Angaben für das dritte Quartal 2020 nicht oder nicht vollständig vor, sind diese vom Deutschen Apothekenverband e.V. zu schätzen. Der Deutsche Apothekerverband e.V. nimmt die Aufgaben nach den Sätzen 1 bis 3 als Beliehener wahr. Das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch einen Beleihungsbescheid nach § 20a des Gesetzes über das Apothekenwesen.“
§ 7 Abs. 1 des Referentenentwurfs für eine Coronavirus-Schutzmaskenverordnung (Stand 9. Dezember 2020)
Wie hoch die Pauschale für die einzelne Apotheke ausfallen wird, lässt sich annäherungsweise berechnen. Genauere Informationen finden Sie in einem eigenen Artikel.
Wie erfolgt die Abrechnung ab Januar?
Dazu erstellen die Apotheken mindestens einmal pro Monat eine Abrechnung, aus der sich die Anzahl der abgegebenen Masken, die eingenommenen Eigenbeteiligungen und der geltend gemachte Erstattungsbetrag ergeben. Die Abrechnung wird von den Apotheken an das jeweilige Rechenzentrum übermittelt. Die hierfür zu übermittelnden Angaben dürfen keinen Bezug zu der Person aufweisen, für die die Schutzmasken abgegeben wurden. Die für den Nachweis der korrekten Abrechnung erforderlichen rechnungsbegründenden Unterlagen sind von den Apotheken bis zum 31. Dezember 2024 unverändert zu speichern oder aufzubewahren.
Wer bezahlt für die Masken?
Für Dezember stellt das BAS einen Betrag von 491,4 Millionen Euro zur Verfügung, der über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) an die Apotheken weitergeleitet wird. Dieses Geld stammt zunächst aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und muss innerhalb von sieben Tagen nach Inkrafttreten der Verordnung an den NNF ausgezahlt werden. Die entstehende Lücke soll anschließend aus der Staatskasse wieder aufgefüllt werden.
Ab Januar rechnen die Apothekenrechenzentren direkt mit dem BAS ab. Auch dieses Geld kommt aus dem Gesundheitsfonds und wird durch Bundesmittel ausgeglichen.