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ACE-Hemmer plus Imbruvica: kein erhöhtes Risiko für plötzlichen Herztod

Stuttgart - 03.11.2021, 10:45 Uhr

Kommt es unter mit ACE-Hemmern behandelten Imbruvica-Patient:innen häufiger zu einem plötzlichen Herztod? Der PRAC gibt Entwarnung. (Foto: dima_oris / AdobeStock)

Kommt es unter mit ACE-Hemmern behandelten Imbruvica-Patient:innen häufiger zu einem plötzlichen Herztod? Der PRAC gibt Entwarnung. (Foto: dima_oris / AdobeStock)


Krebspatient:innen, die zur Behandlung ihres Mantelzell-Lymphoms, ihrer chronisch lymphatischen Leukämie oder von Morbus Waldenström Ibrutinib erhalten und gleichzeitig ACE-Hemmer einnehmen, haben kein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod. Der PRAC hat die Überprüfung eines Sicherheitssignals zu Imbruvica abgeschlossen und Entwarnung gegeben.

Der für die Risikobewertung von Arzneimitteln bei der EMA zuständige Ausschuss PRAC hat die Überprüfung eines Sicherheitssignals zu Imbruvica® (Ibrutinib) abgeschlossen: Es ging um den Verdacht des plötzlichen Herztods unter Imbruvica, wenn der Tyrosinkinase-Inhibitor mit ACE-Hemmern kombiniert wurde. Nun kann der PRAC Entwarnung geben.

„Nach Prüfung zusätzlicher Analysen aus verschiedenen Quellen, einschließlich anderer klinischer Studien, kam der PRAC zu dem Schluss, dass der mögliche Zusammenhang zwischen der Behandlung mit Imbruvica® bei gleichzeitiger Anwendung von ACE-Hemmern und dem Risiko eines plötzlichen Herztodes nicht plausibel erscheint“, erklärt der PRAC nach seiner Sitzung am 29. Oktober.

Nicht mehr Todesfälle bei ACE-Hemmer-Patient:innen

Grund für die Risikobewertung von Ibrutinib waren Zwischenergebnisse einer vom Zulassungsinhaber finanzierten klinischen Studie. Diese deuteten darauf hin, dass Patient:innen, die vor Therapiebeginn ACE-Hemmer einnahmen, unter Ibrutinib und Rituximab ein erhöhtes Risiko für plötzlichen Herztod haben könnten als Patient:innen unter Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab. Dieser Verdacht ließ sich jedoch nicht bestätigen und laut PRAC zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied in Bezug auf plötzliche Todesfälle oder Herztod zwischen den Patienten, die mit ACE-Hemmern und Imbruvica® behandelt wurden, und den Patienten, die ACE-Hemmer und einen Vergleichsstoff erhielten.

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Dennoch ist Ibrutinib damit kardial nicht aus dem Schneider. Denn kardiale Nebenwirkungen von Ibrutinib sind durchaus bekannt. Nun will der PRAC die Kardiotoxiziät von Imbruvica® weiter untersuchen, und zwar in einem neuen Verfahren und dieses Mal unabhängig von einer ACE-Hemmer-Anwendung.

Imbruvica®

Imbruvica® als Einzelsubstanz ist indiziert zur Behandlung erwachsener Patient:innen mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom (MCL). Zudem hat Janssen die Zulassung für Imbruvica® zur Behandlung erwachsener Patienten mit nicht vorbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) als Einzelsubstanz oder in Kombination mit Rituximab oder Obinutuzumab. Als Einzelsubstanz oder in Kombination mit Bendamustin und Rituximab (BR) darf Imbruvica® bei CLL angewendet werden, wenn die Patient:innen (über 18 Jahre) mindestens eine vorangehende Therapie erhalten haben. Bei Morbus Waldenström kommt Imbruvica® ebenfalls zum Einsatz, und zwar als Einzelsubstanz bei erwachsenen Patienten, die mindestens eine vorangehende Therapie erhalten haben, oder zur Erstlinien-Therapie bei Patient:innen, die für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind. In Kombination mit Rituximab ist Imbruvica® ebenfalls indiziert zur Behandlung erwachsener Patienten mit Morbus Waldenström.

Wirkmechanismus laut Fachinformation von Imbruvica 

„Ibrutinib ist ein starker kleinmolekularer (small-molecule) Bruton-Tyrosinkinase-(BTK-) Inhibitor. Ibrutinib bildet eine kovalente Bindung mit einem Cysteinrest (Cys-481) im aktiven Zentrum der BTK, was zu einer anhaltenden Hemmung der enzymatischen Aktivität der BTK führt. BTK, ein Mitglied der Familie der Tec-Kinasen, ist ein wichtiges Signalmolekül im Signalweg des B-Zell-Antigen-Rezeptors (BCR) und des Zytokin-Rezeptors. Der BCR-Signalweg ist an der Pathogenese verschiedener B-Zell-Malignome beteiligt, einschließlich MCL, diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL), follikulärem Lymphom und CLL. Die entscheidende Rolle von BTK bei der Signalübertragung durch die B-Zell-Oberflächenrezeptoren führt zur Aktivierung von Signalwegen, die für die Migration, die Chemotaxis und die Adhäsion von B-Zellen notwendig sind. Präklinische Studien haben gezeigt, dass Ibrutinib in vivo die Proliferation und das Überleben maligner B-Zellen sowie in vitro die Migration und Substratadhäsion der Zellen effektiv hemmt.“


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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