Die frühe Qual der Zertifizierung

Wie die Präqualifizierung bei der Apothekenübernahme gelingt

03.01.2022, 09:15 Uhr

Die Präqualifizierung stellt viele Apotheker:innen bei Inhaberwechsel vor Probleme. (c / Foto: BillionPhotos.com / AdobeStock)

Die Präqualifizierung stellt viele Apotheker:innen bei Inhaberwechsel vor Probleme. (c / Foto: BillionPhotos.com / AdobeStock)


Neben vermeintlich guten Vorsätzen wird im kommenden Jahr auch eine weitere Neuerung auf die Apothekerschaft zukommen: Für die Versorgung mit Trink- und Sondennahrung ist nun eine Präqualifizierung notwendig. Und bei einigen Betrieben bahnt sich zusätzlich noch ein Wechsel der Apothekenleitung – und damit auch eine neue Präqualifizierung – an. Zeit zu schauen, was man alles für einen reibungslosen Übergang braucht.

Eines vorneweg: Gänzlich ohne Bürokratie und einigen Zeitaufwand wird wahrscheinlich kein Aspekt der Präqualifizierung jemals auskommen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fragestellungen dieses Themenbereichs besteht jedoch im Rahmen des Betriebsübergangs immerhin ein gewisses Maß an Flexibilität. Zukünftige Apothekenleitungen können zwischen zwei verschiedenen Verfahren wählen, um die Präqualifizierung ihrer neuen Apotheke abzuschließen.

Die erste Möglichkeit wird wahrscheinlich in der Praxis am häufigsten genutzt: der vollständige Neuantrag durch die neue Apothekenleitung. Diesem Erstantrag sind sämtliche Dokumente und Nachweise für jeden betroffenen Versorgungsbereich beizufügen. Dies gilt auch für die Fotodokumentation, selbst wenn sich durch den Übergang keinerlei räumliche Änderungen ergeben haben sollten. Hierbei ist es völlig unerheblich, wie alt die bisherige Präqualifizierung der Apotheke ist, Erleichterungen bei der Antragstellung sind nicht vorgesehen und werden für gewöhnlich auch nicht von den selbst streng regulierten Zertifizierungsstellen gewährt. 

Die auf diesem Wege erhaltene Präqualifizierung ist fünf Jahre lang gültig. Da es sich um eine vollständige Neubeantragung handelt, kann die neue Betriebsleitung grundsätzlich zwischen den verschiedenen Anbietern von Präqualifizierungen wählen und ist nicht an den bisherigen gebunden. Die Zertifizierungsstellen sind zur Offenlegung ihrer Preise verpflichtet und erheben jeweils unterschiedliche Gebühren. Über diese kann man sich meist gut auf den zugehörigen Internetseiten informieren. Auch Änderungen bei den jeweiligen Versorgungsbereichen sind ohne Weiteres möglich, bedürfen jedoch gegebenenfalls zusätzlicher Nachweise.

Wann ist eine Re-Präqualifizierung notwendig?

Die Alternative zu dieser Vorgehensweise besteht nur, sofern der Betriebsübergang noch nicht abschließend vollzogen ist. In diesem Fall reicht die bisherige Leitung lediglich einen Änderungsantrag bei der bisherigen Präqualifizierungsstelle ein. Dieser muss ebenfalls von der neuen Leitung unterzeichnet sein. Zusätzlich sind außerdem der Name in Klarschrift, die IK-Nummer sowie jegliche personengebundene Antragsdokumente der neuen Apothekenleitung dem Antrag beizufügen. Weitere Nachweise entfallen bei dieser Vorgehensweise, sofern keine anderweitigen Änderungen beantragt werden. Die so erlangte Präqualifizierung besteht im Anschluss noch für die restliche Laufzeit des ursprünglichen Vertrags, eine Verlängerung der Präqualifizierungszeit erfolgt somit nicht. Änderungen der Versorgungsbereiche können auch im Rahmen eines solchen Änderungsantrags erfolgen, jedoch müssen natürlich ergänzend auch die für den zusätzlichen Versorgungsbereich relevanten Nachweise eingereicht werden.

Unabhängig von der gewählten Variante beim Betriebsübergang ist nach Ende der jeweiligen Laufzeit stets eine Re-Präqualifizierung notwendig. Bei dieser müssen wieder umfassende Nachweise und Dokumente eingereicht werden, ähnlich wie bei einem Neuantrag. Auch eine aktuelle Fotodokumentation ist hierzu erforderlich, da die Bilder bei Antragstellung nicht älter als drei Monate sein dürfen. Die Änderung der bestehenden Präqualifizierung der alten Apothekenleitung ist im Zuge der Betriebsübernahme also nur lohnenswert, sofern die Laufzeit noch entsprechend lang ist und man den Anbieter nicht wechseln möchte.

Als selbsterklärter Marktführer für die Präqualifizierung von Apotheken bietet die Agentur für Präqualifizierung (AfP) auf ihrer Homepage übrigens unter anderem ein Informationsvideo zu genau diesem Thema an.

Von diesen beiden grundsätzlichen Optionen abweichende Ausnahmeregelungen existieren leider nicht, auch nicht für Familienmitglieder. Ein geringfügiger Lichtblick ist, dass ein Wechsel der Filialleitung nicht zwangsläufig auch Auswirkungen auf die bestehende Präqualifizierung hat. Es handelt sich lediglich um eine anzeigepflichtige Änderung gemäß Empfehlungen des GKV-Spitzenverbands, wenn die Filialleitung zugleich auch die fachliche Leitung für die Präqualifizierung ist. Ist dies nicht der Fall, muss zumindest diese personelle Änderung nicht angezeigt werden.

