Seit dem gestrigen Mittwoch

Antikörper-Bürgertests im Landkreis Böblingen

Stuttgart - 24.02.2022, 10:45 Uhr

Der Antikörpertiter bei den Bürgertest wird aus sogenannten Dried Blood Spots bestimmt. Das vereinfacht den Probentransport. (Foto: mbruxelle/AdobeStock)

Der Antikörpertiter bei den Bürgertest wird aus sogenannten Dried Blood Spots bestimmt. Das vereinfacht den Probentransport. (Foto: mbruxelle/AdobeStock)


Der Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg war der erste, der seinen Bürger:innen flächendeckend kostenlose Antigenschnelltests zur Verfügung stellte – der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an das „Böblinger Modell“. Nun ist dort ein neues Modellprojekt gestartet: Seit dem gestrigen Donnerstag können kostenfrei die SARS-CoV-2-Antikörperwerte bestimmt werden. Die beteiligten Teststellen werden von Apotheker:innen betrieben.

Vor gut einem Jahr sorgte das sogenannte Böblinger-Modell bundesweit für Schlagzeilen. Der Landkreis führte noch vor dem Start der „Bürgertests“ flächendeckend kostenlose Schnelltests für alle Bürger:innen ein. Maßgeblich daran beteiligt waren fünf Apotheker:innen aus dem Landkreis mit ihren Testzentren in Böblingen, Herrenberg, Sindelfingen, Leonberg und Holzgerlingen. Diese Apotheker:innen testen immer noch und haben zum Teil mittlerweile ihr Angebot um Impfungen gegen COVID-19 erweitert – und nun noch um ein neues Modellprojekt. Seit dem gestrigen Mittwoch können Bürger:innen in den fünf Zentren im Landkreis kostenlos ihren Antikörperstatus bestimmen lassen. 4.000 kostenlose Antikörpertests sind den Initiatoren zufolge garantiert. Terminbuchung und Ergebnisübermittlung läuft über die COVID-Test Software von DoctorBox. Die Probenahme erfolgt aus der Fingerbeere statt aus venösem Blut. Das Blut wird dabei auf Filterpapier getrocknet (Dried blood spot Tests, DBS) und im Labor ausgewertet. Er soll der Genauigkeit eines üblichen Labortests aus venösem Blut entsprechen. Im Gegensatz zu Antikörperschnelltests von zu Hause ermöglicht der Antikörpertest aus dem Labor auch eine quantitative Analyse der Antikörperkonzentration. Die Auswertung der Proben erfolgt durch das Labor Becker aus München mit zur Verfügung gestellten Testsystemen von der Firma Euroimmun. Der ermittelte Wert (gemessen in BAU / ml) soll eine Einschätzung des momentanen Antikörperstatus erlauben, so Björn Schittenhelm, einer der beteiligten Apotheker. Bestimmt werden spezifische IgG-Antikörper gegen das S1-Antigen von SARS-CoV-2 – und zwar quantitativ mittels einer 6-Punkt-Kalibrationskurve nach WHO-Standard. Der Nachweis basiert auf einem etablierten semiquantitativen Anti-SARS-CoV-2-ELISA (IgG).

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Und warum das Ganze? „Eine absolute Aussage zur Immunität kann auf Grundlage des Antikörperwertes nicht ausgesprochen werden“, bestätigt Dr. Ralf Arnecke vom Labor Becker. Jedoch ermögliche der Antikörpertiter eine Entscheidungshilfe für die Boosterimpfung. Sollte die Antikörperkonzentration kleiner als 200 BAU/ml sein, werde dringend eine Boosterimpfung empfohlen, so der Mediziner weiter.

Modellprojekt soll Daten liefern

Proband:innen könnten allerdings informierter in den Austausch mit ihren behandelnden Ärzt:innen treten, erhoffen sich die Initiatoren und weisen darauf hin: „Ausschlaggebend für den Schutz vor COVID-19 sind mehr Faktoren als nur der Antikörpergehalt. Das liegt nicht zuletzt an der Komplexität des menschlichen Immunsystems, für das auch T-Zellen und sogenannte Gedächtniszellen eine wichtige Rolle spielen.“

Neben dem persönlichen Nutzen und einer möglichen Entscheidungshilfe für den Einzelnen erhoffen sich die Initiatoren aber vor allem eines: Daten. „Die Datenbasis, auf der wir uns bewegen, ist nach wie vor erbärmlich, obwohl damit sämtliche Maßnahme begründet werden“, erklärt Björn Schittenhelm gegenüber der DAZ. „Wie viele Menschen sind geimpft? Wie oft? Wer ist genesen? Gerade der Landkreis Böblingen, beziehungsweise Landrat Bernhard, der schon die Antikörpertests mit initiiert hatte, bemängelt diesen Zustand schon seit geraumer Zeit.“ Mit den Tests wolle man Licht ins Dunkel bringen über den Immunstatus der Menschen im Landkreis, so der Apotheker weiter. Eventuell lasse sich hieraus ein Auftakt für eine größere Studie liefern, der es ermögliche, mit besserer Datenbasis in den kommenden Herbst und die nächste Corona-Welle zu starten.


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