Aktuelle Situation „inakzeptabel“

Verbraucherzentrale will strengere Regeln für NEM

Stuttgart/Berlin - 30.03.2022, 13:00 Uhr

Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel. Eine behördliche Prüfung oder eine Zulassung wie bei Arzneimitteln sind nicht vorgesehen. (s / Foto: IMAGO / Geisser)

Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel. Eine behördliche Prüfung oder eine Zulassung wie bei Arzneimitteln sind nicht vorgesehen. (s / Foto: IMAGO / Geisser)


Fast jeder Zweite greift einer neuen Forsa-Umfrage zufolge zu Nahrungsergänzungsmitteln. Nach einer Vorgängeruntersuchung verwendeten im Jahr 2016 lediglich 35 Prozent entsprechende Präparate. Allerdings ist dieser Milliarden-Markt bislang kaum reguliert. Die Verbraucherzentrale findet das inakzeptabel und fordert die Bundesregierung auf, hier nachzubessern.

Der Markt mit Nahrungsergänzungsmittel boomt. Obwohl Institutionen wie das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Verbraucherzentralen regelmäßig davor warnen, ohne Indikation zu hochdosierten Produkten zu greifen, scheinen immer mehr Menschen Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen. Bei einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands, hat jeder Zweite im letzten halben Jahr einmal oder mehrfach entsprechende Mittel gekauft. Im Jahr 2016 war das nur etwas mehr als jeder Dritte gewesen.

Das Problem: Der Markt ist weitgehend unreguliert. Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel und müssen daher nur angezeigt werden, eine behördliche Prüfung oder eine Zulassung wie bei Arzneimitteln vor dem ersten Verkauf ist nicht vorgesehen. Es ist weder ein Wirksamkeitsnachweis nötig, noch müssen mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen angegeben werden. Lediglich irreführende Werbung ist verboten. Daran müssen sich übrigens auch Apotheken halten, die solche Produkte bewerben. So sind auch für sie krankheitsbezogene Aussagen generell unzulässig, gesundheitsbezogene lediglich im engen Rahmen der Health-Claims-Verordnung.

Welche Substanzen einem Nahrungsergänzungsmittel zugesetzt werden dürfen, regelt in Deutschland die nationale Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV). Sie enthält allerdings keine rechtlich verbindlichen Höchstmengen für den Zusatz von Vitaminen. Eigene Empfehlungen für solche Höchstmengen veröffentlicht zum Beispiel das Bundesinstitut für Risikobewertung auf seiner Website. Erschwerend hinzu kommt, dass die Lebensmittelmittelüberwachung Ländersache ist. Das heißt, ein Verkaufsverbot für ein bestimmtes NEM ist meist eine Einzelfallentscheidung.

Verbraucherzentralen meldeten 250 Produkte

Seit fünf Jahren betreiben die Verbraucherzentralen nun das Internetportal www.klartext-nahrungsergaenzung.de zum Thema. Das dort tätige Expertenteam meldete laut eigener Aussage seither 250 Produkte an die Überwachungsbehörden, die ihnen zuvor durch Verbraucheranfragen und -beschwerden zugetragen wurden. Daraus resultierten zahlreiche Gerichtsverfahren.

Besonders häufig warnten die Verbraucherzentralen demnach vor krebserregendem Ethylenoxid in pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln, vor unzulässigen Arzneisubstanzen, Salmonellen und zu hohen Dosierungen einzelner Inhaltsstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln, etwa zu viel Curcumin und Piperin in Kurkuma-Produkten. Sie könnten leberschädigend wirken.

In den Augen der Verbraucherzentrale ist es inakzeptabel, dass die Politik diesen Milliarden-Markt nicht regelt und vor Irreführung und gesundheitlichen Risiken schützt. Sie fordert daher die Bundesregierung auf, Verbraucher:innen vor gesundheitlichen Risiken zu schützen und den Markt mit Nahrungsergänzungsmitteln strenger zu regulieren.


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