IQWiG zu Blasenentzündungen bei Frauen

Cranberry und Canephron gegen wiederkehrende Harnwegsinfektionen?

Stuttgart - 16.03.2022, 12:15 Uhr

Ist Canephron N und sind Cranberry-Präparate eine gute Zusatzempfehlung bei Verordnungen über Antibiotika gegen Blasenentzündungen bei Frauen? (Foto: Tausendgüldenkraut, steffiheufelder / AdobeStock)

Ist Canephron N und sind Cranberry-Präparate eine gute Zusatzempfehlung bei Verordnungen über Antibiotika gegen Blasenentzündungen bei Frauen? (Foto: Tausendgüldenkraut, steffiheufelder / AdobeStock)


Wenn es um wiederkehrende Blasenentzündungen bei Frauen geht, dann sind Phytotherapeutika aus der Apotheke durchaus beliebt. Nicht jede möchte – und es sollte auch nicht jede – ständig Antibiotika einnehmen. Wie aus einem aktuellen Bericht des IQWiG hervorgeht, sind Patientinnen allerdings mit einem „sehr unübersichtlichen Markt an pflanzlichen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln konfrontiert“. Was kann man also (unterstützend) empfehlen?

Im Oktober vergangenen Jahres hatte die DAZ über eine vorläufige Gesundheitstechnologie-Bewertung (engl. Health Technology Assessment = HTA) zum Thema „Wiederkehrende Blasenentzündungen“ des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) berichtet. Man war speziell auf der Suche nach pflanzlichen Mitteln als Alternative für Antibiotika, und wie es in dem vorläufigen Bericht hieß, sollten in diesem Zusammenhang die meisten Studiendaten für Cranberry-Präparate vorliegen.

Das IQWiG erkannte in der Vorbeugung von wiederkehrenden unkomplizierten Harnwegsinfektionen einen Nutzen von Cranberry, allerdings nicht in der Linderung der Symptome von leichten wiederkehrenden Harnwegsinfektionen. Zudem wurde diese vorläufige Aussage dadurch weiter eingeschränkt, dass mehr als die Hälfte der in die Bewertung eingeflossenen Cranberry-Monopräparate aus den Studien nicht auffindbar gewesen seien, zu unklar beschrieben oder nicht (mehr) am Markt erhältlich: „Qualitativ hochwertige Studien mit genauen Angaben zur Zusammensetzung der untersuchten Präparate würden klarere Aussagen zur Wirksamkeit und die Übertragbarkeit dieser Aussagen auf in Deutschland verfügbare Präparate ermöglichen“, hieß es. Es hieß aber auch, dass zwei derzeit laufende Studien zu Cranberry-Präparaten für diese Fragestellung noch relevante Daten liefern könnten. 

Cranberry besser als Placebo – aber nicht als Antibiotika

Dazu gibt es zwar auch heute noch nichts Neues, vergangene Woche hat das IQWiG aber seinen finalen HTA-Bericht zum Thema veröffentlicht. In einer begleitenden Pressemitteilung heißt es: „Cranberry-Präparate scheinen zu helfen“. Rezidive wiederkehrender Blasenentzündungen könnten durch den präventiven Einsatz verhindert oder hinausgezögert werden. Ob sie auch zur Akutbehandlung geeignet sind, bleibe aber wegen fehlender Daten weiterhin offen. 

Der Nutzen von Cranberry besteht jedenfalls nur im Vergleich zu Placebo, „aus dem Vergleich von Cranberry-Präparaten zur Rezidivvermeidung mit einer antibiotischen Langzeitbehandlung zur Rezidivvermeidung zeigt sich ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen der Cranberry-Präparate“, heißt es. Jedoch will man Antibiotika natürlich nicht vorschnell geben, auch nicht laut Leitlinie.

Kann Canephron N die Antibiotika-Therapie unterstützen?

Zu anderen pflanzlichen Präparaten lasse sich weiterhin keine Aussage machen. Doch: „Immerhin liegt auf Basis einer kleinen Studie im Vergleich zu Placebo für ein Präparat aus Bärentraubenblättern und Löwenzahn ein Anhaltspunkt für einen Nutzen vor, hinsichtlich der Rezidivrate binnen eines Jahres.“ Auch hier bezieht sich der Vergleich auf Placebo. Für ein weiteres „Präparat aus Liebstöckelwurzel, Rosmarinblättern und Tausendgüldenkraut (in der Kombination mit Antibiotika)“ soll es zudem Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen im Vergleich zu der alleinigen Behandlung mit Antibiotika geben.

Bei dem Präparat aus Bärentraubenblättern und Löwenzahn handelt es sich um kein deutsches Präparat (UVA-E®). Allerdings ist das Präparat aus Liebstöckelwurzel, Rosmarinblättern und Tausendgüldenkraut in deutschen Apotheken gut bekannt: Canephron® N. Es wird laut Lauer-Taxe traditionell angewendet

  • „zur unterstützenden Behandlung und zur Ergänzung spezifischer Maßnahmen bei leichten Beschwerden im Rahmen von entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege;
  • zur Durchspülung der Harnwege zur Verminderung der Ablagerung von Nierengrieß.“

Das IQWiG bezieht sich auf eine Studie, in der Canephron® N in Kombination mit Ofloxacin gegen Ofloxacin allein verglichen wurde: „Die Rezidivraten betrugen 8,9 % in der Canephron® N-Gruppe und 17,8 % in der Ofloxacin-Gruppe in den ersten 6 Monaten nach Behandlungsbeginn und 15,5 % in der Canephron® N-Gruppe und 35,5 % in der Ofloxacin-Gruppe in den 12 Monaten nach Behandlungsbeginn.“ Laut einer Übersicht im HTA-Bericht wurde Canephron® N über drei Monate eingenommen (3x2 Tabletten pro Tag), Ofloxacin über sieben Tage (2x pro Tag 200 mg).

Zur Vorbeugung von Rezidiven kann Canephron® N demnach also unterstützend empfohlen werden, jedoch nicht zur Linderung akuter Symptome. Die Dauer der Anwendung von Canephron® N ist laut Lauer-Taxe prinzipiell nicht begrenzt.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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