Anträge bereits drei Monate vor Ende der laufenden Präqualifizierungszeit stellen

Trotz aller Kritik seitens der Apothekerschaft scheint der Gesetzgeber leider noch keinen Bedarf für Erleichterungen und eine Entbürokratisierung des Prozesses vernommen zu haben. Immerhin bieten mittlerweile viele Präqualifizierungsstellen auf ihren Homepages diverse unterstützende Informationen und Hilfestellungen für die korrekte Antragstellung an. Bei einigen Anbietern ist die Antragsstellung nun auch elektronisch möglich, zum Beispiel per E-Mail. Hierbei ist jedoch meist eine Unterschrift im Original notwendig, sodass der Antrag trotzdem ausgedruckt und eigenhändig unterzeichnet werden muss. Vor dem Absenden der Unterlagen sollte man sich stets über die genauen Anforderungen der jeweiligen Zertifizierungsstelle informieren, damit es nicht zu Verzögerungen oder anderen bösen Überraschungen kommt.

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Wichtig zu beachten ist auch, dass die Präqualifizierung nicht automatisch zum Zeitpunkt der Antragstellung verlängert bzw. erteilt wird. Dies folgt erst auf die umfangreiche Prüfung durch die Zertifizierungsstelle, welche einige Wochen bis Monate andauern kann. Die AfP beispielsweise informiert auf ihrer Internetseite darüber, dass Anträge mindestens drei Monate vor Ende der laufenden Präqualifizierungszeit zu stellen sind. Diese Frist kann sich allerdings je nach Anbieter unterscheiden, ebenso wie die Fristen für die Behebung festgestellter Antragsmängel.

Für eine schnelle Umsetzung sollten daher idealerweise vollständige und fehlerfreie Anträge gestellt werden. Die AfP erteilt bei fehlerhaften Unterlagen in der Regel Korrekturfristen von zwei Wochen, welche auf Antrag einmalig verlängert werden können. Sofern nach Fristablauf nicht alle notwendigen Nachweise und Informationen vorliegen, kann die Präqualifizierung versagt werden. Wenn nur einzelne Nachweise fehlen, wird meist ein eingeschränktes Zertifikat über die korrekt beantragten und nachgewiesenen Versorgungsbereiche erteilt. Eine Heilung des Antrags ist dann allerdings nicht mehr möglich, dies muss durch einen separaten Änderungsantrag erfolgen.

Auch wenn der gesamte Prozess aus Apothekensicht hauptsächlich als unnötiger bürokratischer Akt wahrgenommen wird, können aus mangelhaft gestellten Anträgen zumindest zwischenzeitig ernsthafte Versorgungslücken resultieren. Es empfiehlt sich also, ausreichend Bearbeitungszeit für die Zusammenstellung und Übermittlung der Unterlagen einzuplanen und sich möglichst frühzeitig und umfassend über die Anforderungen zu informieren. Ein wichtiger, nicht zu vernachlässigender Punkt mehr also auf der ohnehin schon ausladenden To-Do-Liste einer neuen Apothekenleitung in spe.

 

Literatur

1 Borsch J. Für Trink- und Sondennahrung künftig Präqualifizierung erforderlich. 20.10.2021 in: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/10/20/fuer-trink-und-sondennahrung-kuenftig-praequalifizierung-erforderlich, letzter Zugriff: 19.12.2021.

2 AfP Agentur für Präqualifizierung GmbH. Frequently Asked Questions (FAQ). In: https://www.afp-da.de/verfahren/faq/, letzter Zugriff: 19.12.2021.

3 AfP Agentur für Präqualifizierung GmbH. Entgelttabelle. 01.08.2021 in: https://www.afp-da.de/entgelte/, letzter Zugriff: 19.12.2021.

4 präQ Gesellschaft zur Präqualifizierung mbH. Wenn sich etwas innerhalb von fünf Jahren ändert. 2021 in: https://www.praeq.de/pages/ihr-praequalifizierungsverfahren/was-muss-ich-nach-abschluss-der-praequalifizierung-beachten/wenn-sich-etwas-innerhalb-von-fuenf-jahren-aendert.php, letzter Zugriff: 19.12.2021.

5 Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217 a SGB V (GKV-Spitzenverband). Hinweise für Leistungserbringer Vorteile der Präqualifizierung. 06.05.2019 in: https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/hilfsmittel/praequalifizierung/hinweise_fuer_leistungserbringer/hinweise_fuer_leistungserbringer.jsp, letzter Zugriff: 19.12.2021.

6 Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217 a SGB V (GKV-Spitzenverband). Häufig gestellte Fragen Empfehlungen nach § 126 Abs. 1 Satz 3 SGB V. 15.07.2021 in: http://wwv.afp-da.de/mgda/AfP/14fort/Haeufig%20gestellte%20Fragen_072021_barrierefrei.pdf, letzter Zugriff: 19.12.2021.

7 CERT iQ Zertifizierungsdienstleistungen GmbH. Antworten auf oft gestellte Fragen. 2020 in: https://www.cert-iq.de/praequalifizierung/sonstiges/faq/, letzter Zugriff: 19.12.2021.


Jessica Geller, Autorin, DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Bürokratie, Bürokratie, nochmal Bürokratie

von Simons am 03.01.2022 um 15:31 Uhr

Präqualifizierung, what....
Leute man muss mal auch die Kirche im Dorf lassen.
Es ist einfach Eckelhaft.

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Präqualifizierung

von Bernd Schneider am 03.01.2022 um 10:06 Uhr

Dort sitzen die grössten Sesselforzer/innen und unnützige Wichtigtuer/innen. Schwachmaten/innen auf Deutsch gesagt.

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