Nur für Covid-19-Risikopatient:innen

Casirivimab und Imdevimab: WHO empfiehlt erste Präventivtherapie gegen COVID-19

Stuttgart - 24.09.2021, 16:59 Uhr

Mit der neuen Empfehlung zu Casirivimab und Imdevimab bestehe nun die Herausforderung in den hohen Kosten und der knappen Produktion, so die WHO. Deshalb werde mit Roche über niedrigere Preise, eine mögliche Schenkung und eine faire Verteilung in aller Welt verhandelt. (c / Foto: Bernard Chantal / AdobeStock)

Mit der neuen Empfehlung zu Casirivimab und Imdevimab bestehe nun die Herausforderung in den hohen Kosten und der knappen Produktion, so die WHO. Deshalb werde mit Roche über niedrigere Preise, eine mögliche Schenkung und eine faire Verteilung in aller Welt verhandelt. (c / Foto: Bernard Chantal / AdobeStock)


Am 4. September ist im British Medical Journal (BMJ) eine dynamische Leitlinie der WHO zur Behandlung von COVID-19 veröffentlicht worden. In einer grafischen Übersicht werden bestätigte COVID-19-Patient:innen dort in drei Gruppen eingeteilt: nicht schwer Erkrankte, schwer Erkrankte und kritisch Erkrankte. Erstmals hat die WHO nun eine Empfehlung für die erste dieser Gruppen ausgesprochen, allerdings nur für die Patient:innen, die mit einem Risiko von über 10 Prozent wahrscheinlich hospitalisiert würden. Bei ihnen kann die Antikörper-Kombination aus Casirivimab und Imdevimab zum Einsatz kommen. 

Ende Juni 2021 benannte die EU-Kommission fünf vielversprechende Corona-Medikamente, von denen vier auf monoklonalen Antikörpern basieren:

  • Kombination aus Bamlanivimab und Etesevimab von Eli Lilly
  • Kombination aus Casirivimab und Imdevimab von Regeneron Pharmaceuticals, Inc. und F. Hoffman-La Roche, Ltd.
  • Regdanivimab von Celltrion
  • Sotrovimab von GlaxoSmithKline und Vir Biotechnology, Inc.

Vergangenen Dienstag berichtete nun die Nachrichtenagentur dpa, dass die EU-Kommission einen Rahmenvertrag über die gemeinsame Anschaffung des COVID-19-Medikaments des Pharmaunternehmens Eli Lilly abgeschlossen hat. Also die Kombination der beiden monoklonalen Antikörper Bamlanivimab und Etesevimab. Zum Einsatz kommen soll sie zur Behandlung von COVID-Patient:innen, die keinen Sauerstoff brauchen, bei denen jedoch die Gefahr einer schweren Erkrankung bestehe, hieß es. 18 EU-Staaten beteiligten sich am gemeinsamen Kauf von 220.000 Behandlungen, teilte die Brüsseler Behörde mit.

Bereits im Januar 2021 hatte der Bund Antikörper-Arzneimittel für 400 Millionen Euro beschafft. Damals fragten sich einige, was Bundesgesundheitsminister Jens Spahn da wohl eingekauft hat. Konkret handelte es sich um die monoklonalen Antikörper der US-Hersteller Regeneron (Casirivimab/Imdevimab) und von Eli Lilly (Bamlanivimab), die in Deutschland als erstem Land in der EU eingesetzt werden sollten. Während die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Bamlanivimab im April die Notfallzulassung wieder entzog, gibt es nun nochmal positive Neuigkeiten, und zwar zu Casirivimab und Imdevimab von Regeneron und Roche: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mit dieser Antikörperkombination nun erstmals ein Arzneimittel zur Vorbeugung gegen eine schwere COVID-19-Erkrankung bei infizierten Risikopatient:innen. Genauer nachlesen kann man das in einer dynamischen Leitlinie der WHO zur COVID-19-Therapie, veröffentlicht im „British Medical Journal“ (BMJ).

Gerade Länder, die selbst keine Risikobewertungen zu Arzneimitteln vornehmen, stützen sich auf Empfehlungen der WHO. Auch Hilfsorganisationen setzen in der Regel nur von der WHO empfohlene Mittel ein.

Die WHO empfiehlt die Gabe von Casirivimab und Imdevimab nicht nur bei Corona-Patient:innen mit einem (über 10 Prozent) erhöhten Hospitalisierungsrisiko (Ungeimpfte, Ältere, Immungeschwächte, chronisch Kranke wie Menschen mit Diabetes). Sondern ebenso für bereits schwer Erkrankte, die nachweislich keine Antikörper gegen COVID-19 haben.

Neben diesen „bedingten“ neuen Empfehlungen rät die WHO auch stark zum Einsatz von Interleukin-6-Rezeptorblockern (z. B. Tocilizumab) und Corticoiden. Allerdings nicht präventiv, sondern nur bei schwer und kritisch an COVID-19 Erkrankten. 

Vom Einsatz von Ivermectin (außer in klinischen Studien), Hydroxychloroquin und Lopinavir/Ritonavir bei COVID-19 rät die WHO hingegen eindeutig ab. Auch von Remdesivir rät sie ab, jedoch mit weniger Nachdruck. Schon Ende 2020 hatte sich die WHO skeptisch zu Remdesivir geäußert. Erst im August berichtete die DAZ darüber, dass Remdesivir laut einem Cochrane-Review bislang keine eindeutige Wirkung auf die Sterblichkeit oder den Krankheitsverlauf von hospitalisierten COVID-19-Patient:innen gezeigt hat. Dennoch ist Remdesivir nach wie vor der einzige antivirale Wirkstoff, der in Europa zur Behandlung der COVID-19-Erkrankung zugelassen ist, und vor einigen Tagen wurde ihm unter dem Markennamen Veklury durch den G-BA ein geringer Zusatznutzen zugesprochen.

Was die neue Empfehlung der WHO zu Casirivimab und Imdevimab angeht, bestehe die Herausforderung nun in den hohen Kosten und der knappen Produktion, so die WHO. Deshalb werde mit Roche über niedrigere Preise, eine mögliche Schenkung und eine faire Verteilung in aller Welt verhandelt. Die WHO setzte sich dafür ein, dass auch anderen Herstellern die Produktion ermöglicht wird, damit billigere Varianten der Mittel auf den Markt kommen.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtete, Regeneron habe bereits in mindestens elf ärmeren Ländern Patentanträge gestellt. Sie forderte das Unternehmen auf, auf die Durchsetzung von Patenten in ärmeren Ländern zu verzichten. „Es ist einfach nicht fair, dass Menschen, die in ärmeren Ländern leben, keinen Zugang zu diesen COVID-19-Medikamenten, die das Todesrisiko senken, haben, nur weil Pharmafirmen das Monopol haben und hohe Renditen wollen“, sagte Elin Hoffmann Dahl von Ärzte ohne Grenzen. Zudem habe Regeneron für die Entwicklung öffentliche Gelder erhalten. Nach Informationen der Organisation wird das Mittel etwa in Deutschland für 2.000 Dollar (1.700 Euro) und in Indien für 820 Dollar angeboten.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


dpa / DAZ.online
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