Adipositastherapie
Bariatrische Chirurgie mit Folgen
Magenverkleinerung erfordert spezielle Nachsorge
Von Clarissa Schulze zur Wiesch, Jens Aberle und Marie Wernecke
DAZ 2022, Nr. 20, S. 32-37
Für stark adipöse Menschen, bei denen eine Ernährungs- und Bewegungstherapie nicht zur gewünschten Gewichtsreduktion führt, ist eine Magenbypass-Operation oft die letzte Therapieoption. Durch den bariatrischen Eingriff purzeln zwar die Pfunde, aber der Eingriff verändert auch den Verdauungszustand, die Nahrungsaufnahme und das Essverhalten.
Wenn Adipöse mit einer Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie es nicht schaffen, ihr Gewicht um mindesten 10 Prozent innerhalb von sechs Monaten zu reduzieren, kann eine bariatrische Operation indiziert sein. Die am häufigsten gewählten operativen Verfahren sind der Roux-en-Y-Gastric Bypass (RYGB) sowie die Sleeve Gastrectomy (SG). Aufgrund der veränderten anatomischen Situation nach einem Adipositas-chirurgischen Eingriff im Gastrointestinaltrakt werden Vitamine und Mineralstoffe inadäquat resorbiert, sodass eine lebenslange Supplementierung von Mikronährstoffen notwendig ist. Um eine optimale Nachsorge gewährleisten zu können, sollten Ärzte, Ernährungsberater und Psychiater interdisziplinär zusammenarbeiten.
Unmittelbar nach bariatrischer Operation sollte der Kostaufbau im stationären Rahmen mit Ernährungsberatung und gezielter Patientenschulung begonnen werden. Weiterhin sollte der Gewichtsverlauf regelmäßig dokumentiert werden, denn nur mit einer strukturierten und interdisziplinären Nachsorge gelingt ein stabiler und lang anhaltender Effekt. Nach einem Adipositas-chirurgischen Eingriff verändern sich neben Verdauungszustand und Nahrungsaufnahme auch das Essverhalten mit verminderten Nahrungsportionen. Prinzipiell wird nach dem Eingriff eine protein- und ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, zuckerarmem Obst und komplexen Kohlenhydraten empfohlen. In der früh-postoperativen Nachsorge ist vor allem auf die Supplementation von Nährstoffen sowie den Flüssigkeitshaushalt zu achten. Nach einer Magenbypass-Anlage fehlen entscheidende Abschnitte des Dünndarms, die normalerweise für die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen, Calcium-, Eisen-, Magnesium-Ionen und Aminosäuren verantwortlich sind. Damit ist eine ausreichende Aufnahme der genannten Substanzen aus der Nahrung unmöglich, und eine lebenslange Substitution wird unabdingbar.
Bariatrisch-chirurgische Eingriffe haben aber auch einen erheblichen Einfluss auf den Blutzuckerstoffwechsel. Studien zeigen, dass bei 82 Prozent der Patienten innerhalb der ersten zwei Jahre nach bariatrischer Operation eine Besserung der Stoffwechseleinstellung erreicht werden konnte. Eine medikamentöse Adaptation der antidiabetischen Therapie sollte frühzeitig erfolgen, da sich direkt nach der Operation die Glucose-Stoffwechsellage verbessern kann, oft kann auf orale Antidiabetika verzichtet werden. Bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus wird empfohlen, die Insulin-Dosierung postoperativ zu halbieren und im weiteren Verlauf die Dosis an den Bedarf anzupassen. Besonders nach Magenbypass-Operationen kommt es in circa 50 Prozent der Fälle zu einem späten Dumping-Syndrom. Hierbei werden schnell verfügbare Kohlenhydrate beschleunigt über den Darm aufgenommen, sodass ein rascher Anstieg des Blutglucose-Spiegels, eine erhöhte prandiale Glucose-Spitze sowie eine vermehrte Ausschüttung von Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) resultieren. Die daraus hervorgehende endogene Hyperinsulinämie kann zu einer Hypoglykämie führen.
Sie möchten mehr zu diesem spannenden Thema erfahren? Dann blättern Sie in der DAZ 20|2022.
Von Clarissa Schulze zur Wiesch, Jens Aberle und Marie Wernecke
DAZ 2022, Nr. 20, S. 32-37
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.